Drei Tage MotoGP-Testfahrten sind vorüber. Zeit für eine erste Analyse des Kräfteverhältnisses der Königsklasse. Auf dem Sepang International Circuit zeigten sich zumindest drei Tendenzen. Motorsport-Magazin.com hat sich Spitzenzeiten, Longruns und Topspeeds angesehen.
Zeitenentwicklung: Yamaha herausragend
Blicken wir zunächst auf die nackten Zahlen des Ergebnismonitors und setzen diese in Relation zum bisher gezeigten auf dem Sepang International Circuit. Dabei nehmen wir den jeweils bestplatzierten Fahrer eines Herstellers und vergleichen die gesetzte Zeit mit der bisher schnellsten Runde, die auf dem jeweiligen Motorrad zuvor gefahren wurde. Das Ergebnis sieht folgendermaßen aus:
Position | Hersteller | Fahrer | Zeit | Differenz zur bisherigen Bestmarke |
---|---|---|---|---|
1. | Ducati | Alex Marquez | 1:56.493 | +0.156 |
2. | Yamaha | Fabio Quartararo | 1:56.724 | -0.801 |
3. | KTM | Pedro Acosta | 1:57.175 | -0.132 |
4. | Honda | Johann Zarco | 1:57.204 | -0.170 |
5. | Aprilia | Marco Bezzecchi | 1:57.328 | +0.237 |
Die Referenzwerte stammen bis auf einen vom Sepang-Test 2024. Nur Ducati wurde mit dem absoluten Rundenrekord aus dem Qualifying von 2024 verglichen. Die Zeit von Alex Marquez wurde mit demselben Motorrad, der GP24, gefahren. Aber auch die GP25 ist absolut vergleichbar, fuhr Francesco Bagnaia mit nur sieben Tausendsteln Rückstand doch mehr oder minder die identische Zeit.
Während vier Hersteller sich im Rahmen von zwei Zehntel Unterschied zur eigenen Richtmarke bewegen, gibt es einen gewaltigen Ausreißer. Yamaha hat sich um satte acht Zehntel verbessert und stellt damit aktuell sogar eindeutig das zweitschnellste Motorrad im Feld, zumindest auf eine Runde. Der Fortschritt der Japaner sorgte für Euphorie:
Die Zeit von Aprilia hingegen sollte mit etwas Vorsicht genossen werden, denn Marco Bezzecchi ist als einziger der hier verglichenen Piloten neu auf seinem Motorrad. Zudem ist dem verletzten Weltmeister Jorge Martin wohl auf eine Runde noch mehr zuzutrauen. Dessen Sturz sorgt weiter für Diskussionen:
Sprint-Simulation: Marquez-Brüder voraus, Honda desolat
Doch wie sieht das ganze im Dauerlauf aus? Auch das haben wir uns natürlich angesehen. Vorneweg können wir sagen, dass die Sprint-Simulation die Rennsimulation mittlerweile als Richtmarke abgelöst hat. Einzig Franco Morbidelli fuhr eine ganze Renndistanz am Stück. Somkiat Chantra legte immerhin 15 Runden in Folge hin. Ansonsten waren es stets nur die zehn Runden Sprintdistanz in Malaysia. Wobei der vielleicht interessanteste Fahrer auch hier nur sechs Runden am Stück absolvierte. Hier die Sprint-Tabelle:
Fahrer | Marke | Rundenschnitt | Rückstand pro Runde |
---|---|---|---|
Alex Marquez | Ducati | 1:57.901 | - |
Marc Marquez | Ducati | 1:57.930 | +0.029 |
Fabio Quartararo (6 Runden) | Yamaha | 1:58.027 | +0.126 |
Francesco Bagnaia | Ducati | 1:58.243 | +0.342 |
Pedro Acosta | KTM | 1:58.596 | +0.695 |
Marco Bezzecchi | Aprilia | 1:58.766 | +0.875 |
Joan Mir | Honda | 1:59.703 | +1.802 |
Wir sehen an der Spitze dasselbe Bild wie über eine Runde. Erneut setzt Alex Marquez auf dem Vorjahresmotorrad die Richtmarke, aber erneut ist in diesem Fall Bruder Marc Marquez nur knapp dahinter. Francesco Bagnaia hingegen verliert über drei Zehntel pro Runde.
Am nächsten kommt den Brüdern erneut Fabio Quartararo, doch die Zeiten sind mit Vorsicht zu genießen, denn der Franzose fuhr nur sechs statt zehn Runden am Stück. Ein bedeutender Einbruch war dabei aber nicht zu erkennen. Es ist also durchaus nicht unrealistisch, dass er den Run in etwa auf Bagnaia-Niveau hätte fahren können.
Dann folgen mit Respektabstand KTM und Aprilia. Auch hier mit dem Sternchen bei Aprilia, da dies für Marco Bezzecchi der erste längere Stint überhaupt auf der RS-GP war. Deutlich mehr als eine halbe Sekunde pro Runde auf ein Vorjahresmotorrad zu verlieren, sollte beiden Werken aber zu denken geben.

Und dann ist da noch Honda. Der Zeitrückstand von Joan Mir muss mit beinahe zwei Sekunden pro Umlauf als nichts anderes als desolat bezeichnet werden. Natürlich können Spritladung, Reifenwahl und Reifenalter das Bild verzerren, was im Übrigen auch für die anderen Sprint-Simulationen gilt, aber dieser Auftritt macht keine Hoffnung. Die Streckenbedinungen waren im Übrigen gut vergleichbar: Alle Outings wurden am Nachmittag des finalen Testtages gefahren.
Topspeeds: KTM bleibt König, Yamaha beeindruckt erneut
Dann noch ein kurzer Blick auf die Spitzengeschwindigkeiten. Diese sind Aufgrund von Faktoren wie Windschatten oder Aero-Konfiguration keine genauen Indikatoren, doch können sie oft ein bisschen die Unterschiede bei der Motorenleistung erahnen lassen. So sieht die Topspeed-Tabelle des Sepang-Tests für die fünf Hersteller aus:
Position | Hersteller | Fahrer | Topspeed in km/h |
---|---|---|---|
1. | KTM | Pedro Acosta | 342,8 |
2. | Ducati | Francecso Bagnaia | 340,6 |
2. | Yamaha | Miguel Oliveira | 340,6 |
4. | Aprilia | Marco Bezzecchi | 338,5 |
5. | Honda | Somkiat Chantra | 337,5 |
Weiterhin macht in dieser Disziplin KTM keiner etwas vor. Die RC16 ist immer noch das schnellste Motorrad auf der Geraden. Dahinter gibt es aber den nächsten Indikator des Yamaha-Aufschwungs, denn die M1 setzt sich mit der Ducati auf Augenhöhe. Früher war Topspeed noch eine große Schwäche. Aprilia und Honda hingegen hinken etwas hinterher. Bei den Japanern hat der neue Technik-Chef Romano Albesiano bereits zugegeben, dass es an Motorleistung mangelt.

Fazit: Drei Erkenntnisse aus dem Sepang-Test der MotoGP
Blicken wir auf unsere Analyse, so können wir drei Tendenzen ausmachen. Beim Blick an die Spitze wird klar, dass die Ducati GP24 immer noch ein herausragendes Motorrad ist und das neue Modell bisher nicht besser abschneiden kann. Das deckt sich auch mit den Aussagen des Klassenprimus. Dort sind sich Fahrer und Ingenieure noch nicht einmal sicher, ob der neue Motor von 2025 überhaupt zum Renneinsatz gebracht werden soll:
Mit Alex Marquez, Franco Morbidelli und Rookie Fermin Aldeguer darf also als mögliche Überraschungsmänner gerechnet werden. Und dasselbe gilt für den Aufsteiger des Tests. Francesco Baganaia sah Yamaha bereits als ersten Ducati-Verfolger. Unsere Daten geben dem Italiener in allen Punkten recht: Yamaha hat in jeglicher Hinsicht einen gewaltigen Fortschritt erzielt. KTM und Aprilia werden sich gegen die wiedererstarkten Japaner gewaltig strecken müssen. Die beiden Werke sind allerdings schwer einzuschätzen. KTM hält sich gerne einmal bei Tests zurück und Aprilias Verletzungsdrama und die Tatsache, dass nur Neuzugänge fuhren, verfälschen das Bild.
Bleibt noch Honda, wo es weiterhin mager aussieht. Zwar machten die Aussagen der Fahrer und auch die Pace über eine Runde etwas Hoffnung, doch Longrun und Topspeed zeigen die Defizite der RC213V weiter auf. Auch der Verzicht auf den Einsatz der neuen Testfahrer Aleix Espargaro und Takaaki Nakagami sorgte für Fragezeichen. Romano Albesiano hat noch einiges an Arbeit vor sich.
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