Die MotoGP führte zur Saison 2024 ein neues Concessions-Reglement ein. So soll der Anschluss der in der Vergangenheit schwächelnden Hersteller Honda und Yamaha an das restliche MotoGP-Feld wieder hergestellt werden. Auch KTM und Aprilia bekamen Zugeständnisse, einzig Ducati ging vorerst leer aus. Motorsport-Magazin.com erklärt dir, wie das neue Regelwerk genau funktioniert.

Das neue Concessions-Reglement

Die Grand Prix Komission der MotoGP, bestehend aus den Vertretern des Promoters Dorna, des Motorradweltverbandes FIM, der Teamvereinigung IRTA sowie des Herstellerbundes MSMA, konnte sich nach langen Verhandlungen nach der Saison 2023 auf ein neues System einigen, das die Hilfen für die zurückliegenden Hersteller bestimmt.

Dabei werden die fünf Hersteller der MotoGP (Ducati, KTM, Aprilia, Yamaha und Honda) in ein Gruppensystem von A bis D eingeteilt. Das Zuordnen in die Gruppen erfolgt nach einem Punktesystem, bei dem der führende Hersteller in der Konstrukteurswertung als Referenz gilt. Holt ein Hersteller 85% der möglichen Punkte, landet er in Gruppe A. Bei 60 bis 85 Prozent der Punkte ist er Teil der Gruppe B. Aktuell liegt keiner der vier weiteren Hersteller in den Gruppen A oder B. Erst in Gruppe C sind KTM und Aprilia zu finden, da sie zwischen den Anteilen von 35 bis 60 Prozent der Punkte liegen.

In Gruppe D finden sich aktuell Honda und Yamaha wieder. Die beiden japanischen Hersteller haben weniger als 35 Prozent der Maximalpunkte gesammelt.

Welche Zugeständnisse erhalten die Werke?

Die Concessions sind stufenweise geregelt und unterscheiden sich in Wildcard-Einsätzen, Motorenentwicklung, Anzahl der Reifen und Testmöglichkeiten. Da Honda und Yamaha die Schlusslichter sind, erhalten sie die größten Hilfen. So dürfen beide japanischen Hersteller bis zu 260 Testreifen verwenden, dürfen auf jeder GP-Strecke testen und können dabei neben den Testfahrern auch ihre Stammpiloten einsetzen. Außerdem wird die Motorenentwicklung während der Saison, im Gegensatz zu derer der anderen Gruppen, nicht eingefroren.

Auch Fabio Quartararo darf für Yamaha fortan bei Privattests starten, Foto: MotoGP.com
Auch Fabio Quartararo darf für Yamaha fortan bei Privattests starten, Foto: MotoGP.com

Bis zu Stufe A werden die Eigenschaften nun herabgestuft. Ducati, das einzige Mitglied der Gruppe A, darf 2024 nur auf drei GP-Strecken Privattests veranstalten und dabei nur Entwicklungsfahrer einsetzen. Des Weiteren erhalten die Italiener keine Wildcard-Einsätze.

Die folgenden Bestimmungen gelten für die einzelnen Gruppen:

RangPunkteanteilTestreifenTestfahrerGP-TeststreckenWildcardsAnzahl MotorenMotorenentwicklungAero-Updates
A85% oder mehr170Nur Testfahrer307-8gefroren1
B60 oder mehr und weniger als 85%190Nur Testfahrer337-8gefroren1
C35 oder mehr und weniger als 60%220Nur Testfahrer367-8gefroren1
Dweniger als 35%260Test- und StammfahrerJede GP Strecke69-10frei2

Wie werden die Punkte gezählt?

Die Einteilung erfolgt in zwei Fenstern. Das erste Fenster beschreibt die aktuelle MotoGP-Saison vom ersten bis zum letzten Grand Prix. Das zweite Fenster dauert vom ersten Rennwochenende nach Ende der Testverbotperiode in der Sommerpause bis zum letzten Event vor Beginn der nächsten Testverbotperiode in der Sommerpause. Sobald ein Hersteller den Rang im zweiten Fenster verändert, gelten folgende Bestimmungen:

  • Die Anzahl der erlaubten Testreifen wird angepasst, außer ein Hersteller hat bereits mehr Reifen benutzt als es ihm die neue Einstufung erlauben würde.
  • Private Testfahrten mit Stammfahrern werden im Fall eines Abstieges in Gruppe D erlaubt oder bei einem Aufstieg in eine der anderen Gruppen verboten.
  • Die Anzahl der Wildcards wird erhöht oder reduziert. Das beinhaltet auch die Streichung von bereits zugesagten Wildcard-Einsätzen für die Zeit nach Testverbotperiode.
  • Aerodynamik-Updates werden erhöht oder reduziert, es sei denn ein Hersteller hat bereits mehr Updates verwendet als ihm seine neue Einstufung erlauben würde.
  • Bei einem Abstieg von Gruppe C in Gruppe D wird die Anzahl der erlaubten Motoren erhöht, die Motorenentwicklung während der Saison erlaubt und ein weiteres Aero-Update gestattet, wenn dafür eine bisherige Version verworfen wird.

Steigt ein Hersteller von Kategorie D in Kategorie C auf, gelten für die folgende Saison folgende Veränderungen: Die Anzahl der erlaubten Motoren wird reduziert und die Motoren werden eingefroren, es sei denn der Hersteller kehrt vor Ende der Saison in Gruppe D zurück.

Rückblick: Das alte Concessions-System

Vor der Einführung der jüngsten Regeländerung gab es seit 2016 ein Concessions-Reglement in der Königsklasse. Demnach wurde jedes Team, welches in den Jahren 2013, 2014 und 2015 kein Rennen im Trockenen gewonnen hatte, als Concessions-Team bezeichnet. Zur Saison 2016 erhielten Ducati, Suzuki und Aprilia den Concessions-Status. Auch KTM wurde beim MotoGP-Einstieg 2017 mit Zugeständnissen ausgestattet.

Im alten System wurde eine Punktestruktur eingeführt, nach der die Konkurrenzfähigkeit der Werke bestimmt wurde: Für einen Sieg gab es drei solcher Punkte, für einen zweiten Platz zwei und für einen dritten Rang einen Zähler. Hat ein Werk die Grenze von sechs Punkten während einer Saison erreicht, wurde ihm der Concessions-Status aberkannt.

Nach der Saison 2020 verlor KTM den Concessions-Status, Foto: LAT Images
Nach der Saison 2020 verlor KTM den Concessions-Status, Foto: LAT Images

Ducati verlor den Concessions-Status zur Saison 2017, KTM musste nach seinen ersten MotoGP-Siegen 2021 erstmals auf die Zugeständnisse verzichten. Aprilia war das letzte Werk, welches von der alten Regelung Gebrauch machen konnte. Doch nachdem die Mannschaft aus Noale 2021 und 2022 einige Podestplätze und einen Sieg feierte, verlor auch sie die Concessions zur Saison 2023. Damit waren in der Vorsaison sämtliche MotoGP-Hersteller gleichberechtigt. Die Concessions-Regelung war zwar noch vorhanden, fand aber keine Anwendung.

In der jüngsten Zeit veränderten sich nun allerdings die Machtverhältnisse in der Königsklasse stark: Ducati lag unangefochten an der Spitze und gewann 33 der 39 Rennen der Saison 2023. Das Problem: KTM war 2022 und 2023 der einzige Hersteller, der keinen MotoGP-Sieg im Trockenen einfahren konnte. Somit hätten nach dem alten Reglement lediglich die Mattighofener Anspruch auf den Concessions-Status. Doch die wahren Sorgenkinder waren Honda und Yamaha, denen dringend unter die Arme gegriffen werden musste.