Drei Punkte Puffer hat Lando Norris in der Fahrer-WM der Formel 1 aktuell auf seinen Teamkollegen Oscar Piastri. Aber die Formkurve sagt etwas anderes: Norris holte nur in Australien Pole und Sieg. Seit China hat Piastri ihn drei zu eins ausqualifiziert, zwei Poles, zwei Siege und satte 20 Punkte mehr geholt. Vor Saudi-Arabien zieht Norris eine ernüchternde Zwischenbilanz über seine Probleme mit dem aktuell besten F1-Auto.

Zum einen machte Norris, besonders in Bahrain, zahlreiche kleine Fehler. Doch die überschattet ein fundamentales Problem mit einem Auto, dass sich - zumindest für Norris - im Qualifying zu nervös verhält: "Es geht um ein Problem, das Limit des Autos zu spüren und zu verstehen. Das ist verglichen mit dem Vorjahr völlig anders und erlaubt es mir einfach nicht, meine Fähigkeiten so auszuspielen, dass ich wie im Vorjahr auf einem sehr, sehr hohen Level abliefern kann."

Im Vorjahr war Norris mit 20 zu 4 im Grand-Prix-Qualifying der klare teaminterne Samstags-Meister, und mit 8 Poles teilte er sich mit Max Verstappen den ersten Platz in der Saison-Bestenliste. "Mein Selbstvertrauen gegen Saisonende war sehr hoch, einfach weil ich das Auto verstanden habe, und wie ich das Beste rausholte. Jetzt kann ich das nicht, einfach weil das Gefühl weg ist und es überhaupt nicht zu meinem Fahrstil passt."

Lando Norris muss umstellen: Noch nie drüber nachgedacht

Im Winter hat McLaren einiges am Auto umgebaut, unter anderem auch die Vorderrad-Aufhängung, und dadurch entstandene neue Eigenheiten des MCL39 scheinen Norris schlichtweg Probleme zu bereiten: "Ich hasse es einfach, dass ich nicht weiß, wie ich rausfahre und eine Qualifying-Runde abliefern kann."

Von McLaren heißt es seit Japan, dass man weiß, wo die Probleme liegen. "Bei gewissen Dingen habe ich meinen Ansatz, meinen Fahrstil mir angeschaut", meint Norris. "Zeug, über das ich davor wohl noch nie nachgedacht habe, weil es nicht meine normale Art und Weise ist, wie ich fahre oder denke."

Aber völlig ausgeräumt werden kann das Defizit nur durch echte technische Updates, schätzt das Team. So rechnet Norris auch für Saudi-Arabien damit, dass es im Qualifying besonders gegen Teamkollege Piastri nicht leicht sein wird. Da muss sich Norris jetzt auch mental festhalten, während Piastri teamintern den Druck auf ihn erhöht.

Norris mental angezählt? Muss mich zwingen, Erfolge zu feiern

F1-Experten äußerten in den letzten Tagen so wiederholt Zweifel an Norris' mentaler Fähigkeit, gegen Piastri zu bestehen. Die kleinen Fehler aus Bahrain wiegen bei dem Thema schwer, denn zu weit vorne in der Startbox zu stehen oder einen Zweikampf schlecht einzuschätzen und abseits der Track Limits zu überholen hat nichts mit Norris' Problemen mit dem MCL39 zu tun, die sich explizit nur auf das Qualifying beschränken.

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Norris räumt ein, dass er in den Tagen zwischen Bahrain und Saudi-Arabien einen kleinen Reset brauchte: "Ich versuchte mich dazu zu zwingen, mich daran zu erinnern, was für ein Erfolg der Start in diese Saison war." Immerhin führt er die WM an. Aber nicht so einfach: "Ich muss an die guten Dinge erinnert werden, anstatt dass ich mich selbst an sie erinnern kann."

"Das ist vielleicht eine Haltung, an der ich arbeiten muss", urteilt Norris. "In 95 Prozent der Fälle ist es gut, dass ich hart mit mir selbst ins Gericht gehe, und das macht mich zu dem, der ich bin. Aber ich akzeptiere auch, dass die letzten paar Prozent sehr wichtig sein können, und dass ich da vielleicht zu viel Negatives sage, und dann damit den Kopf voll habe und nicht ausreichend ans Positive denke."

Nach Reflexion ist Norris so jetzt durchaus der Meinung, dass er wieder in die Spur finden kann: "Die Tatsache, dass ich noch immer in der WM führe und dass der Start ins Jahr nicht grauenvoll war, das gibt mir mehr Hoffnung als alles andere, dass es bald wieder Klick machen kann und die Dinge sich in die richtige Richtung bewegen."