Marc Marquez, Alex Marquez und Francesco Bagnaia - Das MotoGP-Podium schien in der noch jungen Saison 2025 bislang in Stein gemeißelt. Ob im Buriram-Sprint, dem Thailand-GP oder dem Sprint in Termas de Rio Hondo, die Besetzung der vordersten drei Plätze blieb immer gleich. Und auch im Argentinien-GP hätte dies eigentlich so bleiben sollen. "Das Podest wird zwischen Pecco, Alex und mir ausgefahren, wir sind alle superschnell", war sich zumindest Marc Marquez nach dem Sprint am Samstag noch sicher. Doch der WM-Führende sollte sich irren, ausgerechnet ein Langzeit-Abstinenter hatte etwas dagegen.

Franco Morbidelli: Erstes MotoGP-Podium seit 2021!

Fast vier Jahre - oder auch 1.414 schier endlos lange Tage - musste Franco Morbidelli warten. Zuletzt beim Spanien-GP 2021 in Jerez auf dem Grand-Prix-Podium, durfte er am Sonntag in Argentinien aber endlich wieder Champagner vom Rostrum versprühen. "Endlich! Ich bin unglaublich glücklich über dieses Wochenende", strahlte der VR46-Pilot dementsprechend auch selbst auf der offiziellen MotoGP-Pressekonferenz.

Marquez-Brüder im MotoGP-Rampenlicht: Absprachen und Respekt (06:56 Min.)

Dabei hatte der Argentinien-GP für Morbidelli eigentlich überhaupt nicht gut begonnen, ein Podium schien selbst am Samstagabend noch undenkbar. "Ich war krank, gestern habe ich mich immer schlechter gefühlt", erinnert der 30-jährige Römer mit brasilianischen Wurzeln. Am Freitag hatte er dadurch den direkten Einzug in Q2 verpasst, musste den Umweg über Q1 gehen. Mit Platz acht gelang ihm auch dort aber keine wirklich gute Startposition - und so musste er am Sonntag kreativ werden.

Morbidelli entschied sich als einer von nur fünf Piloten, im Grand Prix den weichen Hinterreifen aufzuziehen. Ein 'Gamble', der sich auszahlte. "Ich wusste, dass ich anfangs alles geben werden müsste, um so viele Positionen wie möglich gutzumachen", beschreibt er. Das funktionierte wunderbar, nach vier Runden war der VR46-Mann bereits Dritter. "Danach habe ich versucht, meine Pace zu kontrollieren und habe das auch ganz gut geschafft."

Franco Morbidelli vor Bagnaia, Zarco und di Giannantonio in Argentinien
Franco Morbidelli hielt Francesco Bagnaia und Co. bis zum Schluss in Schacht, Foto: VR46

Franco Morbidelli gesteht Selbstzweifel nach jahrelangem Formtief

In den letzten sieben Runden konnte sich Francesco Bagnaia von hinten zwar nochmal etwas annähern, in Schlagdistanz kam der Ducati-Werkspilot aber nie - vielleicht auch, weil Morbidelli den dritten Platz mit aller Macht ins Ziel bringen wollte. Wie wichtig ihm dieses erlösende Podium war? "Sehr, wirklich enorm", kommentierte er und ließ anschließend tief blicken: "Ich hatte genug Zeit, um zu vergessen, wie sich das anfühlt. Ich hatte genug Zeit, um darüber nachzudenken, dass ich es nicht mehr Wert war, dass ich nicht gut genug wäre. Ich konnte über all die guten und schlechten Dinge nachdenken."

Nach seinem zuvor letzten Podium im Frühling 2021 in Jerez war Morbidelli in eine tiefe Formkrise gestürzt. Anfangs noch durch eine Knie-OP geschwächt, konnte er im Yamaha-Werksteam nie auch nur im Ansatz mit Teamkollege Fabio Quartararo mithalten und hatte im Spätsommer 2023 bereits Glück, überhaupt noch einen neuen Platz in der MotoGP zu finden. Weil Marco Bezzecchi nicht wollte und zahlreiche andere Topfahrer schon gültige Verträge hatten, kam er bei Pramac unter und saß plötzlich auf einer Werks-Ducati, verpasste nach einem schweren Trainingssturz aber die kompletten Wintertestfahrten 2024.

Somit musste Morbidelli im zurückliegenden Kalenderjahr einen Kaltstart in die Saison hinlegen und brauchte lange, um sich auf der Desmosedici GP24 zurecht zu finden. Während Francesco Bagnaia, Jorge Martin und Enea Bastianini auf diesem Motorrad von Sieg zu Sieg stürmten, kam die Startnummer 21 nicht über ein einzelnes Top-Drei-Ergebnis im Sprint von Misano hinaus. Dass er nach dem Pramac-Wechsel zu Yamaha 2025 bei VR46 dennoch erneut ein Topmotorrad bekam, gefiel daher nicht jedem im MotoGP-Paddock. Er habe den Platz nur aufgrund seiner Mitgliedschaft in der VR46-Academy erhalten, so der klare Vorwurf.

Dank VR46: Franco Morbidelli auf dem Weg zur alten Topform?

Morbidelli ließ das offenbar nicht kalt, im vertrauten VR46-Team scheint er nun aber wieder aufzublühen. Bereits beim Saisonstart in Thailand schnitt er mit den Plätzen fünf (Sprint) und vier (Grand Prix) ordentlich ab und liegt nun auf WM-Rang vier. "Ich möchte dieses Podium dem gesamten VR46-Team widmen, sie haben das verdient", sagt Morbidelli daher. Dass er das Zeug zum Spitzenfahrer in sich trägt, hatte er 2020 schon einmal unter Beweis gestellt. Damals holte er auf der Kunden-Yamaha von Petronas SRT drei Rennsiege und wurde Vizeweltmeister. Ob der Italiener künftig wieder auf ein ähnliches Niveau kommen kann?

Morbidelli selbst sieht jedenfalls noch Luft nach oben. "Ich muss besser ins Wochenende starten und mich in der 'Timeattack' verbessern, um weiter vorne starten zu können", gibt er die Marschroute für die kommenden Grands Prix vor. Nur einmal startete er seit dem Spanien-GP 2021 aus der ersten Startreihe - beim San-Marino-GP 2024, als er im Sprint direkt auch Dritter wurde. Ansonsten hatte er sich das Leben mit schlechten Startpositionen oftmals selbst schwer gemacht. "Das muss ich verbessern und daran werden wir arbeiten", sagt Morbidelli.

Ob es ihm gelingen wird? Die nächste Gelegenheit zur Verbesserung bietet sich jedenfalls schon in zwei Wochen. Dann gastiert die MotoGP zum Amerika-GP in Austin. Dort startete Morbidelli in der Königsklasse nie besser als von Platz neun, schaffte es in sechs Anläufen überhaupt nur zweimal in Q2. Eine bessere Gelegenheit, die Qualifying-Schwäche ad acta zu legen, scheint es also kaum zu geben. Was meint ihr: Gelingt es Morbidelli?