Eine Woche nach der Hitzeschlacht in Österreich wollte Mercedes im kühleren Silverstone wieder um die Podestplätze mitkämpfen. Mit Startposition vier standen die Aussichten für George Russells ersten Podestplatz beim Großbritannien-GP gut. Allerdings sollte sich dies bald ändern: Russell überquerte die Ziellinie nur als Zehnter und 'bescherte' der Mannschaft aus Brackley damit nur einen WM-Punkt.

"Ein Unglück kommt selten allein und alles lief gegen uns", gab Russell im Nachhinein wortkarg zu Protokoll. Mercedes ging im wechselhaften Silverstone-Wetter beim Nummer-1-Fahrer ins Risiko und wechselte nach der Formationsrunde auf Slick-Reifen, während sich alle in der Startaufstellung stehenden Piloten für Intermediates entschieden hatten.

Russell gab Position vier für einen Start aus der Boxengasse auf und hoffte auf schneller werdende Rundenzeiten bei abtrocknenden Bedingungen. Den Plan durchkreuzten allerdings Zwischenfälle wie der Ausfall von Gabriel Bortoleto. "Zu Beginn zu stoppen, war keine dumme Entscheidung, weil es für 25 Minuten trocken war", rechtfertigte Russell die riskante Strategiewahl. "Was wir nicht wussten, sind die 15 Minuten Virtuelles Safety Car. Als das Safety Car endete, waren wir fünf Sekunden schneller als die Fahrer auf Intermediates."

Zu seinen Ungunsten war der Slick-Vorteil dann nicht mehr von langer Dauer. Bereits zwei Runden nach VSC-Ende setzte starker Regen ein, der in Runde 10 wieder den Reifenwechsel zurück auf Intermediates erzwang. "Es regnet. Brillant", wusste sich Russell im Cockpit nur noch mit Galgenhumor zu behelfen.

Der Brite war zwar nicht langsam im Regen, jedoch kam er an seinen Konkurrenten nicht vorbei. Die Podesthoffnungen waren zunehmend illusorischer Natur. Von Runde 13 bis 36 hing der 27-Jährige hinter Ferrari-Pilot Lewis Hamilton beziehungsweise Pierre Gasly im Alpine fest und kam auf Biegen und Brechen nicht vorbei. Der Mercedes-Pilot klagte: "Wenn du auf Nummer sicher gehst, kommst du mit einem sicheren Ergebnis nach Hause. Das wäre wahrscheinlich P4. Würde ich mir jetzt P4 wünschen? Aber natürlich."

Kimi Antonelli von Isack Hadjar schuldlos aus den Punkten geworfen

Kimi Antonelli vor Mercedes-Teamkollege George Russel
Für Kimi Antonelli (vorn) war nach Kollision vorzeitig Schluss, Foto: IMAGO / PsnewZ

Bei abtrocknenden Bedingungen konnte Russell, zurück auf Slicks, nicht mit den Mittelfeld-Kalibern Alexander Albon und Fernando Alonso mithalten. Teamkollege Kimi Antonelli kam nicht einmal bis dahin. Nach dem Restart fuhr Isack Hadjar bei widrigsten Sichtverhältnissen dem Mercedes-Junior in Heck und beschädigte große Teile des Diffusors.

"Der ganze Diffusor war hinüber. Das Auto war ziemlich unfahrbar", begründete Antonelli, weshalb er nach nur 23 Runden in der Garage abstellen musste. "Ich war nur Passagier. Aber auch Isack war nur Passagier, weil er nichts sehen konnte, bis er in meinem Heck war." Nach seinem dritten Platz in Kanada musste der 18-Jährige nun mit zwei Unfällen und 0 Punkten in Österreich und beim Großbritannien-GP leben.

"Er [Antonelli; d. Red.] hätte nicht mitten im Feld sein sollen, wo dieses Risiko [eines Unfalls; d. Red.] bestand", sah Teamchef Toto Wolff auch strategische Fehler bei seiner Mannschaft. "Wir haben uns gegen eine geteilte Strategie entschieden. Hätten wir uns dafür entschieden, wäre Kimis Rennen vielleicht anders verlaufen."

Mit nur einem WM-Punkt steht für Mercedes nach dem Silverstone-Rennen die zweitschlechteste Ausbeute des Jahres zu Buche, nachdem die Silberpfeile in Monaco sogar ganz leer ausgingen. "Wir sitzen alle im selben Boot und haben heute insgesamt eine schlechte Leistung gezeigt", konstatierte Toto Wolff.

Die Sensation des Silverstone-Rennens war Nico Hülkenbergs erster Podestplatz nach schier unendlicher Durststrecker. Bei Sauber gab es nur noch pure Ekstase. Christian hat für euch die Eindrücke aus Silverstone im Video:

Hülkenberg-Sensation! Wurde Piastri der F1-Sieg gestohlen? (09:52 Min.)