Niemand in der Formel 1 hat sich den nächsten Sonntag als bestes Rennen der Saison vorgemerkt. Jeder weiß, womit in Monaco zu rechnen ist. Sofern es nicht regnet, oder ein anderweitiges Chaos eintritt, wird das Rennen vom Start bis ins Ziel als eine überholfreie Prozession gefahren werden. Auf vielen anderen Strecken mag Überholen schwierig sein, aber mit modernen breiten F1-Autos ist es im engen Fürstentum praktisch unmöglich.

Das lässt die Kritik an Monaco Jahr für Jahr zunehmen. Jahr für Jahr gibt es diesbezüglich die Fragen an die Fahrer. Die sich 2024 zu einer geradezu leidenschaftlichen Verteidigung des seit 1929 ausgetragenen Stadtrennens hinreißen lassen. "Ich weiß nicht, was die Leute alle wollen, ist es nicht so wie vor 10 oder 15 Jahren?", ist Lando Norris von den Kritikern frustriert. "Damals gab es kaum Überholmanöver, heute gibt es kaum welche. Das hat sich nicht geändert."

"Die Leute müssen damit leben", fordert Norris. "Es ist einfach so, dass sie heute ungeduldiger und sturer sind, und solche Dinge frustrieren sie. Aber es ist noch immer das gleiche, es ist Monaco, und es wird immer so besonders bleiben." Monaco, so folgern die Formel-1-Fahrer am Donnerstag vor dem großen Rennen, ist schlicht so viel mehr als nur ein einfaches Autorennen.

Qualifying in Monaco: Formel 1 in Reinkultur

Fahrerisch ist da zuerst einmal die Herausforderung. Die kulminiert am Samstag im besten Qualifying des Jahres. "Das Gefühl, hier zu fahren, ein Auto ans Limit zu pushen ist so wahnsinnig furchterregend und wundervoll und verrückt und intensiv", beschreibt Daniel Ricciardo, ein zweimaliger Monaco-Polesetter. "Es ist eine der besten Erfahrungen des Lebens, wisst ihr? Es ist schwer, so ein Gefühl woanders zu finden."

Monaco am Limit ist Millimeterarbeit, Foto: LAT Images
Monaco am Limit ist Millimeterarbeit, Foto: LAT Images

"Ich habe auch richtig Respekt vor der Strecke", meint Nico Hülkenberg. "Ich weiß, es ist so eine der ultimativen Herausforderungen, hier ein geiles Qualifying hinzulegen und alle Runden umzusetzen." Auch für die Zuseher ist das Qualifying am Samstag ein Spektakel. Niemand hat das Duell um die Pole im Vorjahr zwischen Max Verstappen und Fernando Alonso vergessen. Eines, das Verstappen mit einem verrückten letzten Sektor für sich entschied, indem er sogar die Wand berührte.

"Als er über die Linie ist, nachdem er die Wand im letzten Sektor drei Mal oder so touchiert hat, dachte er wahrscheinlich: 'Yeah, niemand sonst war bereit dazu, drei Mal an die Wand zu fahren. Die Pole-Runde habe ich verdient'", versetzt sich Ricciardo in den Kopf seines Ex-Teamkollegen. Auf keiner anderen Strecke sieht man das Limit so gut. Woanders landet man im Gras, im Kies, dreht eine Runde durch den Asphalt. In Monaco aber kann man Fahrer daran messen, wie nahe sie der Wand kommen.

Sich an dieses Limit über drei Trainings zu je 60 Minuten heranzutasten ist schwieriger als alles andere auf dem Kalender. Die Strecke baut unglaublich schnell Grip auf, Voraussagen dazu sind fast unmöglich, und in Kombination mit Bodenwellen und der Enge hat das einen ganz besonderen Reiz, erklärt Fernando Alonso: "Du rätst, was Auto und Strecke machen werden. Und das Qualifying ist praktisch das einzige Qualifying der Saison, wo du die Kurven mit einem noch nie dagewesenen Tempo durchfährst."

Glamour-Event Monaco muss der Formel 1 erhalten bleiben

"Volles Ratespiel, voller Einsatz", nennt es Alonso. "Das Adrenalin ist sehr hoch. Die ganzen Sponsoren kommen hierher. Die ganzen VIPs, sie wollen hierher. Wie gesagt, bis Sonntag ist es das beste Wochenende des Jahres." Ein Preis, den man im Fahrerfeld bereit ist zu zahlen.

Auch den Glamour-Faktor will man nicht unterschätzen. "Auf dem Boot anzukommen und alles hier zu sehen - ich habe das mehrmals schon getan, und das ist kein Gefühl, von dem ich je genug bekomme", so Daniel Ricciardo. "Hätte ich gerne einen Sonntag, der ein bisschen anders oder cooler ist? Sicher, in Sachen Rennen. Aber was Wochenende und Atmosphäre angeht und was es mit uns Fahrern macht, da wird es denke ich nie etwas Ebenbürtiges geben. Ich bin froh, dass es noch da ist."

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