In seinem siebten Jahr in der Formel 1 gilt Lando Norris eigentlich als einer der besten Qualifying-Fahrer im Feld. Etwas, das lange aufgrund von Mittelfeld-Material unbeachtet blieb, trat vor allem im Vorjahr deutlich zutage. 2025 jedoch ist die Qualifying-Stärke völlig gekippt. Wie schlimm ist das Problem wirklich? Die Daten zeigen ein besorgniserregendes Bild.
Darauf hätte vor dem Jahr wohl niemand getippt. In seinen ersten sechs Jahren, von 2019 bis 2024, fuhr Norris 138 Qualifyings oder Sprint-Qualifyings, die mit dem Teamkollegen vergleichbare Ergebnisse lieferten - sprich, unbeeinflusst von äußeren Faktoren wie Motorstrafen oder Pech waren. 98-mal war Norris schneller als der Teamkollege. 2024 war er mit acht Poles Max Verstappen ebenbürtig, mit einem durchschnittlichen Startplatz von 3,5 zweitbester Mann im Feld.

Die Qualifying-Statistik von Lando Norris in der Formel 1
Jahr | vs. | Stand | Vorsprung |
---|---|---|---|
2019 | Carlos Sainz | 11 zu 10 | - 0,069 |
2020 | Carlos Sainz | 9 zu 8 | - 0,000 |
2021 | Daniel Ricciardo | 15 zu 6 | - 0,425 |
2022 | Daniel Ricciardo | 20 zu 1 | - 0,479 |
2023 | Oscar Piastri | 19 zu 9 | - 0,192 |
2024 | Oscar Piastri | 24 zu 6 | - 0,213 |
Kein einziges Jahr beendete Norris hinter seinem Teamkollegen. Selbst in seinen ersten beiden Jahren und mit deutlich weniger Erfahrung konnte er sich knapp gegen Carlos Sainz behaupten, mehr als ein Unentschieden beim durchschnittlichen Rückstand 2020 schaffte Sainz nicht. Daniel Ricciardo und Oscar Piastri sahen gegen Norris in den darauffolgenden vier Jahren fast gar kein Land.
Diese sechs Jahre sind 2025 schnell vergessen. Nach sechs Qualifyings (fünf GPs, ein Sprint) liegt Norris teamintern gegen Piastri 4 zu 2 im Rückstand. Im Schnitt ist Piastri 0,185 Sekunden schneller, umgerechnet zur Neutralisierung von Streckenlängen sind das 0,2 Prozent.
2025 | vs. Piastri |
---|---|
Stand | 2 zu 4 |
Zeit-Schnitt | + 0,185 |
%-Schnitt | 0,2 % |
Startplatz | 4,7 zu 2,0 |
Nach dem Crash von Saudi-Arabien ist die durchschnittliche Startposition wegen dem 10. Platz von Norris statistisch der größte Ausreißer. Aber schon davor hatte Norris Ausreißer, die Piastri - der jedes Rennen aus den Top-3 in Angriff nahm - nicht hatte. Die Ursachenforschung führt tiefer hinein in Norris' Q3-Bilanz. Und die ist der wirklich ernste Anlass zur Sorge.
Besorgniserregende Q3-Fehlerquote von Lando Norris in der Formel 1 2025
Für Fahrer in Top-Autos zählt im Formel-1-Qualifying effektiv nur eines: Die Leistung im letzten Segment. Davor ist Norris 2025 bislang gewohnt souverän, aber Q2-Bestzeiten sind nur Formsache in einem McLaren MCL39. Vergleicht man aber Norris' Bilanz auf allen seiner Q3-Versuche mit denen seiner WM-Hauptgegner Piastri und Max Verstappen, so zeichnet sich ein düsteres Bild.
Q3-Versuch | Norris | Piastri | Verstappen |
---|---|---|---|
Australien 1 | Fehler | P4 (Fehler) | P1 |
Australien 2 | POLE | P2 | P3 |
China-Sprint 1 | P3 (Fehler) | P1 | - |
China-Sprint 2 | Fehler | P3 | P2 |
China 1 | P2 | P1 | P3 |
China 2 | Fehler | POLE | P4 |
Japan 1 | P5 | P1 | P2 |
Japan 2 | P2 | P3 | POLE |
Bahrain 1 | P3 | P1 | P8 |
Bahrain 2 | P6 (Fehler) | POLE | P7 |
Saudi-Arabien 1 | Unfall | P2 | P1 |
Saudi-Arabien 2 | - | P2 | POLE |
Saubere Versuche | 5 / 11 | 11 / 12 | 11 / 11 |
Nicht einmal die Hälfte seiner Q3-Runden hat Norris in diesem Jahr sauber über die Bühne gebracht. Die Ausschussquote ist verglichen mit anderen Topfahrern enorm. Auch Runden, die er mit einer Verbesserung beendet, sind oftmals nicht schön anzuschauen. In China hatte er zu Beginn von SQ3 sowie im entscheidenden Q3-Versuch sichtlich Mühe damit, das Grip-Limit in der ersten Kurve zu finden. Ähnlich sahen die ersten Kurven im ersten Q3-Run von Japan und im zweiten Q3-Run von Bahrain aus.
McLaren am Limit für Lando Norris 2025 nicht fahrbar?
Das steht in völligem Kontrast zur gewöhnlich starken, sprich völlig normalen, Rennpace von Norris. Und erst recht zu seinen Q2-Ergebnissen. Im mittleren Qualifying-Segment war er fünfmal Erster und einmal Zweiter. Das illustriert genau das Defizit, welches McLaren-Teamchef Andrea Stella seit drei Wochen wiederholt in den Fokus stellt: "Wenn er die letzten Millisekunden aus dem Auto quetschen will, dann reagiert es nicht so, wie er es erwartet."
Es geht auf ein generelles Problem des neuen MCL39 zurück, ist sich Stella inzwischen sicher: "Das Feedback, das man am Limit erhält, ist recht stumpf. Die Fahrer müssen fast raten, wie das Auto sich verhält." Piastri kommt damit bislang besser zurecht. Norris schafft es nicht, sich anzupassen, obwohl er den ganzen Triple-Header seit Japan damit verbracht hat, in den Daten zu wühlen und bei Setup und Fahrstil nach Antworten zu suchen.
Stella nahm Norris zuletzt in Schutz, und das Team in die Pflicht. So einfach ist das Produzieren einer technischen Lösung aber wohl nicht, wenn man etwa Mark Temple, den für die Performance-Abteilung zuständigen Technischen Direktor, am Saudi-Arabien-Wochenende zuhörte: "Wir wissen, was wir am Auto geändert haben, aber was genau wieviel dazu beisteuert, dass das Gefühl der perfekten Verbindung fehlt, das ist schwer einzuschätzen."
"Wir haben lange Diskussionen mit ihm, schauen die Daten an, verstehen die Änderungen", so Temple. Nur: "Es gibt keine offensichtliche nötige Änderung. Wir müssen einfach weiter ins Detail gehen, aber mit gebotener Vorsicht. Damit wir zum einen keine Performance wegwerfen, und zum anderen nicht etwas fabrizieren, das es für ihn noch schwieriger macht."
Für Norris drängt die Zeit. In Saudi-Arabien verlor er die WM-Führung an Piastri. Und in der 2025 stark von Dirty Air geprägten Formel 1 ist Überholen sehr schwierig. Die ersten warnen vor einer Qualifying-WM. Da auch nur für einen Teil des Jahres eine Qualifying-Schwäche zu haben, kann eine Vorentscheidung sein.
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