Nächster Anlauf für Ferrari in der seit nun schon in ihr fünfzehntes Jahr gehende Jagd auf den nächsten Formel-1-Titel. SF-23 heißt das Auto, mit dem Charles Leclerc und Carlos Sainz 2023 die Jagd die Weltmeisterschaft eröffnen wollen.
Die Show an der Teststrecke in Fiorano war ein Spektakel vor 500 Fans auf der Tribüne, einer Eröffnung inklusive einer Geigen-Darbietung der italienischen Hymne, und einem anschließenden Shakedown des Autos, live vor den Kameras. Frederic Vasseur hat das Zepter als Teamchef übernommen, und Vasseur stellte schon vor Wochen klar: Eigentlich kann nur der Titel das Ziel sein. "Ich will nicht happy sein, weil ich bei Ferrari bin", kündigt Vasseur beim Launch an. "Es geht darum, zu gewinnen."
Im Vorjahr war Ferrari verhaltener gewesen, aber nach zwei Siegen in den ersten drei Rennen schossen die Erwartungen nach oben. Dann wurde die Scuderia hart zurück auf den Boden der Tatsachen geholt, Leclerc wurde abgeschlagen WM-Zweiter. Das Auto, besonders dessen stagnierende Entwicklung, war daher im Winter eine der größten Baustellen.
Nach der Sommerpause hatte Ferrari kaum mehr entwickelt, und kein Rennen mehr gewonnen. Auch die Einführung einer Technischen Direktive, die das Aero-Phänomen Porpoising einbremsen sollte, schien Ferrari nicht zu helfen. Dort war man eines der wenigen Teams gewesen, das zu Saisonbeginn trotz dem Hüpfen des Autos auch schnell gewesen war. Nach der Sommerpause verschwand das Hüpfen, und die Pace.
So sieht Ferraris neues Formel-1-Auto aus
An eine technische Revolution wagt sich Ferrari mit dem SF-23 auch nicht. Die relativ zur Konkurrenz großen Seitenkästen mit der Mulde obenauf bleiben erhalten. Ihre Form ist leicht verändert, die Kühlschlitze neu geteilt. Insgesamt sind die Seitenkästen etwas geschrumpft, haben unter dem Lufteinlass einen tieferen Undercut hin zum Unterboden.
Neu ist die Nase am Frontflügel. War sie am vorjährigen Modell noch bis zum untersten Hauptelement hinuntergezogen, endet sie dieses Jahr am vorletzten Element. Entlang der oberen Elemente gibt es mehrere kleine Luftleiter, die wohl die Regeln zu Abstandshalter zwischen den Hauptelementen ausnutzen. Mercedes brachte letztes Jahr schon so einen Prototyp-Flügel, zog den aber nach Legalitätszweifeln noch vor dem ersten Einsatz wieder zurück.
Wie auch bei den anderen Formel-1-Teams bemüht sich Ferrari, etwas mehr Schwarz in das Design zu bringen, um sich Lackierung und damit Gewicht zu sparen. Größtenteils bleibt der SF-23 aber trotzdem rot.
Fragezeichen Ferrari-Motor
Viel Arbeit hatte auch die Motorenabteilung zu verrichten. Die für 2022 komplett neu entworfene Power Unit war zwar stark, stellte sich aber im Lauf der Saison als schadensanfällig heraus. Am Ende des Vorjahres gestand man, dass man die Motoren zuletzt sogar hatte drosseln müssen. Das war aber ein kalkuliertes Risiko. Bis 2023 ist das Motorenreglement eingefroren, nur Zuverlässigkeitsupgrades sind erlaubt.
In den letzten Monaten sollen die Probleme nun aussortiert worden sein. Gerüchte, wonach die verbesserte Power Unit gar 30 PS mehr habe, schmetterte der neue Teamchef Vasseur zuletzt ab, aber die Daten suggerieren bei der Zuverlässigkeit einen Schritt nach vorne. Das Operationsfenster soll nun größer sein.
Neuer Ferrari-Teamchef bekommt Auto von altem Team
Abgesehen vom Auto ist die größte Neuerung bei Ferrari 2023 der Teamchef. Fred Vasseur kam von Alfa-Sauber, nachdem Mattia Binotto Ende letzten Jahres abtrat. Vasseur ist ein alter Bekannter von Leclerc, dessen Frust auch über Strategie-Entscheidungen, beziehungsweise die wiederholten Fehler in diesem Bereich, im letzten Jahr immer greifbarer wurde.
Vasseur bleibt vorerst im Team die einzige große Personalie. Er muss evaluieren, welche Baustellen es tatsächlich gibt, wo er gegebenenfalls den Hebel ansetzen muss. Der neue SF-23, so wie er dasteht, wurde im Verlauf der letzten Monate von Mattia Binotto und seinem Techniker-Team entworfen. Binotto führte bis zu seinem Ausscheiden aus dem Unternehmen am 31. Dezember die Geschäfte.
Leclerc & Sainz: Ferraris Top-Fahrerduo heiß auf WM
Unverändert bleiben die Ferrari-Fahrer. Charles Leclerc unterstrich seinen Wert mit drei Siegen und dem zweiten WM-Rang, will aber ganz klar mehr. Sein aktueller Ferrari-Vertrag läuft noch bis einschließlich 2024. "Ich freue mich drauf, wieder im Auto zu sitzen, und hoffentlich die WM zu gewinnen", kündigt Leclerc beim Launch unter dem Jubel der Tifosi an.
Carlos Sainz feierte mit seinem ersten Sieg in Silverstone einen Durchbruch. Zu Saisonbeginn war er relativ zu Leclerc noch abgeschlagen. Viele Arbeits- und Analysestunden später hatte er die Lücke zum Teamkollegen halbwegs geschlossen. Die ewige Frage der Nummer eins und Nummer zwei bleibt 2023 wieder offen, das hat Vasseur bereits versichert. Zugleich versichert er auch: "Wenn ich an einem Punkt eingreifen muss, dann werde ich das tun." Seinem Vorgänger Binotto war im letzten Jahr schlechte Handhabe der Lage unterstellt worden.
Mit einem locker-unterhaltsamen Live-Launch-Spektakel in Maranello konnte die Scuderia schon einmal glänzen. "Ich habe mir die anderen Launches angesehen, es war alles ein bisschen virtuell, online", kann sich Vasseur einen kleinen Kommentar nicht verkneifen. Ferrari will jetzt alle Teile für das WM-Puzzle 2023 zusammenhaben. Ob die Scuderia sie auch zusammenfügen kann, ist eine Frage, die erst auf der Rennstrecke beantwortet werden kann. Wo die Erwartungen im Hinblick auf WM klar sind.
Technische Daten Ferrari SF-23 - Chassis
- Monocoque: Karbon, Aluminium-Honigwaben
- Sicherheit: Titan-Halo, Überrollbügel vorne & hinten, Crash-Strukturen vorne, seitlich und hinten, Eindringungsschutz
- Verkleidung: Karbon
- Gewicht (einschl. Kühlflüssigkeit, Öl, Fahrer): 798 kg (per Reglement)
- Vorderradaufhängung: Druckstrebe
- Hinterradaufhängung: Zugstrebe
- Bremsen: belüftete Karbon-Scheiben vorne und hinten von Brembo, Brake-by-Wire
- Räder: 18 Zoll, BBS, geschmiedetes Magnesium
- Elektronik: Einheitssteuergerät nach FIA-Standard von McLaren
Technische Daten Ferrari SF-23 - Getriebe
- Hersteller: Ferrari
- Aufbau: Karbon-Gehäuse, längsseitig installiert
- Gänge: 8 vorwärts, 1 rückwärts
- Gangwechsel: Sequenzielle Halbautomatik, hydraulische Aktivierung
Technische Daten Ferrari SF-23 - Motor
- Modell: Ferrari 066/10
- Mindestgewicht: 150 kg
- Hubraum: 1,6 Liter
- Zylinder: 6 in 90-Grad-V (per Reglement)
- Ventile: 4 pro Zylinder (per Reglement)
- Drehzahl: 15.000 u/min (per Reglement)
- max. Benzindurchfluss: 100 kg/Stunde
- Aufladung: 1 Turbolader
- Hybrid-Batterie: Lithium-Ion, 20 kg Mindestgewicht
- Batterie-Kapazität: 4 Megajoule/Runde (per Reglement)
- MGU-K Leistung: 120 kW bzw. 163 PS (per Reglement)
- MGU-K Drehzahl: max. 50.000 U/min (per Reglement)
- MGU-H Leistung: unbegrenzt
- MGU-H Drehzahl: max. 125.000 U/min (per Reglement)
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