Design-Guru, Aerodynamik-Papst, (böses) Genie: Adrian Newey hat viele Spitznamen. In Kanada feierte der Brite den 100. Sieg von Red Bull, den 41. von Max Verstappen und das 200. gewonnene Rennen eines von ihm designten Autos.
Lord Neweys Reise in die Formel 1
"Er ist der Einzige, der Luftströme sehen kann. Er lebt in der Matrix", ist Christian Horner stolz auf seinen CTO. 2006 kam der Stardesigner zu Red Bull, das Projekt Newey verlangte eine innovative Stalking-Taktik von Christian Horner, gutes Zureden durch David Coulthard und Vertrauen in Dietrich Mateschitz.
Aber zurück zum Anfang: Adrian Martin Newey, der 2011 den britischen Verdienstorden "Order of the British Empire" erhalten hat, wurde am 26. Dezember 1958 in dem kleinen englischen Dorf Stratford-upon-Avon geboren.
Nach seinem Luftfahrt-Studium (mit einer Diplomarbeit über Ground-Effect-Autos) begann er gleich in der Formel 1: Zuerst bei Fittipaldi Automotive als Chefaerodynamiker, dann 1981 bei March. Nach einem kurzen Abstecher in die europäische Formel 2 und Indycar, wurde Newey Chefdesigner in der Königsklasse.
Formel-1-Start: March, Leyton House und zu wenig Treibstoff
"Ich liebe die Unmittelbarkeit unseres Berufes. Wir sehen gleich, ob das, woran wir gerade arbeiten, funktioniert", so Adrian Newey. Gleich sein erstes Auto, der March 881 von 1988 übertraf mit einem zweiten Platz von Ivan Capelli in Portugal alle Erwartungen. March wurde 1990 zu Leyton House, und Newey zum Technischen Direktor.
Gleich darauf ging die Beziehung trotzdem in die Brüche. March-Fahrer Christian Danner hatte zu wenig Treibstoff im Tank, und beschuldigte Newey, der damals sein Renningenieur war. Zu Unrecht, im Nachhinein stellte sich heraus, dass der Tank ein Leck hatte. "Ich wurde zwar gefeuert, aber ich wollte sowieso gehen - sobald ein Team von einem Buchhalter geführt wird, ist es Zeit zu wechseln."
Neweys und Williams' Dominanz in der Formel 1
Also hieß es 1991 weiter zu Williams, wo Adrian Newey zusammen mit dem Technischen Direktor Patrick Head eine kongeniale Partnerschaft von zwei genialen Designern einleitete. Der von Newey entworfene FW14 konnte sofort mit den bisherigen Favoriten McLaren mithalten. Nur Zuverlässigkeitsprobleme und eine herausragende fahrerische Leistung von Ayrton Senna verhinderten Adrian Neweys ersten Titel in der Formel 1.
1992 war es so weit: Nigel Mansell wurde Welt- und ein von Adrian Newey designtes Auto Konstrukteursweltmeister. 1993 dasselbe, nur mit Alain Prost hinter dem Steuer des FW15C. Ein schwarzes Kapitel mit dem Tod Ayrton Sennas in Imola folgte 1994. Williams wurde zwar trotzdem Konstrukteursmeister, aber Michael Schumacher gewann trotz zwei Rennen Sperre den Fahrertitel.
Adrian Neweys Beziehung zu Williams, vor allem mit dem Management, begann zu bröckeln. Bei Williams' erneutem WM-Gewinn 1996 war der Aerodynamiker bereits auf Gartenurlaub und auf dem Weg zu McLaren. In seinen sieben Jahren in Grove gewannen Neweys Autos 59 Rennen, erzielten 78 Pole Positions und wurden viermal Fahrer- und fünfmal Konstrukteursweltmeister.
Die McLaren Jahre: Oder Adrian Newey vs. Ron Dennis
Bei McLaren musste Adrian Newey vorerst das Beste aus dem (nicht von ihm designten) 1997er McLaren machen, ehe er der Formel 1 als Technischer Direktor erneut seinen Stempel aufdrücken konnte. Der MP4/13 aus seiner Feder gewann mit Mika Häkkinen beide Titel, ebenso im nächsten Jahr und fast im Jahr 2000. Zerwürfnisse mit Ron Dennis folgten, ein Vertrags-Hick-Hack, und 2005 konnte Adrian Newey den Annoncen von Red Bull schließlich nicht mehr widerstehen.
"Christian machte es sich 2005 zur Gewohnheit, mich auf dem Weg zum Paddock möglichst oft abzufangen. Wir haben dann immer wieder miteinander geredet", erinnert sich der 64-Jährige. Nach neun Jahren in Woking machte sich der Designer 2006 auf zu einem Abenteuer. Wie 1990 bei Leyton House wieder bei einem kleinen, aufstrebenden Team.
Adrian Newey und Red Bull: Per Aspera ad astra
Übersetzt: Über raue Pfade zu den Sternen. Damals wie heute, am Zeichenbrett statt mit CAD. "Ich musste mit Ron Dennis herumstreiten, damit er es herausrückt!", schmunzelt Christian Horner. Nach Serien-Siegen und WM-Titeln brauchte Adrian Neweys Erfolg mit Red Bull etwas Anlaufzeit. 2006 das erste Podium in Monaco mit David Coulthard, 2009 der erste Sieg mit Sebastian Vettel.
"Weltmeisterschaften waren damals noch in weiter Ferne", erinnert sich Newey. 2010 begann das Red-Bull-Märchen, nach einer Mercedes und Renault bedingten Auszeit von 2014 bis 2020 ist der Brausehersteller wieder auf Kurs. "Wir hatten von 2009 bis 2013 einen sehr guten Lauf. Aber mit dem Wechsel von den V8 zu den Hybridmotoren war unser Motorenpartner in diesen Jahren nie in der Lage, ein konkurrenzfähiges Aggregat zu liefern."
In dieser Zeit zog sich Adrian Newey etwas aus dem Rennalltag zurück und widmete sich anderen Projekten. Mit Red Bull Advanced Technologies unter anderem mit Segelbooten. Und er designte mit dem Aston Martin Valkyrie, das mit einem V12-Motor ausgestattete schnellste straßenzugelassene Auto der Welt.
Teil II der Red-Bull-Dominanz
Mit dem neuen Motorenpartner Honda stieg auch Adrian Newey 2019 wieder Vollzeit ins Renngeschehen ein. Sein RB15 gewann drei Rennen, der RB16 zwei, und mit dem RB16B gelang der nach sieben Jahren Mercedes-Dominanz heiß ersehnte Fahrertitel für Max Verstappen und Red Bull. Der große Regelumbruch 2022 konnte Newey auch nicht aus der Bahn werfen - der RB18 galt lange als sein Meisterstück - bis zum RB19.
Stand jetzt haben Adrian Neweys Autos zwölf Fahrer- und elf Konstrukteurstitel gewonnen. Das macht ihn nach Ferrari (16) noch vor Williams (9) zum zweiterfolgreichsten Konstrukteur der Formel-1-Geschichte. Nach erfolgreicher Vertragsverlängerung bei Red Bull: Tendenz steigend.
Adrian Neweys Erfolge in der Formel 1
Jahr | Team | Auto | Fahrertitel | Konstrukteurstitel |
---|---|---|---|---|
1992 | Williams | FW14B | + | + |
1993 | Williams | FW15C | + | + |
1994 | Williams | FW16 | + | |
1996 | Williams | FW18 | + | + |
1997 | Williams | FW19 | + | + |
1998 | McLaren | MP4/13 | + | + |
1999 | McLaren | MP4/14 | + | |
2010 | Red Bull | RB6 | + | + |
2011 | Red Bull | RB7 | + | + |
2012 | Red Bull | RB8 | + | + |
2013 | Red Bull | RB9 | + | + |
2021 | Red Bull | RB16B | + | |
2022 | Red Bull | RB18 | + | + |
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