Valentino Rossi steht am Ende einer außergewöhnlichen Saison nur als Vizeweltmeister da. Seine Jagd nach dem historischen achten WM-Titel in der Königsklasse (er hätte mit Giacomo Agostini gleichgezogen) bekam bereits in Sepang einen Dämpfer. In Valencia wurde diese epische Quest endgültig zu Grabe getragen.

Seiner Enttäuschung darüber ließ der 36-jährige Italiener wenige Stunden nach dem Fallen der Zielflagge freien Lauf. Vor versammelter Weltpresse erklärte er seine Sicht der Dinge und nahm vor allem einen ins Visier: Marc Marquez. Rossis Wutrede von Valencia in voller Länge:

"Das ist genau die Art von Finale, die ich - und wahrscheinlich auch viele andere Leute - nicht sehen wollten. Es war eine großartige Saison mit einem großartigen Kampf mit Lorenzo. Diese Weltmeisterschaft hatte das Potenzial, zu einer der größten der letzten Jahre zu werden. Das Duell mit Jorge hätte mit dem letzten Punkt beim letzten Rennen entschieden werden können. Leider hat sich in den vergangenen drei Rennen etwas verändert und es ist etwas geschehen, was niemand erwartet hatte: Dass sich Marc Marquez dazu entschieden hat, Lorenzo zu beschützen und ihm zu helfen, den WM-Titel zu gewinnen."

"Das Problem begann auf Phillip Island und danach wurde es schlimmer und schlimmer. Wir kamen nach Malaysia, haben uns berührt und er stürzte. Hier in Valencia wusste ich bereits am Donnerstag, dass meine WM dahin ist. Ich war mir sicher, dass Marc sein Werk vollenden und auch hier Lorenzo schützen würde. Das habe ich bereits am Donnerstag vorhergesagt und genauso ist es heute eingetreten. Das Rennen war sehr ärgerlich und vor allem die letzte Runde war schlecht für unseren gesamten Sport."

Marquez sollte Rossi lieber nicht mehr so schnell über den Weg laufen, Foto: Milagro
Marquez sollte Rossi lieber nicht mehr so schnell über den Weg laufen, Foto: Milagro

"Wenn man sich die Rennen von Marc Marquez in den vergangenen beiden Jahren ansieht, erkennt man schnell, dass er immer zu überholen versucht - wenn davor nichts geht, dann zumindest in der letzten Runde. Daher stellt sich die Frage: Warum hat Marc Marquez heute nicht versucht Jorge Lorenzo zu überholen? Und warum hat er auf der letzten Runde nicht einmal einen einzigen Versuch unternommen?"

"Die Situation wurde sogar Pedrosa zu bunt. Er lag weit hinten und hat plötzlich in den letzten Runden zwei Sekunden aufgeholt! Das bedeutet aus meiner Sicht: Jorge hatte nicht mehr die nötige Pace, aber Marquez hat einfach zugewartet. Für mich ist auch klar, dass es ihm gefallen hat, dass er Lorenzo zum Titel verholfen hat. Er meinte zwar nach dem Abnehmen seines Helmes, dass dem nicht so sei, aber für mich hat er sehr glücklich ausgesehen in diesem Moment."

"Ich würde meine aktuelle Gemütslage nicht als verzweifelt beschreiben, denn ich habe meine Karten heute bestmöglich ausgespielt. Der Ausgang macht mich dennoch traurig. Ich war bereit, die Weltmeisterschaft an Jorge auf der Strecke zu verlieren. Aber auf diese Art und Weise? Das ist nicht fair. Es war ein seltsames Wochenende, da ich wusste, dass meine Chancen gering sind. Ich war heute nicht allzu schnell, allerdings musste ich mit dem frischen Reifen auch viele Überholmanöver setzen und konnte daher nicht das Maximum herausholen. Hätte ich eine 'normale' Startposition gehabt, hätte ich zumindest irgendetwas versuchen können, um Jorge zu fordern."

"Ich weiß nicht, wie sich mein zukünftiges Verhältnis zu Marc Marquez entwickeln wird. Aber was soll ich tun? Aufhören, weil ich Angst habe? (lacht) Ich habe stets nur versucht, meinen Standpunkt darzulegen und zu erklären, was passiert ist. Der Rest obliegt nicht mir. Ich verstehe auch die Position von Honda nicht. Ich habe keine Ahnung, wie ein Hersteller damit einverstanden sein kann, dass einer seiner Fahrer Yamaha einen Sieg ermöglicht und nur gegen seinen eigenen Teamkollegen kämpft."