Zwei Rennwochenenden ist die neue MotoGP-Saison nun alt. Ein guter Zeitpunkt für eine erste Bestandsaufnahme. Thailand und Argentinien boten nur auf Platz eins das erwartete Bild. Hinter der großen Show des Marc Marquez überraschten einige sehr positiv, andere wiederum fuhren den Ansprüchen klar hinterher. Motorsport-Magazin.com widmet sich abwechselnd den großen Ausreißern des Saisonbeginns.
Alex Marquez: Der kleine Bruder emanzipiert sich
Den Namen Marquez ganz vorne zu finden, überrascht wohl wirklich niemanden. Dass er dort aber gleich doppelt vertreten ist, sehr wohl. Alex Marquez war in den letzten Jahren immer mal für einzelne Highlights gut, doch ein konstanter Spitzenfahrer war er im Gegensatz zum übermächtigen Bruder nie. Diesem musste er sich auch in den ersten beiden Sprints und Grands Prix des Jahres geschlagen geben. Doch der springende Punkt ist: Eben nur ihm.
Vier zweite Plätze in Serie sind mit Abstand der beste Saisonstart des jüngeren Marquez, der langsam aus dem Schatten des Superstars treten will. Seit dem ersten Testtag mit der Ducati GP24 machte es bei Alex 'Klick' und dieses Vertrauen in sein Motorrad ist seitdem ungebrochen. Wenn jemand aktuell am ehesten in der Lage ist, die Serie von Marc Marquez zu brechen, dann ist es sein Bruder.
Francesco Bagnaia: Das soll der Gegner von Marc Marquez sein?
Der Mann, der sich nun nicht nur einem, sondern gleich zwei Marquez geschlagen geben muss. Drei dritte und ein vierter Platz bedeuten den dritten Rang in der Fahrer-WM. Was andere bejubeln würden, ist bei Francesco Bagnaia nur als herbe Enttäuschung zu werten. Für den zweifachen Weltmeister zählt nur der Titel, doch aktuell ist allerhöchstens Schadensbegrenzung angesagt.
Nun könnte argumentiert werden, dass Marc Marquez einfach ein absoluter Ausnahmekönner ist und dominante Auftritte auf zwei seiner besten Strecken keine Überraschung sind. Doch das erklärt nicht Bagnaias Niederlage gegen Alex Marquez. Zuletzt verwehrte ihm sogar Kumpel Franco Morbidelli das Podium. 'Pecco' hat eine Formkrise. Das Gefühl für das Motorrad, welches ihn in den letzten Jahren zu 29 Grand-Prix-Siegen trug, ist zum ungünstigsten Zeitpunkt verloren gegangen. Spätestens in Katar sollte der Italiener zurückschlagen, sonst wird das erhoffte Titanenduell zu einer einseitigen Geschichte.
Honda: Der taumelnde MotoGP-Gigant steht auf
Wir müssen uns bei Honda entschuldigen. In unserer Analyse der Testfahrten in Sepang hatten wir vermutet, dass die Japaner zwar ein bisschen aufgeholt haben, aber weiterhin das Schlusslicht der Königklasse darstellen. Sie haben uns bei beiden Rennen Lügen gestraft. Von der Misere des Vorjahres ist nichts mehr zu sehen. Die neue RC213V ist klares Top-10-Material, und das nicht nur in den Händen von Johann Zarco.
Drei Hondas fanden sich beim Rennen in Argentinien unter den ersten Zehn. Es wurde munter mit KTM und Aprilia gekämpft. Zarco konnte sogar phasenweise die Ducatis fordern. Das massive Defizit des mangelnden Grips am Heck konnte behoben werden und so kommen nun die Stärken auf der Bremse und am Kurveneingang zur Entfaltung. Einzig der Motor ist weiterhin zu schwach, was in einer Überholschwäche mündet. Doch da darf während der Saison nachgelegt werden, solange sich Honda noch im Rang D der MotoGP-Concessions befindet. Aktuell finden sie sich in der Konstrukteurswertung aber sogar sensationell auf Rang zwei wieder.
Yamaha: Falsche Hoffnung nach starkem Test?
Kommen wir zurück zu den Testfahrten in Sepang. Dort hatte eigentlich die andere japanische MotoGP-Großmacht die Rückkehr zur Spitze angedeutet. Francesco Bagnaia und Davide Tardozzi bezeichneten Yamaha daraufhin sogar als ersten Verfolger. Davon ist erstmal nichts mehr übrig. Nach zwei Rennen halten Werksteam und Neu-Kunde Pramac die rote Laterne inne. Nur Jack Miller konnte mit dem vierten Rang im Qualifying von Buriram ein kleines Ausrufezeichen setzen.

Dennoch sollten wir Fabio Quartararo & Co. noch nicht allzu sehr rügen. Da war auch einiges an Pech dabei. Miguel Oliveira ist schon wieder unverschuldet verletzt worden, Quartararo wurde am Start in Argentinien von Bezzecchi abgedrängt und fiel ans Ende des Feldes. Außerdem waren Thailand und Termas aufgrund des niedrigeren Grip-Niveaus keine Strecken, die der M1 schmecken. Die Saison ist also keineswegs schon abzuschreiben, nur verlief ihr Start im Angesicht des Test-Hypes enttäuschend.
Ai Ogura: Ein Schönheitsfehler kann dieses fantastische Debüt nicht trüben
Wer glaubte, dass Pedro Acosta für einige Zeit der einzige spektakuläre Rookie bleiben würde, der wurde sofort eines Besseren belehrt. Moto2-Weltmeister Ai Ogura machte nach soliden Testfahrten von den drei Neulingen von an Anfang an den besten Eindruck, doch im Renneinsatz sprengte der Japaner dann alle Erwartungen. Sein Auftritt in Thailand war nichts anderes als sensationell. Bei Platz vier im Sprint und Platz fünf im Rennen musste er sich nur den Ducatis geschlagen geben, und fuhr weit vor dem Rest der MotoGP-Welt.
Nun konnte er sich auf dieses Rennen aber immerhin mit zwei Testtagen vorbereiten, mahnten einige. Tatsächlich sah es zunächst auch nach einer Eintagsfliege aus, denn am Samstag in Argentinien ging weder im Qualifying noch im Sprint viel zusammen. Doch Ogura lernt schnell. Schon am Sonntag war er wieder voll bei der Musik und fuhr von Startplatz 15 auf den achten Rang nach vorne. Dieser wurde ihm leider durch Disqualifikation genommen, da Trackhouse Racing eine nicht homologierte Software aufgespielt hatte. Ein Betrugsversuch war das aber nicht, sondern schlichtweg Schlendrian. Es nimmt also nichts von der Leistung des Rookies weg. Ogura dürfte den MotoGP-Fans noch viel Freude bereiten.
Raul Fernandez: Die MotoGP-Karriere steht erneut in Frage
Neben dem aufblühenden Stern Oguras ging sein Teamkollege im Saisonbeginn unter. Man muss sagen zurecht, denn Raul Fernandez sorgte nur einmal für Aufsehen: Als er Enea Bastianini in Termas abschoss. Der einst als Supertalent gehandelte Spanier hat bereits drei Saisonen in der Königsklasse hinter sich und wird nun trotzdem von einem Rookie deklassiert. Nur durch die Disqualifikation des Teamkollegen ergatterte Fernandez bisher einen einzigen Punkt.

Der einzige Lichtblick war das Qualifying in Buriram, bei dem er seine Maschine immerhin auf Startplatz sieben stellte. Doch dafür gibt es nun mal keine Zähler. Auch die etwas angeschlagene Fitness und das Verpassen des Sepang-Tests nach einem Sturz kann langsam keine Ausrede mehr sein. Fabio di Giannantonio verpasste sogar die gesamten Testfahrten und überzeugte in Termas trotzdem. Auch wenn sein Vertrag eigentlich noch bis 2026 läuft, so fährt Fernandez jetzt bereits um seine Karriere.
Franco Morbidelli: Die VR46-Familie wirkt Wunder
Dass Franco Morbidelli überhaupt noch in der MotoGP fährt, konnte nicht jeder nachvollziehen. Die Leistungen in den letzten Jahren waren dürftig und sein Anheuern bei VR46 wurde eher der guten Beziehung zu Förderer Valentino Rossi zugeschrieben. Doch der Römer ist derzeit auf gutem Weg, diese Entscheidung im Nachhinein zu rechtfertigen.
Zwar zeigt eine Behinderung von Francesco Bagnaia im Training und eine Kollision mit Brad Binder, dass da auch noch etwas vom alten 'Franky' da ist, doch die Ergebnisse zeugen von einer förmlichen Wiedergeburt. Er hatte schon selbst daran gezweifelt, ob er es noch kann. Spätestens mit dem Podium in Termas sollte all dies vergessen sein. Der Italiener scheint nun endlich seine sportliche Heimat gefunden zu haben. Von der Atmosphäre im Team schwärmte er ohnehin von Tag eins an. Vermutlich haben wir Morbidelli nicht das letzte Mal mit Pokal in der Hand gesehen.
KTM: Die Krise ist jetzt auch sportlich
Kommen wir zum Abschluss zur Großbaustelle der MotoGP, und eigentlich darüber hinaus. Die finanzielle Schieflage des Motorradherstellers KTM scheint beinahe komplett auf die Leistungsfähigkeit des hauseigenen Rennprogramms abzufärben. Podien, Siege und irgendwann auch der WM-Titel sollten her. Bisher gelang 2025 jedoch noch nicht einmal eine Platzierung unter den ersten Fünf.
Hoffnungsträger Pedro Acosta und Brad Binder kämpfen tapfer, bis die RC16 ihren Hinterreifen auffrisst wie ein hungriger Löwe. Je länger das Rennen dauert, desto weiter werden sie zurückgereicht. Eine Erfahrung, die das neue Tech3-Duo aus Enea Bastianini und Maverick Vinales nicht macht. Der Grund ist allerdings bitter: Sie starten ohnehin schon von ganz hinten. Die beiden MotoGP-Sieger kommen bisher noch überhaupt nicht zurecht mit ihrem neuen Motorrad. Für beide entwickelt sich ihr ambitionierter Wechsel derzeit zum Albtraum.
Nun seid ihr gefragt: Wer hat euch beeindruckt? Von wem habt ihr euch mehr erwartet? Sagt es uns in den Kommentaren.
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