Marc Marquez hat es wieder einmal getan. Der Spanier spielte in den vergangenen Wochen das Unschuldslamm mit einer geradezu oscarreifen Performance und kam damit ungeschoren davon. Dazu kann man dem Spanier nur applaudieren und von Herzen gratulieren, nicht wahr? Mit dem Wissen von heute zeigt sich, dass sich Valentino Rossis Befürchtungen in Bezug auf die finalen Rennen der Saison 2015 bewahrheiteten. Marquez bremste den Doktor auf Phillip Island und in Sepang offensichtlich ein, um Lorenzo dadurch im Titelkampf zu helfen. In Valencia spielte Marquez den Geleitschutz für den Mallorquiner.

Gegen Marquez wurde trotz Mitschuld am Sepang-Clash keine Strafe ausgesprochen, Rossi hingegen wurde schon strafrechtlich belangt. Weil es eben keinen Paragraphen gibt, der absichtlich langsames Fahren verbietet und auch ahndet. Dem Doktor wurde das absichtliche Abdrängen eines Gegners von der Strecke oder zumindest nach außen durch die Rennleitung nachgewiesen und er wurde für dieses Vergehen folgerichtig bestraft. Marquez jedoch ist selbst beileibe kein Kind von Traurigkeit. Immer wieder war der Aufschrei groß, wenn sich der Spanier haarsträubende Aktionen geleistet hatte. Immer wieder war das Entsetzen noch größer, wenn er noch einmal ohne Strafe davon kam. Wir haben einige Szenen aus der Karriere des Marc Marquez zusammengetragen, in denen der Spanier mit mehr als nur einem blauen Auge davon gekommen ist - allerdings ohne Garantie auf Vollständigkeit.

Katar 2012: Lüthi abgedrängt

Saisonauftakt zur Moto2-Saison 2012. Es ist das erste Rennen nach Marc Marquez' Augenverletzung durch seinen Crash in Sepang, als Marquez trotz gelber Flaggen weiter pushte, auf einer Ölspur ausrutschte und sich damit selbst aus dem WM-Rennen gegen Stefan Bradl nahm. In Katar kämpfte Marquez um den Sieg, zusammen mit Andrea Iannone, Pol Espargaro und Thomas Lüthi. Lüthi war Führender, als es zum vorletzten Mal über den Zielstrich ging. Doch dann saugte sich Marquez in Lüthis Windschatten an, setzte sich in der Bremszone zu Turn eins daneben und drückte den Schweizer von der Strecke!

Konsequenzen für den Spanier? Keine! Marquez gewann das Rennen, Lüthi wurde Fünfter und war danach richtig angefressen. "Es war ein unfaires Manöver von Marquez. Er darf nicht nach links ziehen in eine Rechtskurve hinein, schon gar nicht, ohne mir Platz zu machen. Ich hatte nicht einmal 20 Zentimeter zur Verfügung und musste auf die Kerbs ausweichen, sonst hätte er meinen Bremshebel berührt und dann wäre ich sicher zu Sturz gekommen. Zum Glück gab es keine Berührung, sonst wäre es richtig gefährlich geworden - es war so schon gefährlich genug", echauffierte sich Lüthi zurecht.

Barcelona 2012: Espargaro ins Aus bugsiert

Pol Espargaro bezahlte für seinen Zusammenstoß mit Marc Marquez, Foto: Milagro
Pol Espargaro bezahlte für seinen Zusammenstoß mit Marc Marquez, Foto: Milagro

Nächster Kampf um einen Rennsieg in der Moto2, dieses Mal in Barcelona. Wieder waren die Protagonisten Marquez, Iannone, Pol Espargaro und Lüthi. In der drittletzten Runde hatte Marquez einen kleinen Moment und musste einen Highsider in Kurve zehn abfangen. Espargaro witterte seine Chance und presste sich innen rein. Doch Marquez schnitt die Linie seines Landsmannes, kollidierte mit ihm und verursachte damit einen heftigen Highsider Espargaros! Und wieder einmal hatte Marquez nichts zu befürchten. Er fuhr als Dritter über die Ziellinie, hinter Iannone und Lüthi. WM-Rivale Espargaro musste das Rennen beenden.

Jerez 2013: Lorenzo abgeschossen

Jorge Lorenzo war das erste Opfer von Marquez in der MotoGP-Klasse, Foto: Milagro
Jorge Lorenzo war das erste Opfer von Marquez in der MotoGP-Klasse, Foto: Milagro

Die nächsten hitzigen Diskussionen löste Marquez in Jerez 2013 aus. Mittlerweile war der Spanier Moto2-Weltmeister und ins Repsol-Honda-Team in die MotoGP aufgestiegen. Die nächste kontroverse Aktion Marquez' folgte beim dritten Rennen in Jerez. Marquez kämpft mit Jorge Lorenzo um Platz zwei. Keiner kann eine Entscheidung zu seinen Gunsten herbeiführen. So musste sich das Duell in der letzten Kurve entscheiden. Marquez, ein paar Bikelängen zurück, setzte alles auf eine Karte und bremste jenseits von Gut und Böse an. Lorenzo bog ein und musste mit einem heftigen Zusammenprall bezahlen. Der Mallorquiner war nach dem Rennen verständlicherweise außer sich vor Wut und verweigerte den Handschlag für Marquez. Auch dafür wurde Marquez jedoch von der Rennleitung nicht mit einer Strafe bedacht.

Silverstone 2013: Crutchlows Yamaha torpediert

In Silverstone ignorierte Marquez gelbe Flaggen und torpedierte Cal Crutchlows Yamaha, Foto: Milagro
In Silverstone ignorierte Marquez gelbe Flaggen und torpedierte Cal Crutchlows Yamaha, Foto: Milagro

Warm Up zum britischen Grand Prix 2013. Cal Crutchlow ist gerade beim Anbremsen zur Vale-Kurve gestürzt, die Streckenmarshalls eilen zu seiner im Kiesbett versenkten Yamaha, um sie zu bergen und schwenken gelbe Flaggen. Einen scheint dies jedoch nicht zu interessieren: Marc Marquez! Der Spanier fährt weiter auf der letzten Rille und stürzt an der gleichen Stelle. Seine Honda torpediert die Yamaha von Crutchlow und der Brite muss sich gemeinsam mit den Marshalls in Sicherheit bringen! Wieder eine hirnrissige Aktion des Spaniers, der sich dabei eine ausgerenkte Schulter zuzog, aber am Rennen teilnehmen konnte. Mit zwei Strafpunkten für Marquez wegen Ignorierens gelber Flaggen, die jedoch keinerlei Konsequenzen nach sich zogen, war die Sache erledigt.

Aragon 2013: Pedrosa die Titelchance geraubt

Auch Dani Pedrosa lernte die dunkle Seite von Marc Marquez kennen, Foto: Milagro
Auch Dani Pedrosa lernte die dunkle Seite von Marc Marquez kennen, Foto: Milagro

Auch der eigene Teamkollege blieb nicht verschont. Beim Grand Prix von Aragon 2013 waren es wieder einmal Lorenzo, Marquez und Dani Pedrosa, die sich vom Rest des Feldes absetzten und an der Spitze ihr eigenes Rennen fuhren. Fünf Runden lang ging das auch gut. Doch in Runde sechs versuchte Marquez ein haariges Bremsmanöver in Turn zwölf, bei dem er Pedrosa beinahe abgeräumt hätte. Marquez fährt nur hauchdünn an Pedrosa vorbei, reißt dabei allerdings seinem Teamkollegen das Kabel für den Traktionskontrollensensor heraus. Die Folge: Völlig ohne Anti-Schlupf-Regelung steigt Pedrosa sofort per Highsider ab und muss seine Hoffnungen auf den Rennsieg und auf den Titel begraben. Die Rennleitung verhängte Marquez für diesen Vorfall einen Strafpunkt. Mit nun drei Strafpunkten auf dem Konto musste Marquez wieder keine weitreichenden Konsequenzen befürchten.

Saisonfinale 2015: Schmutziges Spiel mit Rossi

Zuletzt zeigte Marc Marquez seine düstere Seite wieder bei den Grands Prix von Australien und Malaysia. Der Spanier zeigte schon auf Phillip Island auffällige Schwankungen in seinen Rundenzeiten. Die meiste Zeit des Rennen kämpfte er auf Rang zwei liegend gegen Rossi und Iannone, sodass Lorenzo an der Spitze relativ unbehelligt seine Runden drehen konnte. Erst in der letzten Runde deckte Marquez sein wahres Potenzial auf und fing Lorenzo noch mit einer absolut schnellsten Rennrunde ab, während Rossi auch noch Iannone den Vortritt lassen musste.

Valentino Rossi erkannte schon in Australien, dass Marquez gegen ihn fährt, Foto: Repsol
Valentino Rossi erkannte schon in Australien, dass Marquez gegen ihn fährt, Foto: Repsol

Eine Woche später in Malaysia war es wieder Marquez, der seine Pace verlangsamte, um Rossi nach dessen jüngsten Provokationen in einen erbitterten und bis auf die persönliche Ebene heruntergezogenen Zweikampf zu verstricken. Mehrere Male fuhr Marquez Rossi dabei direkt vors Vorderrad. Bei jedem Überholvorgang berührte Marquez Rossi oder fuhr bis auf wenige Millimeter an ihn heran. Entnervt von diesen Spielchen ließ sich ein bis aufs Blut gereizter Rossi zum mittlerweile tausendfach zitierten Manöver hinreißen. Der Doktor erhielt für die Kollision drei Strafpunkte und muss in Valencia von ganz hinten starten! Marquez? Ging wieder einmal straffrei aus.

Doch damit war es für Marquez mit Schützenhilfe für Lorenzo im WM-Kampf gegen Rossi noch nicht getan. Beim Saisonfinale in Valencia lag der Repsol-Honda-Pilot über die komplette Renndistanz auf Rang zwei hinter Jorge Lorenzo. Ein angriffslustiger Marquez, den wir doch über die gesamte Karriere des jungen Spaniers begutachten durften? Auf wundersame Weise keine Spur davon!

Marquez stellte sich brav hinten an und machte keinerlei Anstalten, auch nur ein Rad neben Lorenzos Yamaha zu setzen. In Sepang gegen Rossi sah das noch ganz anders aus. Als dann kurz vor Schluss der viel schnellere Teamkollege Dani Pedrosa zum überholen ansetzte, wehrte sich Marquez plötzlich wieder in seiner bekannten Manier. Damit verspielten beide Hondas den Sieg - Lorenzo machte Marquez damit allerdings zum Weltmeister.