Marc Marquez schrieb am MotoGP-Sonntag in Austin mal wieder die Schlagzeilen, allerdings auf gänzlich andere Art und Weise als zunächst gedacht. Denn der achtmalige Weltmeister feierte nicht etwa seinen sechsten Sieg in Serie, sondern warf auf dem Circuit of the Americas bereits zum dritten Mal seit 2019 einen vermeintlich sicheren Rennsieg weg und löste auch noch das Chaos vor dem Rennstart aus, was letztlich zum Abbruch führte. Eine bewusste Handlung, wie der Spanier später klarstellte. Wie fielen die Reaktionen der Fahrerkollegen auf diesen Geistesblitz aus?
Marc Marquez' Abbruchtaktik: Nur Francesco Bagnaia riecht den Braten
Nun, zumindest Francesco Bagnaia zeigte sich nach dem Rennende im Interview bei 'MotoGP.com' alles andere als überrascht vom Manöver seines Teamkollegen. Der Italiener hatte nicht nur als erster Fahrer auf Marquez reagiert, er hatte die Situation auch antizipiert. "Ich kannte seine Strategie nicht, aber ich habe gesehen, dass er nicht auf seinem Motorrad war, er saß nicht. Ich habe dann schon gedacht, dass er das machen wird", kommentierte Bagnaia und verriet: "Ich habe selbst darüber nachgedacht, weil ich gesehen habe, dass die Startaufstellung und der Weg bis Kurve eins trocken waren. Ich wusste, dass wir [mit den Regenreifen] viel Zeit verlieren würden. Sobald ich ihn loslaufen sah, wusste ich, dass ich ihm folgen müsste und das war die richtige Entscheidung."
Fabio Di Giannantonio folgte dem Werks-Ducati-Duo als dritter Pilot in die Boxengasse. Auch er zeigte damit eine schnelle Reaktionszeit, hatte anders als Bagnaia aber keine Ahnung, was gerade eigentlich vor sich ging. "Ich hatte überhaupt keine Idee, ich habe mir nur gesagt: 'Mach, was Marc macht'. Er war in solchen Situationen schon immer sehr clever", begründet der VR46-Pilot mit einem Lachen im Gesicht und führt aus: "Meine Mechaniker wollten, dass ich dableibe, aber ich habe ihnen nur gesagt: 'Nein, nein, nein. Ich muss auch gehen!' Ich bin ihnen einfach gefolgt. Wenn du in der ersten Reihe stehst und der Typ auf der Pole Position läuft los, dann läufst du hinterher."
Einen ähnlichen Ansatz verfolgte auch Pedro Acosta. "Marc ist derjenige, der in solchen Situationen die meiste Erfahrung hat. Daher habe ich mir gesagt: 'Tu das, was er tut'", kommentierte der KTM-Youngster in seiner Medienrunde und lobte anschließend: "Marc ist ein Meister in solchen Dingen. Ich war schon verwundert, als er neben dem Bike stand. Als ich ihn dann weglaufen sehen habe, bin ich ihm einfach gefolgt."
Alex Marquez nicht eingeweiht: Hat er was vergessen!?
Völlig auf dem falschen Fuß erwischt wurde am Sonntag derweil Alex Marquez. Diesen hatte sein älterer Bruder - anders als noch in Argentinien - diesmal offensichtlich nicht in seine Pläne eingeweiht. "Ich dachte erst, dass er vielleicht etwas vergessen hatte, die Ohrstöpsel etwa. Dann habe ich aber auch Pecco rennen gesehen und fragte mich: 'Was zur Hölle machen die da?'", meinte der Gresini-Pilot. "Erst dann ist mir diese Regel eingefallen und ich habe sofort mein Team gefragt, ob das zweite Bike fertig ist. Als sie 'Ja' gesagt haben, wusste ich: 'Okay, du musst jetzt auch rennen!' Das war sicher nicht der beste Start, aber ich glaube für die Show war das unglaublich. Jeder Zuschauer hat sich sicherlich gefragt, was hier gerade passiert. Das war großartig."
Eine Ansicht, die am Sonntag nicht jeder im MotoGP-Paddock teilte. Denn der Startabbruch erfolgte zum Nachteil derjenigen, die bereits im Grid auf Slicks umgestellt hatten, namentlich Brad Binder, Enea Bastianini und Ai Ogura. Sie wurden so um einen massiven Vorteil gebracht. "Ich bin sehr verärgert. So kann man einen Start nicht handhaben. Wir sind ein Risiko eingegangen und haben die richtige Wahl getroffen, aber man hat uns nicht erlaubt, mit dieser richtigen Wahl zu starten. Jetzt ist alles dahin", schäumte Trackhouse-Teamchef Davide Brivio daher vor Wut.
Auch Brad Binder, der später ohnehin mit einem technischen Defekt vorzeitig ausscheiden sollte, zeigte sich alles andere als glücklich mit der Entscheidung der Rennleitung. "Natürlich war ich nicht gerade begeistert, ebenso wie mein Team", war der Südafrikaner um Zurückhaltung bemüht und meinte anschließend nur: "Scheiße gelaufen." Leidensgefährte Ai Ogura nahm das Ganze da deutlich gelassener zur Brust. "Es tut mir vor allem leid für mein Team, denn sie haben die richtige Entscheidung getroffen, ohne dafür den verdienten Lohn zu bekommen. Das ist sehr schade", haderte der Japaner.

MotoGP-Stars einig: Abbruch unfair, neue Regel muss her!
Wie knapp sie einer Durchfahrtsstrafe entgingen, waren sich Bagnaia und Co. übrigens nicht bewusst. Auf der Pressekonferenz danach befragt, meinte der Ducati-Star nur: "Ich hoffte einfach, dass mir viele andere Fahrer folgen werden. Ich wusste, dass sie dann nicht genügend Zeit hätten, die Bikes vom Grid zu bringen und abbrechen müssten. Das wäre dann keine Strafe." Eine Aussage, die so jedoch nicht der Wahrheit entspricht. Warum, erklärt euch unser Markus hier:
Erst im Anschluss wurde den Top-Drei-Piloten die tatsächliche Situation so langsam bewusst. "Wenn sie den Start nur wegen dem Chaos abgebrochen haben [und nicht wegen elf oder mehr Fahrern in der Boxengasse, Anm.], dann war das nicht die richtige Entscheidung", erkannte Alex Marquez und meinte: "Es ist nicht fair, wenn jemand das Risiko eingeht und sie dann den Start verzögern. Ich will mir gar nicht vorstellen, wie ich mich gefühlt hätte, wenn ich mit Slicks im Grid gewesen wäre." Bagnaia stimmte daraufhin zu: "Binder, Enea und Ogura waren die einzigen, die vorbereitet waren. Ich kann mir vorstellen, dass sie ziemlich sauer sind." Die klare Botschaft von Alex Marquez daher: "Wir brauchen da klarere Regeln!"
Zumindest Abbruchauslöser Marc Marquez wurde am Sonntag noch vom Schicksal bestraft. Er stürzte in Führung liegend und verlor die WM-Führung. Wie er auf seinen unnötigen Abflug reagierte, erfahrt ihr hier:
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