MotoGP-Reifenlieferant Michelin fand sich in den vergangenen Wochen einmal mehr im Zentrum der Kritik wieder. Zunächst musste das französische Unternehmen mit Hauptsitz in Clermont-Ferrand die Einführung der neuen Vorderrad-Karkasse, die Temperaturempfindlichkeit verringern und damit das Racing verbessern sollte, von 2025 auf 2026 verschieben und dann übte zuletzt auch noch Francesco Bagnaia nach seinem Debakel im Emilia-Romagna-GP heftige Kritik, nachdem sein Hinterreifen nicht wie erhofft funktioniert hatte.
Nur fünf Tage später geht es nun ohne Unterbrechung weiter mit den schlechten Nachrichten für Michelin. Die Vorderreifen, die der MotoGP-Einheitshersteller zum Indonesien Grand Prix nach Mandalika mitbrachte, kommen bei den Piloten der Königsklasse nämlich überhaupt nicht gut an. Ausgerechnet Landsmann Fabio Quartararo schrie dabei am Freitag am lautesten auf. "Dieser Medium-Vorderreifen hätte von Michelin erst später eingeführt werden dürfen. Das ist für mich ein wirklich gefährlicher Reifen", fluchte er in seiner Medienrunde.
Zahlreiche MotoGP-Stürze über das Vorderrad in Indonesien
"Ihr habt ja gesehen, dass es eine Menge Stürze mit diesem Reifen gab", erklärte er den anwesenden Journalisten im Media Center und beschrieb: "Dieser Reifen gibt dir keine Vorwarnung, er ist sehr schwer aufzuwärmen und er bietet keinen Grip. Dieser Reifen dürfte daher nicht zum Kontingent zählen. Ansonsten sind die Reifen von Michelin alle super, aber dieser ist wirklich gefährlich. Jeder ist am Limit, deshalb haben so viele die Front verloren - speziell in der vorletzten Kurve, wo du den Reifen wirklich bis ans Maximum treibst."
Tatsächlich bekamen MotoGP-Fans am Trainingsfreitag in Indonesien gleich vier Stürze in Turn 16, der vorletzten Kurve des Mandalika Circuits, zu sehen - allesamt über die Front. Neben Alex Marquez und Fabio Di Giannantonio erwischte es Aleix Espargaro dort sogar gleich zweimal innerhalb von guten zehn Minuten. Zudem crashten Pedro Acosta (Turn 1) und Brad Binder (Turn 10) ebenfalls, nachdem ihnen die Front im Kurvenscheitelpunkt eingeklappt war. Einzig Miguel Oliveira stürzte am Freitag nicht über das Vorderrad, bezahlte für seinen Highsider im 1. Freien Training jedoch mit einem Handgelenksbruch und fällt vorerst aus.
"Wir haben keinen guten Reifen für diese Art von Strecke, wenn der Grip niedrig ist", kritisierte Augusto Fernandez in seiner Medienrunde und führte aus: "Es gibt auf dieser Strecke nur sehr schlecht oder weniger schlecht. Der Soft kann zum Beispiel ganz gut funktionieren, aber dann werden die Temperaturen an der Flanke zu hoch und er fängt an zu rutschen. Der Hard ist dafür zu hart an der Flanke und der Medium ist der allerschlimmste. Er hat keinen Grip und gibt dir keine Rückmeldung. Du musst also wählen, was für dich am wenigsten schlimm ist."
Aleix Espargaro nimmt Michelin in Schutz
"Ich habe alle drei Varianten ausprobiert und keiner funktioniert bei mir so wirklich, ich bin zweimal gestürzt", kommentierte auch Aleix Espargaro auf Nachfrage von Motorsport-Magazin.com. Der Aprilia-Pilot grenzte jedoch ein: "Ich möchte Michelin an dieser Stelle aber einmal in Schutz nehmen. Denn es ist für keinen Hersteller leicht, einen Reifen zu entwickeln, der bei 60 Grad Asphalttemperatur noch gut funktioniert." Tatsächlich wurden am Freitag in beiden Trainings die bislang höchsten Temperaturen der Saison 2024 auf dem Asphalt gemessen. Dieser erreichte in FP1 unter wolkenlosen Himmel 55 Grad, zum Training am Nachmittag waren es dann sogar 61 Grad Asphalttemperatur.
Dass Enea Bastianini in den finalen Minuten des Trainings dennoch einen neuen Rundenrekord aufstellen konnte, sah Espargaro deshalb als positives Zeichen. Der scheidende Ducati-Pilot hatte Luca Marinis Bestwert aus dem 2023er-Qualifying um 0,348 Sekunden unterboten. "Die Bedingungen sind hier ziemlich extrem und dennoch haben wir es geschafft, den Rundenrekord schon am Freitag um eine halbe Sekunde zu verbessern. Du kannst also nicht sagen, dass der Reifen nicht funktionieren würde", meint Espargaro. "Die Gegebenheiten sind einfach sehr schwierig."
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