Spätestens am 30. Juni wird die FIA das Technische Reglement für die Formel 1 ab 2026 veröffentlichen. Bis dahin muss das regulatorische Gerüst für die nächste Generation der Formel-1-Autos stehen. Aktive Aerodynamik, leichtere Boliden sowie schmalere Autos und Reifen werden erwartet. Auf Motorenseite steht das Reglement für 2026 schon seit fast zwei Jahren, doch zuletzt gab es interessante Neuerungen daran.

In der letzten Version des Power Unit Reglements tauchen erstmals die 'Override Mode' genannte Überholhilfe und ein spezieller Passus für besonders Vollgas-lastige Rennstrecken auf. Der letzte Punkt ist auch eine Reaktion auf die heftige Kritik, die vor allem von Red Bull und Max Verstappen aufkam.

Der Weltmeister hatte nach ersten Tests im Simulator bemängelt, dass sich die Geschwindigkeitsprofile nicht nach Rennfahren anfühlen. So hätte er auf der Start- und Zielgeraden von Monza herunterschalten müssen, um die optimale Rundenzeit zu erzielen - weil so die Batterie besonders Rundenzeit-effizient geladen werden kann.

Red Bull wollte deshalb einen höheren Benzindurchfluss aushandeln, um so den Verbrennungsmotor stärker in den Fokus zu stellen. FIA und die anderen Motorenhersteller wollten aber beim ursprünglichen Plan bleiben, der rund 400 Kilowatt starke Verbrennungsmotoren und 350 Kilowatt starke E-Maschinen beinhaltet.

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Trotzdem lag das Problem bei der FIA auf dem Tisch: Für manche Strecken ist einfach nicht genügend elektrische Energie vorhanden, um Geschwindigkeitsprofile zu erzielen, wie sie im Motorsport üblich sind. Die Fahrer sollen auch 2026 ans Limit gehen müssen. Einerseits sollen durch das Chassis-Reglement Formel-1-typische Geschwindigkeitsprofile erreicht werden. Durch weniger Luftwiderstand wird weniger Energie für konstant hohe Geschwindigkeiten auf den Geraden benötigt. Doch das alleine reicht nicht aus.

Spezielle Motor-Regeln für spezielle Strecken

"Wir wollen sicherstellen, dass auf Strecken mit sehr langen Geraden die Leistung über die Geraden hinweg etwas gleichmäßiger genutzt und nicht alles am Anfang aufgebraucht wird", erklärte FIA-Technikchef Nikolas Tombazis im Interview mit Motorsport-Magazin.com.

Rundenzeit-optimiert wird die Energie am Anfang von Geraden abgegeben. Das Problem: Weil die Batteriekapazität - bei nahezu verdreifachter Elektro-Leistung - bei 4 Megajoule bleibt und die Menge an rekuperierter Energie limitiert ist, reicht die Energie nicht für dauerhaften Elektro-Boost. Vor allem auf Highspeed-Strecken könnte es zum von Max Verstappen befürchteten Phänomen kommen.

Deshalb wurden in Version 6 des Motorenreglements gleich mehrere Maßnahmen aufgenommen. Dadurch muss auf Chassis-Seite nicht mehr so extrem gegengesteuert werden. Ein wichtiger Bestandteil der Maßnahmen ist ein spezieller Passus für Highspeed-Strecken.

Langsamerer Leistungsrückgang in Spa, Monza und Co.

Auf Strecken, auf denen mehr als 3.500 Meter Vollgas gefahren wird, gelten andere Regeln als auf 'normalen' Rennstrecken. Die E-Power der MGU-K darf auf den Highspeed-Strecken nicht so schnell zurückgefahren werden wie sonst. Um maximal 50 Kilowatt pro Sekunde darf der Elektro-Schub nachlassen. Auf allen anderen Strecken darf der Elektro-Schub um bis zu 100 Kilowatt pro Sekunde heruntergefahren werden.

Bei einem maximalen Boost von 350 Kilowatt dauert es bei Vollgas so mindestens sieben Sekunden, bis die MGU-K auf Highspeed-Strecken keine Extra-Leistung mehr auf die Kurbelwelle stemmen kann. Dass soll dazu führen, dass die Leistung über die Geraden hinweg gleichmäßiger abgegeben und der Topspeed nicht schon mitten auf der Geraden erreicht wird.

Wie genau der Vollgas-Anteil im Voraus ermittelt und definiert wird, also welche Strecken von der Sonder-Regel betroffen sind, wird noch genauer definiert. Derzeit könnten Jeddah, Silverstone, Spa, Monza, Baku und Las Vegas davon betroffen sein. Das sind Strecken, die einerseits lange Runden, andererseits viele und lange Vollgas-Passagen haben.

Dazu wurde die maximale Ladeleistung für die Batterie auf 100 Kilowatt limitiert, solange der Verbrennungsmotor Leistung abgibt. Dadurch soll verhindert werden, dass zu viel Benzin für das Laden der Batterie verbrannt, also die Power Unit als serieller Hybrid genutzt wird. Die maximale Ladeleistung beim Bremsvorgang bleibt bei 350 Kilowatt.

Keine Elektro-Power bei Formel-1-Höchstgeschwindigkeit

Auch bei der Leistungsabgabe haben die Regelhüter Änderungen vorgenommen, um die Geschwindigkeitsprofile zu kontrollieren. "Wir wollen auch sicherstellen, dass wir auf manchen Strecken keine irrsinnigen hohen Geschwindigkeiten haben. Das haben wir nun auch unter Kontrolle", so Tombazis.

Fernando Alonso (Aston Martin) beim Formel-1-Rennen in Jeddah (Saudi-Arabien) verfolgt von Lando Norris (McLaren).
Vollgas-Kurse wie Jeddah sind für die Formel-1-Zukunft eine Herausforderung, Foto: LAT Images

Von 290 bis 340 Stundenkilometer sinkt die erlaubte Elektro-Power linear mit der Geschwindigkeit von 350 auf 100 Kilowatt. Von 340 bis 345 Stundenkilometer der maximale E-Boost noch einmal linear von 100 auf 0 Kilowatt, bei höheren Geschwindigkeiten muss der Verbrenner alleine ran.

Override-Modus das DRS des Motors

Allerdings gibt es davon eine wesentliche Ausnahme: Den sogenannten 'Override'-Modus. Der ist nicht zu verwechseln mit schon jetzt verfügbaren 'Overtake'-Modus. Mit diesem Überhol-Modus können Piloten schon heute die Power Unit scharf stellen, wenn sie dringend Leistung benötigen. Damit können sie die Batterie entleeren, dürfen aber nicht mehr als die ohnehin geltenden 120 Kilowatt von der MGU-K abrufen.

Den Overtake-Modus kann jedes Team individuell konfigurieren, und er kann immer eingesetzt werden, wenn der Fahrer den entsprechenden Knopf drückt - solange Energie vorhanden ist. Das wird auch 2026 so bleiben. Zusätzlich gibt es aber als Überhol-Hilfe den Override-Modus.

Wann genau, wie oft und wie lange der Modus eingesetzt werden darf, steht noch nicht fest. Das muss das Sportliche Reglement regeln. Denkbar sind ähnliche Vorgaben wie bei DRS oder eine bestimmte Anzahl an Zeitintervallen pro Rennen. Die technischen Parameter stehen aber schon: Im Override-Modus darf bei hohen Geschwindigkeiten mehr Elektro-Power abgerufen werden. Die maximale Leistung der MGU-K sinkt in diesem Modus von 337,5 bis 355 Stundenkilometer linear von 350 Kilowatt auf 0.

Überholhilfe Rekuperation

Damit aber nicht genug Überhol-Hilfe: In der aktuellen Version wurde die zulässige Energiemenge bei der Rekuperation herabgesetzt. Statt 9 Megajoule dürfen nur noch 8,5 Megajoule pro Runde von der MGU-K in die Batterie eingespeist werden. Auf manchen Rennstrecken, auf denen die Energiemenge durch Rekuperation kaum erreicht werden kann, wird das Limit sogar auf 8 Megajoule herabgesetzt.

Dadurch lässt man sich einen kleinen Spielraum nach oben. Denn als zusätzliche Überholhilfe darf unter bestimmten Umständen - die ebenfalls noch genauer definiert werden müssen - ein halbes Megajoule mehr rekuperiert werden. Somit stehen für Zweikämpfe nicht nur mehr Leistung, sondern auch mehr Energie zu Verfügung.

Einen ausführlicheren Artikel zu den Formel-1-Motoren 2026 gibt es in der aktuellen Print-Ausgabe - die allerdings schon ausverkauft ist. Um nicht wieder leer auszugehen, am besten schon heute hier Ausgabe Nummer 97 vorbestellen!