Ein Formel-1-Wagen mit rein amerikanischem Know-How ist 2023 praktisch undenkbar. In den 60er-Jahren wagte Dan Gurney jedoch dieses Experiment. Am 18. Juni 1967 wird er dafür belohnt und feiert in seinem Eagle T1G in Spa-Francorchamps einen historischen Sieg. Doch nur ein Jahr später ist die amerikanische Wunderwaffe schon wieder Geschichte.
Formel 1 heute vor 56 Jahren: Dan Gurney lebt den amerikanischen Traum
Haas hält seit dem Debüt 2016 die Fahne der USA in der Formel 1 hoch. Das aus der Zentrale in North Carolina geleitete Team entspricht mit jeder Menge italienischem und britischen Know-how aber nicht ganz dem Spirit, mit dem einst Dan Gurney und seine Mannschaft die Königsklasse enterten.
Das 1931 in New York geborene Multitalent gewann 1967 nicht nur die 24h von Le Mans und erfand bei der darauffolgenden Siegerehrung mit Teamkollege A. J. Foyt die Champagnerdusche auf dem Podium. Gleich am darauffolgenden Wochenende errang Gurney beim Grand Prix von Belgien einen historischen Triumph in der Formel 1.
Sein Sieg für das Team All American Racers ist bis heute der einzige eines in den USA entwickelten sowie gefertigten F1-Autos. Gurney hatte sich 1964 mit Geschäftspartner Carroll Shelby zusammengetan und mit der Unterstützung von Reifenhersteller Goodyear ein eigenes US-amerikanisches Team ins Leben gerufen.
Die auf Wunsch des Sponsors All American Racers getaufte Truppe setzte sich zum Ziel, nicht nur in der Heimat erfolgreich zu sein, sondern es mit den weltweit dominanten Konstrukteuren wie Lotus und Ferrari aufzunehmen. Letzteres war vor allem die Ambition Gurneys, der in der Formel 1 bereits seit 1959 erfolgreich für Ferrari, BRM, Porsche, Lotus und Brabham angetreten war.
Der ganz im Sinne des patriotischen Auftritts nach dem Wappenvogel der USA benannte Eagle feiert 1966 in Spa-Francorchamps sein Debüt. Das als Eagle Mk1 bekannte erste Chassis des Teams wurde in Südkalifornien entwickelt und gebaut, verfügte aber noch nicht über den ursprünglich vorgesehen V12-Motor nach dem neuen 3-Liter-Reglement.
Statt des von Gurney beim britischen Konstrukteur Weslake in Auftrag gegeben Motors wurde zunächst ein 2.7 Liter Reihenvierzylinder von Climax eingesetzt. Nachdem Gurney beim zweiten Auftritt des Autos in Frankreich als Fünfter die ersten WM-Punkte gesammelt hatte, feierte der Weslake-V12 beim siebten Rennen in Monza sein Debüt. Die Kooperation mit Weslake schlug sich in der offiziellen Nennung des Teams als Anglo American Racers nieder.
Der Motor war mit über 400 PS zwar konkurrenzfähig und verfügte darüber hinaus über eine gute Fahrbarkeit, doch die Fertigung mit veralteten Maschinen sowie ein Designfehler im Ölkreislauf des Aggregats sorgten für eine hohe Anfälligkeit. Der Speed des Chassis in Kombination mit dem Weslake-Motor ließ sich dennoch nicht von der Hand weisen.
Auf einen weiteren fünften Platz beim Finale 1966 in Mexiko folgten zu Saisonbeginn 1967 zunächst drei Ausfälle. Doch beim vierten Saisonrennen in Belgien schlug die große Stunde der US-Boys. Gurney qualifizierte sich mit dem weiterentwickelten Eagle T1G als Zweiter hinter Jim Clark. Durch einen Defekt am Lotus des Pole-Sitters kämpfte er mit BRM-Pilot Jackie Stewart um den Sieg.
Nachdem Gurney selbst einen Reparaturstopp aufgrund von Fehlzündungen und eines Problems mit dem Benzindruck hatte einlegen müssen, ereilte auch Stewart ein Defekt. Gurney stellte bei seiner Aufholjagd einen neuen Rundenrekord auf und fing den mit Getriebeproblemen kämpfenden Schotten acht Runden vor der Zielflagge ab.
Das aus einer Titan-Magensium-Mischung gefertigte Chassis des Eagle sorgte durch sein geringes Gewicht für enorme Geschwindigkeiten. So wurde Gurney in Spa mit über 315 km/h gemessen. Mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 230 km/h brach er den acht Jahre zuvor von Tony Brooks aufgestellten Rekord für den bis dato schnellsten Grand Prix.
Der Sieg in Spa sollte der Höhepunkt des Projekts bleiben. Beim Großen Preis von Deutschland auf dem Nürburgring war Gurney drei Rennen später erneut auf dem Weg zum Sieg, als ihn mit über 40 Sekunden Vorsprung eine defekte Antriebswelle stoppte. Bei 15 Einsätzen in der Saison 1967 sah der Eagle T1G nur zwei Mal die Zielflagge. Neben dem Sieg in Spa sprang für Gurney noch ein dritter Platz in Mosport heraus.
Im Folgejahr ging dem Team das Geld aus, woraufhin die Weiterentwicklung des Autos zum Stillstand kam. Gurney hielt noch einige Rennen am Eagle fest, bevor er die letzten Rennen mit einem gekauften McLaren M7A bestritt. Die All American Racers verschwanden Ende 1968 aus der Formel 1. Dan Gurney fuhr 1970 drei letzte Rennen für Bruce McLaren, bevor er sich in den USA erneut seine zweiten Karriere als Teambesitzer widmete. Er verstarb am 14. Januar 2018 im Alter von 86 Jahren.
Was sonst noch geschah:
Vor 23 Jahren: Auf dem Weg zu seinem ersten WM-Titel in Rot eroberte Michael Schumacher beim Grand Prix von Kanada seinen fünften Saisonsieg vor Ferrari-Teamkollege Rubens Barrichello und Giancarlo Fisichella im Benetton. Für die große Show sorgte jedoch ein ganz anderer. Jos Verstappen war vom 13. Startplatz ins Rennen gegangen und lieferte beim zur Rennmitte einsetzenden Regen eine seiner besten Vorstellungen in der Formel 1. Bei schwierigsten Bedingungen bahnte sich Jos the Boss im Arrows Supertec den Weg durchs Feld und wurde dafür mit Platz fünf belohnt.
Vor 34 Jahren: Regen führte auch 1989 in Montreal zum großen Moment eines Underdogs. Thierry Boutsen erbte zwei Runden vor der Zielflagge den Sieg von Ayrton Senna, nachdem ein Motorschaden dessen McLaren Honda lahmgelegt hatte. Riccardo Patrese sorgte als Zweiter für einen Williams-Doppelsieg, gefolgt von Andrea de Cesaris im Dallara Ford. Als achter und letzter Fahrer zog Christian Danner in die Wertung ein. Für den heutigen TV-Experten war dieser Grand Prix für Rial sein letzter in der Formel 1.
Vor 62 Jahren: Der Grand Prix von Belgien schrieb 1961 ein Stück Geschichte, das sich so in der Formel 1 mit hoher Wahrscheinlichkeit nie mehr wiederholen wird. Ferrari sorgte an diesem Tag für den bis dato letzten Vierfach-Sieg eines Teams. Der spätere Weltmeister Phil Hill gewann in Spa-Francorchamps hauchdünn vor WM-Rivale Wolfgang von Trips. Richie Ginther komplettierte als Dritter das Treppchen, während Lokalmatador Olivier Gendebien in einem vierten Ferrari 156 das Teamresultat perfekt machte.
Vor 73 Jahren: Der erste Grand Prix von Belgien in der Formel 1 unterstrich eindrucksvoll, wer in der ersten Ära der Königsklasse den Ton angab. Auf dem gefährlichen Straßenkurs feierte Alfa-Romeo-Pilot Juan Manuel Fangio seinen zweiten von insgesamt 24 Siegen vor Teamkollege Luigi Fagioli und dem Franzosen Louis Rosier im Talbot-Lago.
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