"Marc fährt hier aktuell auf einem anderen Level und ich denke, dass er noch Reserven hat. Ich bin mir sicher, dass ich mit Alex kämpfen kann." - Francesco Bagnaia sollte mit seiner Analyse nach dem MotoGP-Sprint am Samstag zugleich Recht behalten und doch auch daneben liegen. Der 28-jährige Italiener behauptete sich im Amerika-GP am Sonntag nämlich nur gegen Alex Marquez, gewann das Hauptrennen der Königsklasse aber trotzdem.

Bagnaia profitiert von Marquez-Patzer

Denn Marc Marquez leistete sich ausgerechnet in Austin seinen ersten dicken Patzer der MotoGP-Saison 2025, warf nach 2019 und 2024 zum dritten Mal auf dem Circuit of the Americas einen eigentlich schon sicheren Sieg weg. "Dieser Sieg kommt, weil Marc gestürzt ist. Er war heute wieder viel schneller als wir anderen", wusste Bagnaia nach Rennende in der offiziellen MotoGP-Pressekonferenz auch selbst direkt richtig einzuordnen. Und dennoch machte der Ducati-Pilot auch keinen Hehl daraus, mit dem ersten Saisonsieg 2025 höchstzufrieden zu sein.

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"Das ist ein unglaubliches Gefühl, ich bin sehr glücklich", beschrieb er und berichtete anschließend, aufgrund der vielen Schreierei im Helm während des Rennens kaum noch eine Stimme übrig zu haben. Die zehneinhalb Führungsrunden nach dem Marquez-Crash fielen ihm nämlich alles andere als leicht. "Alex war noch direkt hinter mir, hat in Sektor eins aufgeholt und war auch in Sektor zwei mit mir auf Augenhöhe. Das war mit Blick auf den Saisonstart keine einfache Situation, weil ich Probleme mit meinem Gefühl für die Bremse hatte. Dieses Wochenende haben wir aber große Fortschritte gemacht und ich habe gefunden, wonach ich gesucht habe."

Bereits an Freitag und Samstag hatte Bagnaia von Fortschritten berichtet und speziell im Sprint erste Ansätze seines alten Ichs aufblitzen lassen. Am Sonntag gelang nun der nächste Schritt zurück zu alter Stärke. "Ich muss meinem Team danken", weiß die Startnummer 63. "Sie haben dafür gesorgt, dass ich meine Nerven behalten habe. Sie haben alles dafür getan, damit ich mein Lächeln während dem Fahren zurückbekomme. Vielen Dank dafür, ich bin einfach nur glücklich!"

Francesco Bagnaia verteidigte sich erfolgreich gegen Alex Marquez und Fabio Di Giannantonio, Foto: IMAGO / Action Plus
Francesco Bagnaia verteidigte sich erfolgreich gegen Alex Marquez und Fabio Di Giannantonio, Foto: IMAGO / Action Plus

Natürlich könnte man nun argumentieren, dass Bagnaia ohne den Marquez-Patzer niemals gewonnen hätte, aber im Rennsport muss man das Rennen nun mal beenden, um die Früchte seiner Leistung ernten zu können. Marquez tat dies am Sonntag nicht, Bagnaia hingegen schon. "Ich habe gesehen, dass er sehr aggressiv über die Kerbs gefahren ist. Normalerweise musst du das auch machen, aber heute war das nicht der richtige Weg. Ich habe den Kerb schon in der Aufwärmrunde einmal leicht berührt und gemerkt, dass der Grip nicht gut war", unterstreicht der Italiener zudem die nötige Reife in schwierigen Rennbedingungen. Bagnaia verzichtete bewusst auf das Risiko mit den Kerbs und wurde dafür belohnt.

Francesco Bagnaia auf dem Weg zu alter MotoGP-Stärke?

Und doch stellt sich natürlich die Frage: Wie geht es jetzt weiter? Bleibt Marquez auch in den kommenden Wochen einen Schritt voraus oder mischt Bagnaia ab jetzt wieder auf Augenhöhe mit seinem Teamkollegen mit? Die Startnummer 63 traut sich (noch) keine finale Prognose zu. "Es ist schwierig zu sagen", antwortete er danach befragt, wie nah er nun wieder am Gefühl des letzten Jahres dran sei. "Letztes Jahr hatte ich hier mit der GP24 viel größere Probleme, habe viel Zeit verloren. Ich wurde im Sprint nur Achter und im Grand Prix Fünfter", erinnert er, meint aber: "Wir haben einen guten Schritt gemacht [gegenüber Thailand und Argentinien, Anm.]. Ich fühle mich jetzt viel besser."

Mit Katar und Jerez stehen nun erstmals im Jahr 2025 zwei Strecken an, auf denen Marquez nicht als klarer Favorit starten wird und Bagnaia historisch gut unterwegs war. Ein Gradmesser für die restliche Saison. "Jetzt kommt Katar, das ist eine gute Strecke für mich", weiß der 28-Jährige auch selbst. Das erfreuliche: Trotz dreier Marquez-Strecken zum Start sieht das Bild in der Weltmeisterschaft nach dem Amerika-GP schon wieder viel besser aus. Nach dem Sprint am Samstag noch 36 Punkte im Rückstand, fehlen ihm auf Teamkollege Marc Marquez jetzt nur noch elf Zähler. Eine Differenz, die der gebürtige Turiner nach dem Thailand-GP sicherlich mit Handkuss genommen hätte.

Zumindest für den Moment ist der WM-Kampf neu eröffnet, doch Bagnaia sieht sich selbst noch lange nicht am Ende seines Kampfes zurück an die Spitze. "Ich weiß, dass ich noch nicht nachlassen kann. Wir müssen einen weiteren Schritt machen, [um Marquez auch aus eigener Kraft wieder schlagen zu können, Anm.]", stellt er unmissverständlich klar. Und doch: Für den Moment darf zumindest ein erster Teilerfolg gefeiert werden. Der alte Francesco Bagnaia kommt mehr und mehr zurück. Darauf gilt es nun aufzubauen.

Wieso Francesco Bagnaia jedoch Glück hatte, im Amerika-GP nicht mit einer Durchfahrtsstrafe belegt worden zu sein, erklärt euch unser Markus im nachfolgenden Artikel: