Die MotoGP befindet sich aktuell in einer schwierigen Phase. Durch die extremen Belastungen, welche die aktuelle Motorradgeneration mit ihrer ausufernden Aerodynamik und den Ride-Height-Devices auf die Reifen ausübt, sind Überhitzung der Gummis und daraus folgende Reifendruckprobleme mittlerweile Standard in der Königsklasse. Das ist Gift für packenden Motorsport, wie sich an zahlreichen prozessionsartigen Rennen in dieser Saison zeigt.

Michelin testet neuen MotoGP-Vorderreifen

Um diesen Schwierigkeiten entgegenzuwirken, hatte Einheitslieferant Michelin einen neuen Vorderreifen designt. Durch eine neue Konstruktion mit mehr Auflagefläche und größerem Volumen sollten Temperatur- und vor allem Druckprobleme der Vergangenheit angehören. Im Montagstest nach dem ersten Misano-Rennwochenende drehten die MotoGP-Stars in einer eigens reservierten halbstündigen Session ihre ersten Runden mit dem neuen Pneu. Das generelle Feedback: Ungewohnt, aber keinesfalls schlecht. Fahrer wie Francesco Bagnaia sprachen sogar vom besten Vorderreifen, den sie je in der MotoGP gefahren waren.

Michelin wertete in den Tagen seit diesem Test Feedback der Fahrer und die gesammelten Daten aus. Das Ergebnis dieser Analyse ist eine schlechte Nachricht für die gesamte MotoGP. "Wir haben uns dazu entschlossen, die Einführung um eine Saison von 2025 auf 2026 zu verschieben", verriet Michelin-Motorsportchef Piero Taramasso am Freitagmorgen in Misano. "Wir brauchen noch mehr Zeit. Wir wollen ein paar Veränderungen vornehmen und den Reifen dann bei allen offiziellen Tests für 2025 einsetzen."

Teams verhindern MotoGP-Tests für Michelin

Die Schuld für die verspätete Einführung ausschließlich Michelin in die Schuhe zu schieben, wäre in diesem Fall aber ungerecht. Der erste Test mit dem neuen Vorderreifen hätte bereits Anfang Juni in Mugello stattfinden sollen, doch Regen am Montag machte das unmöglich. Michelin schlug deshalb mehrfach eigene Testfahrten zur Erprobung der Reifen vor, doch diese wurden von den MotoGP-Teams abgelehnt. Der Kalender sei ohnehin bereits zu voll.

In Mugello war an einen Reifentest nicht zu denken, Foto: Motorsport-Magazin.com
In Mugello war an einen Reifentest nicht zu denken, Foto: Motorsport-Magazin.com

So blieb es bei der halbstündigen Session in Misano, die für Michelin aber sowohl zu kurz war als auch zu spät kam. Sechs Wintertesttage sowie voraussichtlich drei Montagstests in der Saison 2025, an denen jeweils bis zu eine Stunde für die Erprobung der neuen Slicks reserviert wird, sollte für den französischen Reifenlieferant reichen, um das Modell schließlich rennfertig zu machen. Die MotoGP muss sich in der Zwischenzeit aber auf eine weitere Saison mit statischem Racing und viele Diskussionen über Reifendruck einstellen.