Der Artikel wurde in der 80. Ausgabe des Printmagazins von Motorsport-Magazin.com am 02. September 2021 veröffentlicht.

Die Mercedes-Dominanz in der Formel 1 ist erdrückend. Nicht erst seit Beginn der Hybrid-Ära 2014. 25 Jahre lang, seit der Saison 1996, sammelte Mercedes jede Saison fleißig Führungsrunden - mit dem Safety Car. Vom Familiensportler C36, über den spektakulären Flügeltürer SLS bis hin zum aktuellsten GT R setzte Mercedes' Performance-Marke AMG insgesamt elf verschiedene Fahrzeuge ein. Alle trugen sie einen Stern, alle waren sie silber. Außer beim Toskana GP 2020, als Mercedes zu Ehren von Ferraris 1000. Grand Prix das Safety Car rot lackierte. 2021 ist alles anders: Der Mercedes ist nun immer rot, das Safety Car aber nicht immer ein Mercedes. Der Vertrag zwischen der Formel 1 und AMG lief Ende 2020 aus. Aston Martin nutzte die Gunst der Stunde und stieg nicht nur mit einem eigenen Team in die Königsklasse ein, sondern auch als Safety Car Ausrüster. 2021 teilen sich Mercedes-AMG und die britische Nobelmarke die Aufgabe. Während Aston Martin den Vantage im klassischen British Racing Green lackiert, sorgt ein Mercedes-Sponsor dafür, dass der AMG GT R nun permanent rot erstrahlt.

Nur eine Konstante bleibt: Bernd Mayländer. Der ehemalige DTM-Pilot dreht 2021 im 22. Jahr in Folge seine Runden als offizieller Safety Car Fahrer. "Das war zu Beginn schon etwas ungewohnt", sagt er angesichts der neuen Marke. Seit seinem ersten DTM-Rennen im Jahr 1995 ist Mayländer fast mit Mercedes verheiratet, ist noch immer Markenbotschafter für AMG. "Aber hier bin ich für die FIA. Ich fahre die Fahrzeuge, die mir gegeben werden. Es war in der Vergangenheit perfekt, dass es immer ein Mercedes war. Klar musste man darüber sprechen, aber es gab keine Komplikationen", so Mayländer.

Auch wenn sich Vantage und GT R auf den ersten Blick nicht besonders ähnlich sehen, die beiden Supersportwägen sind miteinander verwandt. Mercedes hält nicht nur Anteile am Sportwagenhersteller aus Gaydon, AMG liefert auch Motoren. Unter der Aston-Motorhaube schlummert V8-Power aus Affalterbach. Vantage und GT R setzen auf den 4,0-Liter Bi-Turbo. Im kompromisslos sportlichen Benz entwickelt er satte 585 PS, im grünen Gran Turismo 535 PS. Der neue Aston-Chef Tobias Moers - zuvor noch AMG-Boss - ließ seine Ingenieure extra noch 25 PS im Vergleich zur Serienversion herauskitzeln. Inzwischen ist die Safety-Car-Variante als Sonderedition für Jedermann zu bestellen: Für Jedermann, der 162.000 Euro für den Aston Martin Vantage F1 mit 535 Pferdchen übrig hat.

Das Safety und Medical Car gibt es auch 2022 wieder in der Farbe Grün, Foto: Aston Martin
Das Safety und Medical Car gibt es auch 2022 wieder in der Farbe Grün, Foto: Aston Martin

Während der Otto Normalverbraucher die Unterschiede zwischen Aston und Mercedes wohl eher in der Optik sieht, gibt es für den ehemaligen Rennfahrer auf der Strecke gröbere Unterschiede. "Die 50 PS sind da natürlich spürbar", erklärt Mayländer und fügt an: "Dann gibt es wesentliche Unterschiede am Getriebe und bei den Schaltzeiten." Während Mercedes einen 7-Gang Doppelkuppler verbaut, kommt im Aston ein 8-Gang-Getriebe von ZF zum Einsatz. Durch die Allradlenkung und die breiteren Reifen lenkt der Mercedes auch präziser ein. "Er ist aber auch das größere, breitere und schwerere Fahrzeug", wirft Mayländer ein. "Auf engen Strecken wie Monaco merkt man, dass der Aston kleiner und leichter ist."

Für beide Safety Cars gibt es unterschiedliche Crews, die die Fahrzeuge an den Wochenenden vorbereiten und warten. Bei den Testfahrten vor der Saison hat Mayländer sogar noch Setup-Änderungen an seinem neuen Boliden vornehmen lassen. "Während des Wochenendes spielt man nur etwas mit dem Luftdruck, aber vor der Saison haben wir an Spur und Sturz Hand angelegt. Die Serienautos sind eher untersteuernd ausgelegt, sodass sie einfacher zu fahren sind. Ich habe lieber ein übersteuerndes Auto." Übersteuern kann der Vantage auch mit Leistung - wenn auch nicht ganz so gut wie der GT R. Während der Mercedes eine neunstufige Traktionskontrolle hat, muss der Aston mit drei unterschiedlichen Programmen auskommen. "Bei Trockenheit fahre ich immer auf off", sagt Mayländer mit einem Schmunzeln. Bei Regen belässt er es bei der Sport-Einstellung.

Dass der Neuling etwas langsamer ist als der Platzhirsch, ist für den Schwaben kein Problem: "Das wusste man auch zuvor und ist mit weniger Leistung und schmaleren Reifen auch klar. Aber das wichtigste ist nicht, dass man das schnellste Safety Car hat, sondern das zuverlässigste. Und die Leute freuen sich extrem, dass eine zweite Farbe da ist - das merke ich auf den sozialen Medien sehr." Steht der neugewonnene Fanliebling auch in Mayländers privaten Garage? "Nein, das steht noch immer ein Mercedes-AMG. Aston Martin hat eine tolle Auswahl, aber die liegt nicht so ganz in meinem Budget."

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