Yuki Tsunoda steht vor dem ersten Formel-1-Rennen 2023 in Bahrain vor einer richtungsweisenden Saison in seiner Karriere. Der Japaner muss nach zwei zuweilen turbulenten Lehrjahren bei AlphaTauri liefern. An der Seite von Newcomer Nyck de Vries wird ihm automatisch die Rolle des Teamleaders zuteil. Die großen Fußstapfen von AlphaTauris Erfolgsgarant Pierre Gasly bereiten ihm allerdings keine Sorgen. Der Honda-Zögling fühlt sich nach der Achterbahnfahrt der vergangenen Jahre mental gefestigt und für jede Herausforderung bereit.

"Ich bin entspannter. Selbst in der Situation, mehr Verantwortung zu tragen und die Resultate liefern zu müssen", so der 22-Jährige am Donnerstag vor dem ersten Grand Prix des Jahres auf dem Bahrain International Circuit. Nach einer fulminanten Rookiesaison mit Gesamtrang drei in der Formel 2, winkte ihm 2021 die Blitzbeförderung in die Königsklasse. Dort legte er mit Platz neun beim Auftakt in Bahrain fulminant los, stürzte dann aber genauso spektakulär ab.

Zahlreiche Unfälle zerrten am Selbstvertrauen Tsunodas, der allenfalls noch mit Schimpftiraden im Boxenfunk auf sich aufmerksam machte. Der Druck in der Königsklasse warf ihn aus der Bahn. "Genießen ist in der Formel 1 das Zauberwort, denn der Druck ist immer da. Es ist in diesem Umfeld unmöglich, ihm zu entfliehen. Deshalb hatte ich in meinem ersten Jahr solche Schwierigkeiten. Ich versuchte, vor dem Druck davonzulaufen, aber das funktioniert nie", erklärt er.

Vor seinem dritten Jahr sieht er sich geläutert. "Ich fühle diesen Druck jetzt nicht mehr. Ich genieße das Fahren einfach, denn das ist der Weg, in der Formel 1 schnell zu sein und zu überleben", sagt er. "Wenn ich den Helm aufsetze und ins Auto steige, vergesse ich all diese Dinge ganz von alleine und das ist für mich zu einer Stärke geworden. Ich habe Spaß."

Erfolgserlebnisse bauten Tsunoda mental wieder auf

Im Vorjahr unterlag er Gasly zwar erneut, schnitt im teaminternen Duell aber deutlich besser ab. Im Qualifying unterlag er nur mit 13:9, in der Endabrechnung lag er nur elf Zähler hinter dem Franzosen. "Ich habe mich insgesamt einfach verbessert. Meine Qualifyingperformance, die Konstanz im Rennen, das kam in der zweiten Saisonhälfte alles zusammen", sagt Tsunoda.

Im schwächelnden AlphaTauri gelang es auch Gasly nicht mehr, für Glanzmomente zu sorgen. In der zweiten Saisonhälfte kam Tsunoda trotz ausbleibender Resultate immer näher. "Pierre war es immer gewohnt, dass ich ihn per Teamorder vorbeilassen muss. Aber im letzten Rennen musste ich das für ihn nicht mehr tun. So etwas ist in meiner ersten Saison nie vorgekommen", erklärt der mit 1,59 Metern kleinste Fahrer im Grid.

Mit den Erfolgserlebnissen kam bei ihm auch die Lockerheit zurück: "Ich habe all die [negativen] Dinge einfach vergessen und begann, in der Lage zu sein, meine Leistung abzurufen. Ich bekam das Gefühl, das Auto zu kontrollieren, anstatt vom Auto kontrolliert zu werden. Seitdem genieße ich es."

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Tsunoda und AlphaTauri in der Formel 1 am Scheideweg

Diese Erkenntnisse könnten für ihn gerade noch rechtzeitig gekommen sein. Der Saisonstart 2023 steht für Red Bulls Schwesterteam unter keinem guten Stern. Gerüchte über einen möglichen Verkauf bei anhaltender Erfolglosigkeit machten unlängst die Runde. "Ich habe den Eindruck, dass jeder hier im Team unter Druck steht. Wir haben letztes Jahr keine gute Leistung gezeigt, also sind wir alle in einer ähnlichen Situation, und nicht nur ich allein", sagt er.

Für Tsunoda ist klar, dass ein erneutes Abschneiden des Rennstalls auf dem neunten Platz in der Konstrukteurswertung sowohl für seine Laufbahn als auch für die Zukunft seines Arbeitgebers weitreichende Folgen haben kann: "Letztendlich ist das Ziel damit klar. Ich muss gute Leistungen zeigen und die Punkte holen."