Ausgerechnet die amtierenden Konstrukteurs-Weltmeister sind die ersten, die 2025 ihr neues Formel-1-Auto präsentieren. An einem verregneten Donnerstag geht der McLaren MCL39 in Silverstone erstmals bei einem Filmtag auf die Strecke. Überraschend früh. Die Ambitionen sind allerdings himmelhoch. Und mit ihnen das Risiko.
"Mit unseren zwei Fahrern sind wir in der bestmöglichen Position, jetzt lastet der Druck auf dem Team", weiß Teamchef Andrea Stella. 2025 kann sich McLaren bei der Präsentation keine Bescheidenheit mehr leisten. Man muss es freiheraus aussprechen, dass beide WM-Titel das Ziel sind, alles andere wäre jetzt unzulänglich. Deshalb will das Team im letzten Jahr der aktuellen Regeln alle Register ziehen.
"Letztes Jahr konnten an jedem Wochenende vier Teams um Siege fahren, und dann bist du sehr schnell statt auf Pole nur mehr der Achte", weiß Stella. "Also haben wir Vollgas gegeben." Im Winter will McLaren sich jedes einzelne fundamentale Bauteil am Auto angesehen haben. Überall hat man etwas gefunden.
"Teilweise waren das nicht nur marginale Gewinne", so Stella. Primär war die Entwicklung auf mehr Abtrieb ausgerichtet, der zugleich mit weniger Luftwiderstand effizienter generiert wird. Logisch - die aktuelle Auto-Generation der Formel 1 ist eine sehr reife. Jeder weiß, was er in den Grundzügen tut. Revolutionäre Konzept-Entdeckungen gibt es keine mehr.
Test in Silverstone: Erster Blick auf innovativen neuen F1-McLaren
Dennoch bezeichnet Stella den MCL39 als innovativ: "Es ist ein Auto, mit dem wir in vielen Bereichen, darunter beim fundamentalen Layout, die Messlatte versucht haben höher zu legen. Sicherlich etwas, das wir uns sehr sorgfältig überlegt haben, weil der MCL38 schon ein wettbewerbsfähiges Auto war."
"Aber letztendlich haben wir auf einen recht herausfordernden Ansatz in Sachen Innovation gesetzt", kündigt Stella an. Von den wenigen Bildern vom Filmtag in Silverstone lassen sich die Details da noch nicht erkennen. Die aerodynamische Grundform erinnert noch stark an den Vorgänger. Stella: "Primär ging es um bessere aerodynamische Effizienz, damit unsere Aero-Kollegen mehr Platz für ihre Geometrien haben."

Bei der Nase wurde leicht weiterentwickelt. Der Lufteinlass über dem Cockpit ist ovaler, etwas gequetschter. Die Lufteinlässe in den Seitenkästen sind jetzt vertikaler, ähnlich dem Design, welches zuallererst im Vorjahr von Red Bull und Ferrari und in weiterer Folge von Mercedes implementiert wurde.

Darüber hinaus wurden aber auch die Aufhängungs-Designs ordentlich verschärft. "Wir wollten ein paar Dinge in Sachen Interaktion mit den Reifen und Longrun-Pace verbessern", sagt Stella. "Natürlich gibt es auch ein bisschen Tuning bei der Aufhängung in Sachen mechanischem Grip. Aber primär dient die Aufhängung heute der Aerodynamik."
McLaren nach Vorjahr gewarnt: Updates müssen 2025 schnell kommen
Warum McLaren auf Risiko schwört ist bei einem kurzen Rückblick auf 2024 klar. Dort war das Team als teils nur vierte Kraft gestartet, hatte sich erst mit dem Miami-Update in ein Siegerteam verwandelt. Stella predigt auch heute noch, dass in diesem anfänglichen Durchhänger ein Hauptgrund für die verlorene Fahrer-WM zu sehen sei.
Obendrauf war der Vorsprung auf die drei Hauptgegner im Spätherbst verschwindend gering. "Also mussten wir wie gesagt aggressiv mit dem Auto sein, um gleich so viel Performance wie möglich einzukassieren. Bei so kleinen Lücken hätten wir sonst sehr schnell alle etwaigen Vorteile verloren, die wir vielleicht noch hatten."
Generell ist ein Filmtag mit dem fertigen Auto fast zwei Wochen vor den offiziellen Testfahrten sehr früh. "Nicht alles war für das Launch-Auto bereits hinlänglich ausgereift", so Stella. Er kündigt diesbezüglich an, dass sich bis zum Bahrain-Test trotzdem nicht viel am Auto ändern wird. Aber schon sehr früh in der Saison sollen dann die ersten Update-Pakete kommen. "Mit diesen jetzt sehr stabilen Regeln ist es eine Herausforderung, zu entwickeln. Deshalb mussten wir uns eben auch das fundamentale Layout ansehen, anstatt einfach mit dem Platz zu arbeiten, den das 2024er-Auto uns bot."
Dabei half McLaren auch, dass man im zweiten Halbjahr 2024 noch relativ viel Zeit in der nach WM-Wertung gestaffelten Windkanal-Tabelle zugestanden bekam. Als amtierender Weltmeister bekommt das Team jetzt im ersten Halbjahr 2025 (genauer gesagt seit dem 1. Januar) dafür die kleinste Zuweisung, verliert effektiv 10 Prozent. Da macht es Sinn, aggressiv-vorlastig zu entwickeln.
Zumindest auf dem Papier und in den Simulations-Zahlen soll das Projekt ein Erfolg sein. Stella spricht von einem Schritt, der vergleichbar ist mit den anderen großen McLaren-Updates der letzten Jahre: "Das ist gut. Das zeigt, dass wir noch nicht an Fahrt verloren haben." Alle Bilder vom McLaren MCL39 auf der Strecke gibt es hier:
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