Jorge Martin hat 2024 das scheinbar Unmögliche möglich gemacht: Mit seinem Titelgewinn im packenden Saisonfinale von Barcelona krönte sich im 23. Anlauf erstmals in der MotoGP-Geschichte ein Fahrer aus einem Kundenteam zum Weltmeister, nachdem zuvor alle 22 Titel an offizielle Werksfahrer gegangen waren. Im kommenden Jahr darf sich der 26-jährige Madrilene daher nun als erst neunter MotoGP-Pilot an der Verteidigung seines Weltmeistertitels versuchen. Eine Aufgabe, die erneut kaum möglich erscheint.

Denn in 23 Jahren MotoGP-Ära konnten bislang einzig Valentino Rossi (2003, 2004, 2005 und 2009), Marc Marquez (2014, 2017, 2018, 2019) und Francesco Bagnaia (2023) den WM-Titel erfolgreich verteidigen. Alle anderen 14 Versuche scheiterten - darunter auch Fahrer wie Casey Stoner oder Jorge Lorenzo. Im Gegensatz zu diesen beiden hat sich Martin die Mission 'Titelverteidigung' aber nochmal besonders schwierig gemacht, denn er wechselt 2025 bekanntlich von Pramac-Ducati zu Aprilia. Zwei WM-Titel in Serie auf unterschiedlichen Fabrikaten? Das gelang in 76 Jahren WM-Geschichte überhaupt erst zweimal: Rossi im Jahr 2004 und Eddie Lawson 1989.

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Jorge Martin: Francesco Bagnaia und nicht Marc Marquez 2025 Favorit

Als Favoriten auf den Gewinn der MotoGP-Weltmeisterschaft 2025 sieht sich der amtierende Champion daher nicht. Stattdessen schiebt Martin die Favoritenrolle an jenen Rennstall ab, den er in der abgelaufenen Saison knapp am Gewinn der 'Triple Crown' hinderte: Das Ducati-Werksteam. Und dort wiederrum tippt der neue Aprilia-Star auf seinen diesjährigen WM-Widersacher. "Am Ende war es immer Pecco [Bagnaia, Anm.], der vorne war. Daher sehe ich Pecco als den Favoriten", erklärte er im Interview mit der spanischen 'Marca'.

"Letztlich kenne ich ihre Daten und - ich will nicht lügen - bei Marc [Marquez, Anm.] habe ich manchmal Dinge gesehen und mir gedacht: 'Verdammt, wie kann er mit dem Bike dort so schnell sein?' Er hatte das nicht immer, speziell in Thailand oder Malaysia war er nicht so schnell, aber er hatte auch viele tolle Rennen. Von daher denke ich schon, dass er mit der GP25 noch Luft nach oben hat. Aber ich glaube eben auch, dass es sehr schwer werden wird, Peccos Level zu erreichen", begründet Martin weiter, warum er nicht mit einem neunten WM-Gewinn von Marc Marquez rechnet.

Francesco Bagnaia feiert seinen Sieg im Thailand-GP
Francesco Bagnaia holte 2024 gleich elf GP-Siege, Foto: MotoGP

Mit elf GP-Siegen, sieben Sprinterfolgen, sechs Pole Positions und 498 Punkten legte schließlich auch Francesco Bagnaia 2024 eine Saison für die Geschichtsbücher hin und wurde zu einem der besten Vizeweltmeister der MotoGP-Geschichte. "Elf Siege, das ist verrückt", kommentiert Martin jenen Wert, den zuvor nur Marquez (2019, 2013) und Rossi (2005, 2002) erreicht hatten. In allen vier Fällen genügten elf Sieg zum mehr als souveränen Titelgewinn, nicht aber 2024. Martin erwartet daher, dass Bagnaia im kommenden Jahr mit einer 'Jetzt-erst-recht-Mentalität' angreifen könnte: "Er hat zwei Titel in Folge gewonnen und wurde jetzt Vizeweltmeister, das macht ihn zum Favoriten."

Jorge Martin kämpft mit Aprilia um Anschluss: Haben nicht das beste Bike

An sich selbst hat der amtierende Weltmeister derweil keine Erwartungen. "Ich weiß nicht, ob ich mit Aprilia erfolgreich sein kann. Ich weiß nur, dass wir alles geben werden, um erfolgreich zu sein", meint er und begründet: "Ich muss erst sehen, wo das Bike steht. Letzte Saison wurden sie Dritter in der Konstrukteurs-WM, sie haben also nicht das beste Motorrad. Wir müssen es noch verbessern. Ich kann dazu viel beitragen, Speed und Konstanz etwa, aber es ist auch klar, dass es einige Rennen gab, in denen sie keine Chance hatten und nur 15. wurden. Es gibt also offensichtlich Probleme, die wir nun beheben müssen."

Tatsächlich war Aprilia 2024 zwar der einzige Hersteller, der neben Ducati einige Sprints und einen Grand Prix gewinnen konnte, letztlich sammelte Noale aber auch nur 302 Punkte in der Konstrukteurs-WM, während Ducati mehr als doppelt so viele Zähler holte (722), und landete damit näher an einem Abstieg in den Concession-Rang D als an einem Aufstieg in Rang B. Dennoch ist sich Martin sicher, sich mit seinem Wechsel zu Aprilia nicht verzockt zu haben: "Ich glaube an die Fabrik und weiß, dass wir gemeinsam großartige Dinge erreichen können."

Gegen jede Regel: Macht Jorge Martin 2025 den Valentino Rossi?

Hoffnung macht dem 'Martinator' wohl auch ein Blick in die Vergangenheit. Denn Valentino Rossi wurden 2004 ähnlich geringe Chancen auf eine erfolgreiche Titelverteidigung zugesprochen, nachdem er von der dominanten Honda RC213V auf die 2003 sieglose Yamaha-M1 gewechselt war. Dennoch holte er letztlich den WM-Titel schon im drittletzten Grand Prix auf Phillip Island. Wenn ein Pilot diese Geschichte wiederholen kann, dann wohl Martin. Denn auch er weiß: "Letztlich ist sowieso egal, worüber jetzt gesprochen wird. Wir werden sehen, was dann wirklich auf der Strecke passiert."

Wen seht ihr als Favoriten auf den MotoGP-Titel 2025? Gebt uns eure Meinungen und Tipps in den Kommentaren ab!