Am Samstag in Brasilien musste die Formel 1 vor dem Wetter kapitulieren. Zu starker Regen machten das Qualifying unmöglich und erzwangen eine Verschiebung auf den Sonntag. Es ist nicht das erste Mal, und es ist sicher auch nicht das erste Mal, dass die Weltmeisterschaft an den Elementen zerbricht.
In ihrer 70-jährigen Geschichte hat die Formel 1 bereits viele Verschiebungen, Absagen und Chaos-Aktionen erlebt. Rennen zwischen 20 Minuten und vier Stunden, Klimawandel während der Session - Motorsport-Magazin.com blickt zurück auf die berühmtesten Wetterprobleme.
Formel 1 Spa 2021: Der Grand Prix ohne Rennen
Das jüngste Wetter-Chaos wird der Formel 1 ewig anhängen, eben weil sie in diesem Fall das Rennen nicht absagte, sondern durchzog. Beziehungsweise es mit Gewalt versuchte. 2021 herrschte beim Belgien-GP in Spa das ganze Wochenende schlechtes Wetter. Schon am Samstag sorgten Wolkenbrüche für ein problematisches Qualifying inklusive eines schweren Unfalls von Lando Norris in Raidillon.
Der Sonntag sollte trotzdem stattfinden. Sintflutartige Regenfälle pünktlich zum Start sorgten für den ersten Abbruch nach mehreren Formationsrunden. Dann begann das schier nicht enden wollende Warten auf bessere Bedingungen. Die Rennleitung hebelte die Dreistunden-Regel mit höherer Gewalt aus. Erst nach 3 Stunden und 17 Minuten begannen offiziell mit einem "Start hinter dem Safety Car" die Runden zu zählen. Mehr als diese Safety-Car-Runden gab es nicht. Denn in der dritten wurde wieder abgebrochen. Zu schlecht waren die Bedingungen.
Der eine Safety-Car-Versuch reichte jedoch, um das Rennen mit einer Runde, einer Distanz von 6,88 Kilometern und einer Dauer 3 Minuten und 27,071 Sekunden in die Wertung zu nehmen und halbe Punkte zu vergeben. Das kürzeste Rennen der Geschichte. Mit dreieinhalb Stunden Wartezeit, und null echter Renn-Action. Die ganze F1-Welt verteufelte den Nachmittag als Farce. Inzwischen wurden die Punkte-Regeln geändert und schreiben Runden unter Grün vor.
Formel 1 Adelaide 1991: Das ehemals kürzeste Rennen der Geschichte
Grenzwertige Regenfälle gab es auch 1991 in Adelaide zum Australien-GP, der vor Belgien 2021 den Rekord als kürzestes Rennen gehalten hatte. Ein Wolkenbruch kurz vor dem Start stoppte das Event jedoch nicht - vielleicht hätte er das sollen. Regenmeister Ayrton Senna fuhr vorne weg und damit auf dem einzigen Platz, der kurz mal freie Sicht hatte. Hinter ihm die Sintflut, buchstäblich.
Die Dreher begannen sofort, in Runde vier der erste Ausfall. Gelbe Flaggen überall. Das Wasser wurde nicht weniger, sondern mehr. Aquaplaning warf immer mehr Fahrer aus dem Rennen, ohne dass sie etwas dagegen tun konnten. Nach 16 Runden war das Chaos nicht mehr zu überblicken. Senna forderte per Handzeichen aus dem Cockpit Abbruch, er war nicht der einzige. Die Rennleitung beendete nach nur 24 Minuten und 34 Sekunden. Das kürzeste Rennen, das sich auch Rennen nennen darf.
Formel 1 Suzuka: Drei Mal kein Glück in der Taifun-Saison
Ganztages-Ausfälle gibt es in der Formel 1 immer wieder einmal, besonders in Japan. Der lange traditionelle Herbsttermin des Grand Prix überschneidet sich gerne mit der Taifun-Saison. 2004 flutete Taifun Ma-on die Strecke. Der ganze Samstag wurde nach einem chaotischen Freitag in weiser Voraussicht abgesagt und am Sonntagvormittag nachgeholt. Das Szenario wiederholte sich 2010. Damals waren die Prognosen nicht ganz so schlimm, folglich wurde in der Boxengasse einen Tag lang zugewartet, bis man absagen musste.
Am 12. Oktober 2019 legte Supertaifun Hagibis nach. 250 km/h sollten die Windspitzen betragen, so die Prognose - dass da an Fahren nicht zu denken war, stand außer Frage. Wieder wurde der ganze Samstag in weiser Voraussicht abgesagt und am Sonntag nachgeholt.
Übrigens geht das auch abseits von Suzuka: 2013 in Australien und 2015 in den USA konnte man am Samstag auch nicht fahren. Eine faszinierende Gemeinsamkeit tat sich dabei auf: Immer holte ein Deutscher die Pole. Suzuka 2004 ging an Michael Schumacher, 2010 an Sebastian Vettel, Australien 2013 wieder Vettel, 2015 in den USA war es Nico Rosberg, und 2019 in Suzuka wieder Sebastian Vettel.
Formel 1 Montreal 2011: Das längste Rennen der Geschichte
Durch das Wetter verkürzte Rennen gibt es in der Formel 1 immer wieder. Genauso aber verlängerte. Das berühmteste war der Kanada-GP des Jahres 2011. Zum Rennstart war der Regen noch unter Kontrolle, nach fünf Runden hinter dem Safety Car konnte es losgehen. Doch die Prognosen sahen düster aus, und sie sollten sich bewahrheiten. Beim ersten starken Regensturm war Schluss. Das Rennen wurde unterbrochen. Aber nicht abgebrochen. Über zwei Stunden lang standen die Autos unbewegt in der Startaufstellung. Dann ein Wunder: Es klarte auf. Es sollte doch weitergehen.
Nicht nur das - in einer dramatischen Schlussphase trocknete es sogar auf. Slicks waren angesagt. Mischwetter-Spezialist Jenson Button timte seinen sechsten Boxenstopp in einem Rennen mit sechs Safety-Car-Phasen genau richtig und jagte in der letzten Runde Sebastian Vettel den Sieg ab. Nachdem er im Laufe des Rennens nach Reifenschaden und Strafe schon Letzter gewesen war. 4 Stunden und 4 Minuten dauerte dieses Schauspiel und findet sich immer wieder auf Listen der spektakulärsten F1-Rennen aller Zeiten wieder.
Formel 1 Fuji 1976: Die WM-Entscheidung muss gefahren werden
1976 freute sich die Formel 1 beim Saisonfinale in Japan auf einen wahrhaft gigantischen Titelkampf. James Hunt gegen den nach seinem schweren Nürburgring-Crash zurückgekehrten Niki Lauda. Dichter Nebel und starker Regen aber schickten sich am Renntag an, ihnen einen Strich durch die Rechnung zu machen.
Auch hier wurde der Start verzögert, trotz Sicherheitsbedenken vieler Fahrer dann doch durchgezogen. Unter den Besorgten auch Lauda, der kurz nach dem Start mit mehreren Kollegen an die Box kommt und aufgab. Es sei unfahrbar, das war Lauda die WM nicht wert. Das Finale büßte trotzdem nichts von seiner Dramatik ein. Das Wetter wurde nämlich besser, während Lauda schon auf dem Weg zum Flughafen war. Hunt holte trotz spätem Reifenschaden die notwendigen Punkte und wurde Weltmeister.
Formel 1 Nürburgring 1968: Stewart wandelt durch den Nebel
Mit Nebel hat man auf dem Nürburgring schon viele Erfahrungen gemacht. Nicht nur das berühmte 24-Stunden-Rennen musste mehrmals deshalb unterbrochen werden, auch in der Formel 1 machte Nebel Probleme. 1968 wurde zwar im August gefahren, aber nach durchgehenden Regenfällen war die Nebelsuppe unvorstellbar dicht.
Am Freitag wurde ein paar Minuten am Vormittag gefahren. Am Samstag wurden ein paar Minuten am Nachmittag gefahren. Schließlich wurde am Sonntag noch ein zusätzliches Training eingefügt. Zu sehen war nichts. Die Fahrer wurden befragt. Mit fast einer Stunde Verspätung ging es los. "Die Sicht war so unglaublich grauenvoll, dass ich nicht einmal Chris [Amons] Auto vor mir sehen konnte", erinnerte sich Jackie Stewart in seiner Autobiografie.
Stewart löste das Problem auf seine Weise. Er übernahm die Führung in der ersten Runde, und ließ sich von Sturzbächen auf der Strecke nicht aus der Ruhe bringen. Mit vier Minuten Vorsprung fuhr er zum Sieg.
Formel 1 Spa 1966: Regenwand versenkt sieben Autos
Als eines der größten Chaos-Regenrennen ging der Belgien-GP von 1966 in Spa in die Formel-1-Geschichte ein. Vor dem Start wusste aber noch niemand davon. Als das Rennen losging, war es staubtrocken. Ferrari-Pilot John Surtees übernahm in der ersten Kurve in Führung. Es ging den Berg hoch - und nach dem ersten Drittel der Strecke plötzlich in einen monumentalen Regenguss, den die Fahrer später als eine Wand aus Wasser beschrieben.
Diese Wasserwand hing mitten in der langen Burnenville-Rechtskurve, und auf den nächsten Kilometern herrschte plötzlich Weltuntergangsstimmung. Nicht weniger als sieben der 16 gestarteten Autos schwammen auf und crashten aus dem Rennen. Diese dramatische Sequenz wurde zufällig für den Film 'Grand Prix' von einem von Phil Hill pilotierten Kameraauto festgehalten.
Am schlimmsten erwischte es Jackie Stewart. Er verlor vor der Highspeed-Schikane 'Masta' die Kontrolle und bog in ein Haus ab. Mangels erster Hilfe wurde er von Fahrerkollegen befreit. Der Unfall gab ihm den Anstoß, sich für mehr Sicherheit einzusetzen. Das Rennen gewann John Surtees, nur fünf Fahrer kamen ins Ziel.
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