Nachdem Ducati die MotoGP-Saison 2023 nach Belieben dominierte und die einstigen Giganten Honda und Yamaha immer weiter zurückgefallen sind, kamen im Sommer erstmals Gerüchte über ein mögliches neues Concessions-Reglement in der Königsklasse auf. Knapp vier Monate später wurde am Montag vor dem Valencia-Test dann tatsächlich ein neues System präsentiert, auf das sich MotoGP-Promoter Dorna, Motorradweltverband FIM, Teamvereinigung IRTA und Herstellerbund MSMA geeinigt haben. Das neue Concession-Reglement soll strauchelnden Herstellern dabei helfen, den Anschluss an die Spitze schneller wieder herstellen zu können.

Obwohl alle fünf Hersteller der MotoGP diesem neuen System zustimmten, zeigte sich speziell ein Werk jedoch alles andere als glücklich mit den neuen Concessions: Borgo Panigale. Beim aktuellen Königsklassen-Dominator Ducati, der einst selbst von einem solchen Zugeständnisse-System profitierte, steht man Concessions grundsätzlich zwar offen gegenüber, sieht in der präsentierten Variante für 2024 aber ein großes Problem. "Ich bin ein Unterstützer eines Concession-Systems, ganz ehrlich", stellte auch Ducati-Teamchef Luigi Dall'Igna am Rande des Valencia-Tests in einer Medienrunde nochmal klar.

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Denn der italienische Technik-Guru weiß: "Es ist wichtig für die Weltmeisterschaft, dass wir Herstellern die Möglichkeit geben, wieder aufzuschließen, wenn sie in Probleme geraten sind. Deshalb freue ich mich auch, dass wir den japanischen Werken eine Möglichkeit bieten können, wie sie sich schneller verbessern können." Das Unverständnis Ducatis für das neue System ruht also auf einem anderen Aspekt. "Wir geben mit diesen Concessions auch einen Vorteil an Aprilia und KTM. Wir haben verglichen mit ihnen einen Nachteil, weil wir weniger Reifen bekommen, um das Bike zu entwickeln und wir erhalten auch keine Wildcards mehr, obwohl sie auch während der ganzen Saison um Siege gekämpft und Rennen gewonnen haben. Das ist mir ein Rätsel", erklärt Dall'Igna.

Neues Concession-System: Auch KTM und Aprilia profitieren

Tatsächlich war das eigentliche Ziel des neuen Concession-Reglements, primär den strauchelnden Werken aus Japan zu helfen. Und das gelang mit dem neuen System auch: Aufgrund ihrer margeren Punkteausbeute in der Hersteller-Wertung im Jahr 2023 landeten Yamaha (196 Punkte) und Honda (185) zur neuen Saison in der Kategorie 'D', welche dem schlechtesten Rang entspricht. Dadurch können sie 2024 unter anderem mehr Reifen und Motoren einsetzen, die Motorenentwicklung wird vor Saisonstart nicht eingefroren, es ist ein zusätzliches Aeroupdate erlaubt und auch die Stammfahrer dürfen über das Jahr hinweg testen, nicht nur die Test- und Entwicklungsfahrer der beiden Hersteller.

Auch Aprilia und KTM konnten 2023 einige Erfolge feiern, Foto: LAT Images
Auch Aprilia und KTM konnten 2023 einige Erfolge feiern, Foto: LAT Images

Während Ducati (700 Punkte) mit dem neuen Verteilerschlüssel in Kategorie 'A' landete, haben es KTM (373) und Aprilia (326) aber nicht in Rang 'B', sondern nur in Rang 'C' geschafft. Das führt zu zwei großen Unterschienden in den Zugeständnissen, die die drei europäischen Hersteller erhalten bzw. verwehrt bekommen. So haben KTM und Aprilia im kommenden Jahr 50 Testreifen mehr zur Verfügung als Ducati und können sogar sechs Wildcards zu Rennwochenenden anmelden, während die Roten darauf komplett verzichten müssen. Ob dieser große Unterschied gerechtfertigt ist? Schließlich waren KTM und Aprilia doch bei vielen Rennwochenenden im Jahr 2023 nicht weit von Ducati entfernt und vereinzelt sogar auf Augenhöhe oder stärker. Aprilia etwa feierte zwei Grand-Prix- und einen Sprintsieg, KTM immerhin zwei Sprinterfolge. Außerdem brachten sie es zusammen auf 24 Podiumsplatzierungen (15x KTM, 9x Aprilia) und zwei Pole Positions (beide Aprilia).

Im Sinne der Show: Ducati stimmte neuen Concessions nur ungern zu

Im kommenden Jahr könnten die beiden Hersteller Ducati nun noch mehr 'auf die Pelle' rücken, wenn es ihnen denn gelingt, ihre neuen Zugeständnisse bestmöglich auszuschöpfen. Die große Frage lautet daher: Wieso stimmte Borgo Panigale dem neuen Concession-System, welches nur bei Einstimmigkeit umgesetzt werden konnte, überhaupt zu, wenn ihnen die Zugeständnisse an KTM und Aprilia nicht passten? "Letztlich sind wir alle Teil der Show", erklärt Dall'Igna. "Wir sind zum Entschluss gekommen, dass es wichtiger ist, den Japanern die Concessions zu geben, als sie für KTM und Aprilia zu blockieren. Wir sind wegen der Show hier und wenn die Show gut ist, ist das für jeden besser."

Ducati biss also im Sinne des Sports in den sauren Apfel. Zumindest im Honda-Lager ist man den italienischen Kollegen dafür sehr dankbar. "Es ist mit Sicherheit und eine Hilfe für uns alle, diese Concessions zu bekommen. Wir haben das in der Vergangenheit gesehen, als sie Neueinsteigern geholfen haben", freute sich etwa HRC-Teammanager Alberto Puig in Valencia. Gleichzeitig geht der Spanier ohnehin nicht davon aus, dass das MotoGP-Kräfteverhälnis dadurch binnen kürzester Zeit völlig auf den Kopf gestellt wird. Puig meint: "Es wird natürlich eine Hilfe sein, aber es ist auch nicht so, dass wir sagen: 'Ah, wir haben Concessions, jetzt wird das Bike sofort gut.' Natürlich wird die Zeit, die du brauchst, um den Rückstand aufzuholen, aber verkürzt. Daher sind wir froh darüber."