Nachdem die FIA am Donnerstag das F1-Reglement für die Formel-1-Autos ab 2026 präsentiert hatte, hagelte es heftige Kritik. Fahrer und vor allem Teamchefs waren mit den Regeln aus mehreren Gründen nicht einverstanden. Am Samstag reagierte die FIA in einer Pressekonferenz. FIA-Formel-1-Chef Nikolas Tombazis und Technik-Chef Jan Monchaux standen den Journalisten in Kanada Rede und Antwort. Motorsport-Magazin.com hat die wichtigsten Punkte zusammengefasst.

Sind die Regeln unausgegoren?

Die Teamchefs waren sich darin einig, dass die präsentierten Regeln noch weit von einem finalen Reglement entfernt sind. Während die Öffentlichkeit bislang nur die Rahmenbedingungen erhalten hat, haben die Teams aber schon ein komplettes Reglement. Trotzdem weiß man bei der FIA, dass die Bedenken der Teams gerechtfertigt sind. "Es ist nur ein erster Schritt, es ist noch nicht final", beruhigt Tombazis. "Viele Dinge müssen noch angepasst werden, dessen sind wir uns völlig bewusst. Wir wissen um die Problematik mit dem Abtrieb und den Topspeeds."

Warum werden unfertige Regeln verabschiedet?

Obwohl die Regeln offensichtlich noch nicht dort sind, wo sie alle Beteiligten haben wollen, werden sie in der kommenden Woche dem Motorsport-Weltrat der FIA vorgelegt. Ende des Monats soll der WMSC die Regeln auch bestätigen, dann wird das komplette Reglement auch der Öffentlichkeit zugänglich. Bis dahin wird es aber keine großen Änderungen geben. Wieso aber verabschiedet man wissentlich unausgegorene Regeln? Die Sache ist etwas komplizierter und hat mit den Regelgebungsverfahren zu tun.

Laut International Sporting Code - quasi das Grundgesetz des Motorsports - muss die FIA gravierende Regeländerungen spätestens am 30. Juni, anderthalb Jahre vor dem Kalenderjahr der betroffenen Motorsportsaison, bekanntgeben. Bis zu diesem Zeitpunkt kann die FIA die Regeln ohne Mitspracherecht der Formel 1 und der Teams bestimmen. Nach der Deadline muss das im Concorde Agreement festgelegte Regelgebungsverfahren für Änderungen herangezogen werden. Deshalb will die FIA die Regeln unbedingt bis Ende Juni durchdrücken.

Jan Monchaux trug kürzlich noch selbst Teamkleidung, Foto: LAT Images
Jan Monchaux trug kürzlich noch selbst Teamkleidung, Foto: LAT Images

Dabei hat die FIA in ihrer Version absichtlich die Daumenschrauben angezogen. "Die Teams sind immer abgeneigt, große Änderungen vorzunehmen", weiß Monchaux, der erst kürzlich die Seiten wechselte und von Sauber zur FIA gekommen war. Also gab die FIA bei den gravierenden Änderungen den Ton an. Dabei soll es aber nicht bleiben. "Diese Version ist die restriktivste, die die Teams sehen werden", verspricht Monchaux. "Das Reglement offener zu gestalten ist einfacher, als andersrum." Bei Öffnungen des Reglements ist es einfacher, die benötigten Mehrheiten zu finden als bei Einschränkungen.

Werden die Autos zu langsam?

Nach der Veröffentlichung sprachen manche schon von Formel-2-Niveau. Tombazis gibt zu, dass die Befürchtungen aktuell berechtigt seien - aber eben auch nur aktuell. "Wir haben die Latte nur tief angesetzt und können sie höher legen", erklärt er. "Es ist relativ einfach, den Abtrieb zu erhöhen, exakt das werden wir machen. Ich denke, das Problem wird im finalen Reglement zu 100 Prozent gelöst sein." Wie bei den Freiheiten geht die FIA auch hier davon aus, dass sich für mehr Abtrieb die erforderlichen Mehrheiten einfacher finden lassen als für weniger Abtrieb.

Werden die Autos auf den Geraden zu gefährlich?

George Russell äußerte bereits Sicherheitsbedenken. Durch den geringen Luftwiderstand auf den Geraden würden die Geschwindigkeiten zu hoch, gleichzeitig sei es durch den geringen Abtrieb schwierig, die Autos zu kontrollieren. "Ja, aktuell wird der Topspeed höher, aber wir sind uns dessen bewusst", entgegnet Monchaux. "Wir werden sicherstellen, dass der Topspeed kein Level erreicht, an dem er ein Sicherheitsrisiko wird. Wir wollen keine absurden Risiken eingehen und in Monaco Autos mit 380 Stundenkilometer sehen."

Mit der abnehmenden MGU-K-Leistung bei hohen Geschwindigkeiten hat man bereits im Motoren-Reglement gegengesteuert. Auch an den Rennstrecken kann man eingreifen, indem man an bestimmten Stellen den X-Mode nicht zulässt. Der X-Mode an sich kann mit der Bewegungsfreiheit ebenfalls eingeschränkt werden.

Bis wann sollen die Regeln final sein?

Work in Progress lautete das Motto auf der FIA-Pressekonferenz. Aber wann sollen die Regeln fix sein? "Wir erwarten, dass von nun an bis zum Beginn des Jahres 2025 viel an den Regeln gearbeitet wird", so Tombazis. Bis dahin dürfen die Teams ohnehin noch nicht an der Aerodynamik für 2026 entwickeln. Erst mit Jahresbeginn erlaubt das Sportliche Reglement CFD- und Windkanal-Arbeit an den 2026er Boliden - dann sollte das Reglement schon eine gute Grundlage bilden.

Warum hat man die unfertigen Regeln öffentlich präsentiert?

Die FIA weiß, wie die Formel 1 funktioniert. "Wir wollten die Medien informieren, weil wir nicht wollten, dass sie es von Teams erfahren. Wir wollten, dass die Medien das ganze Bild haben", erklärt Tombazis. Wäre man nicht mit Infos an die Öffentlichkeit gegangen, hätten sich die Teams im Hintergrund bei Medien beschwert. Dann hätte es nur negative Geschichten zu den Formel-1-Regeln 2026 gegeben.

Gibt es auch noch Änderungen am Motoren-Reglement?

Möglicherweise, aber Änderungen auf dieser Seite sind deutlich unwahrscheinlicher. Hier stehen die Regeln schon seit Mitte 2022, die Hersteller haben bereits viel Entwicklungsarbeit geleistet. Änderungen müssen auch von den Herstellern mitgetragen werden, die FIA kann hier nicht mehr - wie bis zum 30. Juni auf Chassis-Seite - allein entscheiden. "Normalerweise gibt es bei den Motorenherstellern eine gute Zusammenarbeit. Wenn ein paar Änderungen nötig wären, bin ich ziemlich zuversichtlich, dass sich die Hersteller nicht querstellen würden", glaubt Tombazis.

Größere Änderungen werden die Motorenhersteller nicht mehr akzeptieren, Foto: Mercedes/Honda/Renault
Größere Änderungen werden die Motorenhersteller nicht mehr akzeptieren, Foto: Mercedes/Honda/Renault

Größere Änderungen an der Hardware der F1-Motoren sind aber unwahrscheinlich. Auch wenn sich die fast paritätische Aufteilung zwischen Verbrenner und E-Maschine immer mehr als Grundproblem der Chassis-Regeln entpuppt, gibt es diesbezüglich keine Pläne, etwas zu ändern. Stattdessen könnte es eher Anpassungen am Energiemanagement geben.

Warum gibt es Streit um das Mindestgewicht?

Das Gewicht der Formel-1-Autos war ein großes Thema nach der Veröffentlichung der Regeln. Vor allem Williams kritisierte, dass das Mindestgewicht kaum zu erreichen sei. Die Autos sollen 30 Kilogramm leichter werden, obwohl die Power Units schwerer werden. "Das Gewicht basiert auf einigen Annahmen, die Jan [Monchaux] in Zusammenarbeit mit den Teams erarbeitet hat. Es gibt Bereiche, in denen das Gewicht steigen und welche, in denen das Gewicht sinken wird. Das Ziel (768 Kilogramm) basiert darauf. Es ist herausfordernd aber wir denken, es ist machbar", verteidigt Tombazis.

Außerdem gibt es Verwirrung darüber, ob es weiterhin ein Mindestgewicht für Fahrer geben wird. Einige im Fahrerlager dachten, dass dieser Passus aus dem Reglement gestrichen wurde. "Das ist nicht korrekt", stellt Tombazis klar und erklärt: "Es gab Diskussionen darüber, ob das Fahrer-Mindestgewicht von 80 auf 82 Kilogramm angehoben werden sollte." Derzeit müssen Fahrer, Fahrer-Ausrüstung und Sitz zusammen mindestens 80 Kilogramm auf die Waage bringen. Leichtere Piloten haben Zusatzgewichte im Sitz. Derzeit sieht das Reglement für 2026 82 Kilogramm vor.

Hier gibt es die bislang bekannten Neuerungen für 2026 im Video zusammengefasst:

F1-Regeln 2026 enthüllt: So sieht die Zukunft der Formel 1 aus! (16:24 Min.)