Williams sorgte vor dem Italien GP 2024 für Schlagzeilen in der Formel 1. Mitten zwischen zwei Back-to-Back-Rennen tauschte man Logan Sargeant durch Franco Colapinto aus. Nur drei Tage vor dem Freien Training fiel die Entscheidung. In Monza nahm sich Teamchef James Vowles die Zeit, die überraschende Wahl von Franco Colapinto als Ersatz und die Nichtberücksichtigung von Mick Schumacher zu erklären.

"Mick hat sich im Vergleich zu seiner Zeit bei Haas stark verbessert, daran gibt es keinen Zweifel", stellt Vowles zunächst klar. "Er ist ein kompetenter Fahrer, ich weiß, dass er seine Zeit hatte, aber er hat in der Zwischenzeit unglaubliche Arbeit mit Alpine, Mercedes und McLaren geleistet. Wenn man mit ihnen spricht, sagen alle, wo er sich angepasst und wo er sich verändert hat. Die Entscheidung ist also, ob wir Mick ins Auto setzen - und ich denke, Mick hätte einen guten Job gemacht."

Doch im Gegensatz zu Colapinto ist Schumacher nicht im Nachwuchsprogramm von Williams. "Er hat hunderte bis tausende von Runden in unserem Simulator gedreht, er ist der einzige Fahrer, der das Auto in diesem Jahr im FP1 gefahren ist, und anhand der Daten, die wir sehen können, was er tut und wie er sich verhält, macht er bedeutende Schritte", lobt der Teamchef. "Wir müssen also entscheiden, ob wir in die Zukunft investieren oder ob wir in einen anderen Fahrer investieren."

"Ich denke, beide fallen in die Kategorie 'gut' aber 'nichts Besonderes' - da müssen wir ganz ehrlich sein. Mick ist nichts Besonderes, er wäre nur gut", stellt Vowles klar. Harte Worte für beide Fahrer, aber bei Colapinto hat der Brite noch Hoffnung: "Die Zukunft ist es nicht, in die Vergangenheit zu investieren. Franco liegt in der Formel 2 vor [Kimi] Antonelli und [Oliver] Bearman - und er fährt für MP. Mit allem Respekt für MP Motorsport, aber das ist nicht Prema."

Mick Schumacher testet ein Mercedes Formel-1-Auto in Barcelona
Mick Schumacher fuhr 2024 schon TPC-Formel-1-Tests mit Mercedes, Alpine und McLaren, Foto: Mercedes-AMG F1

Colapinto nur dank Sponsor in der Formel 1?

Nur zwei Tage nach der Fahrerwahl verkündete Williams einen argentinischen Sponsor. Hatte Geld einen Einfluss auf die Entscheidung? "Seine Vertrag war nicht an einen Sponsor geknüpft", stellt James Vowles klar. Das Interesse aus Argentinien sei erst nach der Vertragsunterzeichnung gekommen. "Das Telefon klingelt noch immer, in Baku werden wir wohl noch weitere Sponsoren auf dem Auto haben", freut sich der Williams-Teamchef.

Dass weder Schumacher, noch Colapinto Vowles' Wunschkandidaten waren, ist ein offenes Geheimnis. Als Sargeant im 3. Freien Training in Zandvoort abflog, ging der 45-Jährige direkt zu Red Bull, um sich nach Liam Lawson zu erkundigen. "Das hätte aber vertraglich nicht so funktioniert und unter diesen Umständen war er keine Option für uns", erklärt er. Red Bull wollte die Dienste von Lawson nicht bis Saisonende zusichern, weil man den Neuseeländer möglicherweise noch selber braucht.

Williams-Teamchef: Sargeant einfach zu langsam - Crash nicht schuld

Dabei soll Logan Sargeants Unfall nicht ausschlaggebend für dessen Entlassung gewesen sein: "Ich habe versucht, nicht darauf zu reagieren und eine Entscheidung aus der Emotion heraus zu treffen, denn es war schmerzhaft, das Upgrade brennen zu sehen. Ich wollte die Entscheidung basierend auf der Performance treffen. Unfälle können passieren, auch Alex ist schon abgeflogen."

Williams feuert Logan Sargeant! Nachfolger nicht Wunschfahrer! (07:44 Min.)

Schlussendlich war es die mangelnde Performance. Während Teamkollege Alexander Albon immerhin vier Zähler in der Formel-1-Saison 2024 einfahren konnte, war Sargeants Punktekonto noch leer. "Am Ende des letzten Jahres kam er bis auf eine Zehntel an Alex ran und wenn er so weitergemacht hätte, wäre er in diesem Jahr in einer sehr guten Position gewesen. Er scheint das Limit von dem, was er im Stande ist zu leisten, erreicht zu haben. Es wäre fast unfair für ihn gewesen, weiterzumachen. Er hat alles gegeben, aber es war nicht genug. Ein Schlussstrich ist für alle die richtige Entscheidung. Er wird das heute nicht so sehen, aber ich hoffe, dass er das in Zukunft so sieht."

Colapinto bald auf Albon-Niveau?

Das Ziel für Colapinto ist also klar: Bei möglichst wenig Schaden möglichst nah an Teamkollege Albon heranfahren. "Er hat der Welt nichts zu beweisen. Andere Fahrer müssen der Welt etwas beweisen. Deshalb weiß er, dass er die Zeit hat, sich heranzutasten", so Vowles. Bis Saisonende wird der Argentinier auf jeden Fall im Williams sitzen - danach aber nicht, denn die Cockpits für die Formel-1-Saison 2025 sind bereits an Alexander Albon und Carlos Sainz vergeben.

Während sich der Argentinier in der Öffentlichkeit mit klaren Zielen stark zurückhielt, scheint er intern durchaus ambitioniert aufzutreten: "Er hat selbst gesagt, dass er Ende des Jahres auf dem Niveau von Alex sein sollte. Auf dem Weg dorthin sollte er den Rückstand jedes Rennwochenende verkleinern - und ich denke, dass das realistische Ziele sind."