Auch wenn Max Verstappens zweiter Sieg in Folge die Fahrer-Weltmeisterschaft wieder spannender macht, richten die Teams ihren Blick bereits auf 2026: Nach 2009, 2014 und 2021 steht in der Formel 1 dann erneut eine große Änderung des Reglements an. Die neue Fahrzeuggeneration läutet in Bezug auf Chassis und Power Unit eine neue Ära ein.

Einige Piloten konnten in Hightech-Simulatoren bereits einen ersten Eindruck davon gewinnen, welche Herausforderung sie 2026 erwartet – nicht alle sind begeistert. Mercedes Trackside Engineering Director Andrew Shovlin will die Kritik der Fahrer nicht überbewerten. Aktuell werden die Simulatoren nämlich nicht mit dem aktuellen Stand der Entwicklung gefüttert. Vielmehr testen die Piloten im Simulator ein Auto, dessen Eigenschaften noch gar nicht richtig entwickelt sind.

"Im Simulator haben wir ja nur das virtuelle Abbild eines Autos. Dabei muss man versuchen, vorherzusagen, wo man mit den Abtriebswerten in vier Monaten stehen könnte. Das Ziel besteht darin, repräsentative Ergebnisse zu erzielen, die dem entsprechen, was später tatsächlich aus der Garage fährt", erklärte Shovlin.

Ferrari-Pilot Charles Leclerc brachte es kürzlich auf den Punkt: "Die Entwicklungskurve ist so steil, dass etwas, zu dem du dich heute äußerst, eine Woche später schon wieder ganz anders sein kann." Auch Max Verstappen bleibt dem neuen Reglement gegenüber offen. "Es hat keinen Sinn, jetzt pessimistisch oder optimistisch zu sein. Warten wir es einfach ab", sagte der vierfache Champion.

George Russell in Baku
Die neue Fahrzeuggeneration unterscheidet sich von der aktuellen vor allem in punkto Fahrgefühl, Foto: Getty Images/Mercedes

Was kann die 2026er Fahrzeuggeneration?

Wie bereits bekannt ist, werden die neuen Autos in der Breite von 2,00 auf 1,90 Meter schrumpfen. Der maximale Radstand wird von 3,60 auf 3,40 Meter reduziert. Damit soll nicht nur der Luftwiderstand vermindert werden, sondern auch das Gewicht. Es bleibt beim Ground-Effect-Konzept, allerdings muss der Unterboden wieder flach sein. Dazu verliert er in der Breite 15 cm. Shovlin nennt einen wesentlichen Punkt, in dem sich die neue Fahrzeuggeneration von der aktuellen unterscheidet und der die Piloten freuen wird: das Fahrverhalten.

"Mit den aktuellen Autos haben wir eine akzeptable Lösung gefunden. Aber Fakt ist, dass diese Autos niemals ein gutes Fahrverhalten haben werden", so Shovlin. Mit der neuen Fahrzeuggeneration würde man zu einem Stadium zurückkehren, in dem die Federungen wieder viel weicher eingestellt werden können. "Die Federung wird tatsächlich wieder ihre Aufgabe erfüllen, anstatt nur eine enorme Menge an Abtrieb zu halten. Ich denke, die Fahrer werden dankbar sein, Autos zu haben, die Bodenunebenheiten effizienter ausgleichen", meinte Shovlin.

Überholen bleibt weiter ein Sorgenkind

Ein Sorgenkind bleibt jedoch bestehen: die Überholthematik. Gerade erst in Baku wurde wieder einmal deutlich, wie schwierig das Überholen in der modernen Formel 1 ist. Im gesamten Grand Prix gab es nur 24 Überholmanöver, davon erfolgten sieben beim Re-Start nach der frühen SC-Phase. Danach fuhr sich das Feld fest. Zu Rennende führte Liam Lawson einen DRS-Zug mit Yuki Tsunoda, Lando Norris und Lewis Hamilton an.

"Ein Problem liegt darin, dass die Autos immer effizienter gemacht wurden. Das vordere Auto hinterlässt also nicht mehr so ein großes Loch in der Luft für den Hintermann", erklärte Shovlin. Dass der Windschatten-Effekt immer kleiner wird, liegt auch daran, dass die Autos hauptsächlich Abtrieb über den Unterboden generieren. "Wir sind jetzt an einem Punkt, an dem der sogenannte Monaco-Flügel auf kaum einer Strecke mehr auftaucht. Früher war es so, dass man den Flügel in Budapest und auch in Mexiko eingesetzt hat", so Shovlin.

Heutzutage nutzen die Teams generell kleinere Flügel, die weniger Luftverwirbelungen erzeugen, wodurch auch der Windschatteneffekt geringer wird. "Natürlich wird damit auch der DRS-Effekt kleiner", erklärte der Brite. Bestes Beispiel sei Monza. "Dort ist der DRS-Effekt kaum spürbar, weil der Flügel in seinem High-Downforce-Zustand so effizient ist, dass er kaum Luftwiderstand bietet", sagte Shovlin. 2026 wird DRS durch die Einführung eines Override-Modus abgelöst.

Dabei handelt es sich um einen Modus, der dem Hinterherfahrenden bei höheren Geschwindigkeiten mehr Elektro-Leistung ermöglicht. Im 'normalen' Modus wird die Leistung, welche die MGU-K auf die Kurbelwelle stemmen darf, ab 290 Stundenkilometer sukzessive reduziert. Im Override-Mode darf der Hinterherfahrende bis 337 km/h die vollen 350 Kilowatt der MGU-K abrufen. Dadurch hat der Hinterherfahrende am Ende der Geraden einen deutlichen Geschwindigkeitsüberschuss. Gleichzeitig dürfen im Override-Mode pro Runde 0,5 Megajoule zusätzliche rekuperiert werden. Alle Details dazu gibt es hier: