Straf-Lobbying wurde bei der Formel 1 in Katar großgeschrieben. Max Verstappen war nach dem Rennen noch immer erhitzt darüber, dass George Russell ihn im Stewards-Büro um die Pole gebracht hatte. Aber Verstappen selbst war des Lobbyings nicht verlegen - und schnell dabei, Lando Norris während dem Rennen eine Strafe für ein Gelb-Vergehen anzuhängen. Was sein Leben um einiges einfacher machte, das steht fest.
Verstappen und Norris hatten davor das Rennen unter sich ausgefahren. Beide hatten am Start Polesetter Russell in der ersten Kurve abgefertigt. Nach einem frühen Safety Car waren sie schnell davongefahren und hatten nach 20 Runden unter Grün bereits über zehn Sekunden Puffer auf ihren ersten Verfolger. Klar war da: Der Sieg war ein reines Duell.
"Das Team hat mir ein tolles Auto hingestellt, locker das schnellste", urteilte Norris nach dem Rennen. Das unterstrich er damit, dass er sich von Verstappen trotz verwirbelter Luft partout nicht abschütteln ließ. In Runde 30 wurde es dann langsam Zeit für eine Vorentscheidung. Norris hatte vier Runden davor versucht ins Undercut-Fenster zu fahren, aber Verstappen hatten den erfolgreich abgewehrt.
Verstappen entledigt sich Norris mittelts Funk-Beschwerden
Dann landete ein Rückspiegel auf der Zielgeraden. Die beiden Führenden passierten die Stelle just als kurz doppelgelbe Flaggen ausgerufen wurden. Verstappen entging nicht, dass Norris wenige Kurven später nicht mehr die üblichen 1,8 Sekunden, sondern 1,3 Sekunden dran war: "Ich wusste, ich hatte rausgenommen, weil ich Doppelgelb sah."
"Dann habe ich gefragt, ob er rausgenommen hat, weil er glaube ich zum gleichen Zeitpunkt DRS von einem Überrundeten hatte", so Verstappen. Beide hatten gerade den Sauber von Valtteri Bottas passiert. Norris genau so, dass er kurz DRS hatte.
"Es war einfach eine normale Frage", hält Verstappen nichts von Kritik an der Meldung. Norris genauso wenig: "Macht jeder. Hätte ich auch." An der Red-Bull-Box checkte man die Live-Daten des GPS-Systems und sah Norris mit DRS voll durchziehen. Prompt rief Red Bulls Sportdirektor den Rennleiter an und machte weiter Druck, bis zur Ermittlung, und schließlich zur Strafe.
Damit wurde Verstappens Rennen einfach. Der neue Zweite Charles Leclerc konnte diese Pace nicht mitgehen. Bis ins Ziel kontrollierte der Red Bull die Lücke bei sechs Sekunden. Während der McLaren aber auf dem Hard wohl sogar noch besser war. "Wir haben das schon oft diese Saison gesehen, dass wir gegen Rennende zusätzliche Performance aus dem Hard rausziehen können", so Teamchef Andrea Stella.
Verstappen bricht Norris schon vor der Strafe
Doch ein Sieg schien immer außer Griffweite. Beginnend mit dem Ablauf des Medium-Stints zu Rennbeginn. Den fuhr Verstappen unter Norris' Druck souverän herunter. "Lando hat ihm die Zeit in den schnellen Kurven 12, 13 und 14 abgenommen, wo Max seine Reifen äußerst gut gemanagt hat", beschreibt Red-Bull-Teamchef Christian Horner. "Seine Reifen waren die besten unter den Top-4."
Das wurde erst recht kritisch, als der Spiegel auf der Strecke landete. Plötzlich starrten die Strategen auf ein Trümmerteil und wunderten sich, ob nicht gleich ein Safety Car kommen würde. "Wir spielten Roulette, weil der Reifen ironischerweise schneller wird, je weiter du ihn bis auf die Karkasse runterfährst", so Horner. "Aber du willst nicht stoppen, denn sonst könnten die anderen hinter dem Safety Car 10 Sekunden gewinnen."
Der Verschleiß war in Katar hoch, was aber keinen Pace-Einbruch bedeutete. Erst als in Runde 34 gleich zwei Fahrer Reifenschäden erlitten, zog man an der Spitze die Reißleine. McLaren holte zuerst Oscar Piastri an die Box, eine Runde später kamen Verstappen und Norris gleichzeitig. Verstappen hatte das russische Reifen-Roulette gewonnen.
Und das mit Nachdruck. Zur Erinnerung: Norris gewann durch seinen Gelb-Verstoß in Runde 30 eine halbe Sekunde. Die fuhr Verstappen innerhalb von nur zwei Umläufen wieder heraus. Dann schien der McLaren-Widerstand auf dem Medium gebrochen. Bis zum Boxenstopp wuchs die Lücke erstmals auf über zwei Sekunden. Damit war Norris nie in Position, strategisch beim Stopp Druck auszuüben.
Dafür spielte Verstappen sein Können aus: "Er war immer schnell in der letzten Kurve. Die war für uns schon im Qualifying eine Schwäche. Ich habe es aber fast jedes Mal über die ganze Runde hinweg ausgeglichen. War toll, hat Spaß gemacht. Es geht nur darum sicherzugehen, dass du keine Fehler machst."
Die kontrollierte Verstappen-Fahrt war zu viel für Norris. Damit stand fest, dass er beim Boxenstopp sicher wieder hinter dem Red Bull gelandet wäre. Und bessere Hard-Performance von McLaren hin oder her - die verwirbelte Luft ist in den schnellen Katar-Kurven übermächtig. "Sobald du unter einer Sekunde dran bist, verlierst du viel in den Kurven", so McLaren-Teamchef Stella. "Wir hätten das Rennen nicht unbedingt gewonnen."
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