Vor 50 Jahren, beim Grand Prix von Kanada 1973, kam das Safety-Car erstmals in der Formel-1-Geschichte zum Einsatz. Heute eine Selbstverständlichkeit, damals ein Grund für Aufregung. Nach mehreren Unfällen beim verregneten Kanada-GP traf die Rennleitung von 1973 eine geschichtsträchtige Entscheidung. Sie schickte einen gelben Porsche 914 auf die Rennstreck, gesteuert vom australischen Rennfahrer Egbert Wietzes and läuteten damit eine neue Sicherheits-Ära in der Formel 1 ein.
Zuvor war das Safety-Car-System nur einmal getestet worden. Nämlich einen Monat zuvor auf dem Österreichring. Das Debüt in Kanada verlief dementsprechend chaotisch. Es herrschte Verwirrung darüber, welche Piloten bereits vom Safety-Car eingefangen worden waren, was zu Zweifel über den Rennführenden führte. Schließlich wurde heftig debattiert, wer denn das Rennen überhaupt gewonnen hatte. Ein holpriger Start und dennoch konnte sich des Safety-Car in der Königsklasse durchsetzen, sodass es heute kaum wegzudenken ist.
"Das Safety-Car ist eine so erfolgreiche Maßnahme und heutzutage so in die Kultur des Motorsports integriert, dass wir es oft als selbstverständlich sehen, welchen positiven Effekt es auf die Sicherheit des Rennfahrens hatte", sagt FIA-Rennleiter Niels Wittich. "Die Möglichkeit ein Rennen schnell neutralisieren zu können, um für die Sicherheit der 20 Piloten und aller anderen Personen, die sich auf der Stecken befinden könnten, zu sorgen, kann nicht überschätzt werden."
Wandel des Safety-Cars: Modelle, Fahrer & Technologien
In den 50 Jahren seit seinem Debüt wurde das Safety-Car ständig weiterentwickelt und verbessert. Besonders, was die technologische Ausstattung betrifft. War man früher froh über einen funktionierenden Funkradio, gibt es jetzt GPS-Systeme, Live-Übertragungen und verbesserte Kommunikationswege.
"Die technologische Entwicklung des Safety-Cars ist großartig", schwärmt Herbie Blash, ehemaliger stellvertretender F1-Renndirektor und heutiger FIA-Berater. "Als Charlie Whiting und ich starteten, hatten wir nur Handfunkgeräte und das wars mit der Kommunikation. Wenn ich mich recht erinnere, benutze Charlie in Brasilien sogar Ferngläser, um das Safety-Car im Auge zu behalten. Jetzt haben wir eine fantastische Kommunikation und eine Vielzahl an Daten."
Auch Auto und Fahrer variierten in der 50-jährigen Geschichte des Safety-Cars. Vom Porsche 914, über einen Lamborghini Countach in den 80er Jahren, hin zu einem Renault Clio in Argentinien 1996. Bis sich die FIA bemühte, das Safety-Car zu einer konsistenten Kraft zu machen. Gegen Ende der F1-Saison 1996 wurde Mercedes offizieller Bereitsteller des Safety-Cars und stellte einen C36 AMG zur Verfügung. Zudem bekam das Safety-Car mit Oliver Gavin einen permanenten Fahrer.
Bernd Mayländer: Immer noch eine Herausforderung
Nur wenige Zeit später wurde dieser vom heutigen Formel-1-Fixum Bernd Mayländer abgelöst. Schon 1999 fuhr der Deutsche das Safety-Car der Formel 3000. Mayländer war im Rahmen des Porsche Supercups beim Grand Prix von San Marino anwesend gewesen und übernahm dort erstmals des Steuer - Damals ein CLK 55 AMG. Im Jahr 2000 wurde er offiziell zum Lenker des Safety-Cars in der Formel 1 ernannt, 23 Jahre später lenkt Mayländer dieses immer noch.
"Der CLK 55 AMG war groß und kraftvoll. Er hatte rund 355 PS, aber verglichen mit dem Auto, das ich jetzt fahre, ist es sehr anders", erinnert sich Mayländer. In der Formel-1-Saison 2023 kommt neben einem Mercedes-AMG GT Black Series auch ein Spezialmodell des Aston Martin Vantage als Safety-Car zum Einsatz. Diese Zweiteilung besteht bereits seit 2021.
Trotz des Fortschritt des Safety-Cars seit seinem Debüt 1973, sei es immer noch eine Herausforderung das Auto über die verschiedenen Rennstrecken des F1-Kalenders zu manövrieren. "In gewisser Weise ist so schwer, wie es schon immer war", sagt Mayländer. "Ich habe jetzt viel mehr Erfahrung als noch vor 20 Jahren, aber die Geschwindigkeit ist nun auch viel höher. Ich erinnere mich an Fuji 2007. 250kmh im Regen waren damals das Limit. Jetzt fährst du in Monza und in Aserbaidschan weit über 280kmh."
Formel 1 ohne Safety-Car? Unvorstellbar!
Dabei komme es nicht auf die Geschwindigkeit an, auch wenn sich die F1-Piloten manchmal über die mangelnde Schnelligkeit des Safety-Car beschweren. "Es ist sehr wichtig, dass du kein 'Biest' fährst", erklärt Mayländer. "Du brauchst ein richtig klares Auto, das dir ein sicheres Gefühl gibt. Die Fahrbarkeit ist heute viel besser als in der Vergangenheit. Alles ist besser."
Seit der Formel-1-Saison 2015 gibt es zudem die Option des Virtuellen Safety-Cars (VSC), das bei kleineren Unfällen oder Problemen auf der Stecke eingesetzt werden kann. Dabei muss das Safety-Car nicht erst auf die Strecke kommen, sondern den Piloten werden langsamere Sektorzeiten vorgegeben und sie dürfen nicht überholen, bis das Problem gelöst ist. Ähnlich wie das Debüt des Safety-Cars sorgte auch die Einführung des VSC für Verwirrung und Kritik unter den F1-Piloten.
Ein weiteres wichtiges Auto in der Formel 1 ist das Medical Car. Dieses ist im Fall eines Unfalls sofort einsatzbereit und kann den schnellstmöglichen Kontakt mit Notärzten sicherstellen. So wie das Safety-Car wurde es ab 1996 von Mercedes bereitgestellt, in der F1-Saison 2023 wird jedoch ein Aston Martin DBX707 als Medical Car eingesetzt.
50 Jahre nach dem Debüt des Safety-Cars in der Formel 1 zieht Blash ein äußerst positives Resümee. "Wenn das Safety-Car eines erreicht hat, dann ist es die gesteigerte Sicherheit bei Unfällen für alle Beteiligten", so der ehemalige stellvertretende F1-Renndirektor.
Durch die starke Verbesserung des Safety-Car-Prozederes über die Jahrzehnte, würde man oft vergessen, wie es vor dem Safety-Car war. "Was haben wir damals getan, wenn der Regen so stark war, dass es schwer war weiterzumachen? Nichts", erinnert Blash. "Jetzt haben wir das Safety-Car, das ein Rennen neutralisieren kann und so alle Personen auf der Strecke schützt. Fahrer, Marshals, Zuseher - einfach jeden." Das ganze Rennen der Formel 1 heute in Kanada gibt es hier im Liveticker.
Alle Safety-Cars der Formel-1-Geschichte*
Jahr | Safety-Car |
---|---|
1973 | Porsche 914 |
1976 | Porsche 911 |
1981-1983 | Lamborghini Countach |
1992 | Ford Escort RS Cosworth |
1993 | Fiat Tempra 16V |
1994 | Opel Vectra, Honda Prelude |
1995 | Porsche 911, Lamborghini Diablo |
1996 | Renault Clio, Mercedes C 36 AMG |
1997-1999 | Mercedes CLK 55 AMG |
2000 | Mercedes CL 55 AMG |
2001-2002 | Mercedes SL 55 AMG |
2003 | Mercedes CLK 55 AMG |
2004-2005 | Mercedes SLK 55 AMG |
2006-2007 | Mercedes CLK 63 AMG |
2008-2009 | Mercedes SL 63 AMG |
2010-2014 | Mercedes SLS AMG |
2015-2017 | Mercedes AMG GT S |
2018-2020 | Mercedes AMG GT R |
Ab 2021 | Mercedes AMG GT Black Series, Aston Martin Vantage |
*In manchen Jahren kam kein Safety-Car zum Einsatz
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