Saudi-Arabien wollte für die Formel 1 stets ein besonderes Spektakel sein. In Jeddah entwarf man für die Weltmeisterschaft dementsprechend das, was man damals für das Debüt 2021 als schnellsten Straßenkurs der Welt titulierte. Ein 6,174 Kilometer langer Betonkanal war das Produkt. Der Qualifying-Schnitt beträgt über 250 km/h. Ein Adrenalinkick sondergleichen für die Fahrer - die dadurch nicht unbedingt erfreut sind.

So schlimm wie beim ersten Mal ist es zwar nicht mehr. In der ersten Ausgabe geriet die Strecke recht schnell in die Kritik, weil in den langgezogenen Highspeed-Kurven die Wände teils bis direkt zum Scheitelpunkt reichten. Wenn im engen Feld in den ersten Runden hier ein Unfall passiert, ist die Gefahr eines Folgecrashs immens.

Inzwischen wurden ein paar Wände verrückt, die Sichtlinien sind besser, aber man kann nur so viel machen - die Wände werden letztendlich immer nah und das Tempo immer hoch sein. "Blind in vielen Kurven, du musst nah an der Wand voll riskieren, bei manchen Kurven fast mit 300 km/h, das ist ziemlicher Wahnsinn", meint Esteban Ocon. Zum Vergleich: In Monaco beträgt der Qualifying-Schnitt gut 170 km/h - 80 km/h unter Jeddah.

Formel-1-Strecke in Saudi-Arabien als ultimativer Adrenalin-Kick

Die Fahrer stehen der latenten Gefahr in Jeddah ambivalent gegenüber. "Ich freue mich darauf, der Grip ist hoch, du musst nah ran an die Wände, und das macht viel Spaß", beschreibt es Ocon. Pierre Gasly schlägt in die gleiche Kerbe: "Da kriegst du richtig einen Adrenalinstoß, besonders im ersten Sektor." Dort liegen eine Reihe an schwierigen schnellen Kurven, die nicht einfach nur mit Vollgas durchfahren werden, sondern auch Fahrerkönnen verlangen.

"Die Richtungswechsel im ersten Sektor sind spektakulär, auch das Tempo", bestätigt Nico Hülkenberg. Letztes Jahr blieb er im Qualifying in dieser Gegend liegen und konnte den Rest der Zeitenjagd auch von außen verfolgen: "Schon beeindruckend, das von außen zu sehen, richtig cool. Ich mag es hier. Eine Herausforderung, sicher eine harte, aber eine gute."

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Mick Schumacher zeigte in diesem ersten Sektor 2022 dafür, was schiefgehen kann. Er saß auf dem Kerb auf, das Auto brach aus und schlug heftig in eine ungeschützte Betonwand ein. Er war an der Stelle nicht der einzige, auch die Formel 2 sah dort schon heftige Abflüge. "Letztendlich ist es F1, irgendwo wird es immer Sorgen um die Sicherheit geben", zuckt Gasly mit den Schultern. "Wirklich im Hinterkopf habe ich das nicht."

Formel-1-Fahrer in Jeddah: Keine Angst, aber Erleichterung

"Ich fahre da raus und weiß, dass ich ein starkes Auto habe, dass ich alles unter Kontrolle habe, und ich fühle mich im Auto sicher", meint Gasly. "Unkomfortabel ist es nur, wenn Leute vor dir auf einer langsamen Runde sind, während du pushst. Mit diesen schlechten Sichtlinien kommst du sehr schnell daher und hast oft sehr wenig Zeit, um zu reagieren. Aber das hängt an uns, dass wir da vorsichtig sind und uns alle respektieren."

So überwiegt bei manchen nach dem Wochenende dann doch die Erleichterung, meint Esteban Ocon: "Du kommst ins Ziel und denkst: Okay, es ist vorbei. Gut. Ich habe, was ich wollte. Denn das Risiko, das wir hier als Fahrer eingehen müssen, ist Wahnsinn. Ich denke, wir werden froh sein, wenn es vorbei ist und wir ein solides Ergebnis haben

"Macht alles Spaß, aber wenn es vorbei ist kannst du durchatmen, und es fühlt sich gut an", lautet Ocons Fazit also. Für die fünf F1-Rookies, die hier zum ersten Mal ein F1-Auto bewegen, ist das Rennen erst recht eine Herausforderung. Aber sie kennen die Strecke bereits, fuhren alle hier an einem Punkt in der Formel 2.

Jack Doohan feierte hier sogar einst sein F2-Debüt: "War ein Schock, aber dann habe ich mich schnell in die Strecke verliebt. Seither war es jedes Mal toll, hier zu fahren." Doohan hat absolut keine Angst: "In Jeddah, oder in Monaco, habe ich mein Herangehen nie drastisch verändert. Aber vielleicht ist das Gefühl in einem Formel-1-Auto noch ausgeprägter."