Williams ist in der Formel 1 2025 klar das führende Mittelfeld-Team. Dass die Grove-Mannschaft auch viele Monate nachdem man den Fokus schon auf das kommende Jahr umgeschwenkt hat, immer noch Aufholjagden wie in Form von Alex Albon in Monza zeigen kann, spricht für die starke Performance des FW47.

Doch, dass eine derartige Aufholjagd erst einmal notwendig wurde, hebt auch eine große Schwachelle des Boliden von Albon und Carlos Sainz hervor, an deren Lösung die Williams-Ingenieure Woche für Woche verzweifeln. Wie bekommt man die Reifen in das richtige Fenster? Beim diesjährigen Williams scheint das sehr schwierig zu sein und darunter leidet die Qualifying-Performance, wie Sainz und Albon schon am Monza-Wochenende einhellig betonten.

Keine Experimente mehr: Kann Williams so das Qualifying-Problem beheben?

In Aserbaidschan bliesen die beiden Fahrer in dasselbe Horn. Albon bekräftigte, dass man für Baku die Herangehensweise an das Problem grundlegend umzustellen plane und damit hofft der Reifentemperatur Herr zu werden. "Rückblickend betrachtet hätten wir [in Monza] im Qualifying aufhören müssen zu experimentieren. Wir haben das Problem praktisch bis ins Qualifying gezogen", analysierte der Thailänder.

Deshalb die neue Planung. "Dieses Wochenende werden wir ein bisschen strukturierter angehen. Am Freitag schauen wir, wo wir stehen. Dann wir es noch eine Umstellung für FP3 geben und von diesem Punkt an bleiben wir einfach dabei", beschreibt er die Marschroute. "Dann haben wir vielleicht etwas, das nicht perfekt ist. Aber es ist etwas, ein konstanter Plan, den wir bis ins Qualifying verfolgen. Ohne Chaos."

Das größte Hindernis ist, dass sich die Williams-Probleme nicht einfach nur durch den perfekten Vorbereitungsplan im Qualifying abstellen lassen. Denn Verkehr auf der Outlap kann diesen schnell zunichtemachen. Auch dagegen versucht man aktiv vorzugehen. "Wir versuchen eine schlechte Qualifying-Session zu simulieren, indem wir in den Verkehr rausgehen", so Albon.

Baku als großer Testlauf: "Eine der schwierigsten Strecken" warnt Albon

Bereits der Europa-Abschluss in Monza bot keine einfache Strecke, um die Reifen für das Qualifying richtig temperiert zu bekommen. Baku ist aber erst recht eine Herausforderung, gerade für Williams. "Auf dem Papier ist es eine der schwierigsten Strecken, um die Reifen zum Laufen zu kriegen", so Albon. Denn der Stadtkurs bietet fast keine mittelschnellen oder schnellen Kurven, dafür aber viele 90-Grad-Knicks, die keine große Reifenbelastung hervorrufen, und lange Geraden, die die Temperatur in den Keller treiben.

"Hier bremst man nur auf der Geraden und wenn man die Reifen belastet, dann macht man das mit nur 100 Km/h. Da kommt also nicht viel Energie durch. Es gibt eine schnelle Links und dann die letzten beiden Kurven. Auf den meisten Strecken hat man viel mehr Möglichkeiten, um die Reifen zum Arbeiten zu bringen", beschreibt Albon das Problem. Der Williams benötigt in der Regel mehr Zeit, um die Reifen auf Temperatur zu bringen, was keine guten Vorzeichen für Baku sind.

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Carlos Sainz: Kann passieren, dass Soft langsamer ist als Medium

Doch die Gleichung ist nicht so einfach, dass sie nur Reifentemperatur umfasst, wie Carlos Sainz betont. "Es ist die Zufälligkeit der Reifenvorbereitung, die wir an manchen Strecken haben", so der Spanier. "Manchmal liegt es daran, wie viel ein neuer Reifen die Balance des Autos verändert und auch wenn der Reifen gut funktioniert, dann sind wir mit einem neuen Soft langsamer als mit einem gebrauchten Medium", rätselt er.

Im aktuell extrem engen Mittelfeld der Formel 1 lassen sich derartige Defizite kaum mehr ausgleichen. "Die Mittelfeld-Teams haben in den letzten Rennen aufgeschlossen. [Zu Beginn der Saison] konnten wir uns komfortabel für Q2 oder Q3 qualifizieren, auch wenn unsere Reifenvorbereitung nicht ideal war", stellte Albon fest, "wohingegen jetzt, wenn der Reifen nicht funktioniert, und wir in Q2 vier Zehntel hinter P1 liegen, dann landen wir auf P12 oder P13."

Für Williams stellt sich vor dem F1-Wochenende in Baku also noch einmal dasselbe Dilemma wie in Monza. An sich würde die Highspeed-Strecke ihrem Auto liegen, vor allem im Longrun. Aber gleichzeitig ist bei ihnen die Sorge groß, dass man die Reifen im Qualifying nicht ins richtige Fenster bekommt. Gibt es wie schon beim Italien-GP eine Aufholjagd von Albon oder Sainz? Das Rennen am Sonntag wird es zeigen. Hier findet ihr alle Zeiten für das GP-Wochenende in Aserbaidschan: