Als Racing Point 2021 zu Aston Martin wurde, waren die Erwartungen fast so hoch wie das Budget des Teambesitzers Lawrence Stroll. Nach einer durchwachsenen ersten Saison 2021 mit einigen Highlights (zweiter Platz von Sebastian Vettel in Baku) startete 2022 katastrophal: Null Punkte in den ersten drei Rennen.
Langsam entfleuchte das Team aus dem Tabellenkeller, am Ende wurde es Platz sieben in der Konstrukteurs-WM. Nicht genug für die hoch gesetzten Ziele des britischen Traditionsrennstalls. Der AMR23 soll nun den erwarteten Aufschwung bringen. Mit einem fast gänzlich neuen Auto, einem möglicherweise kleinen gefundenen Schlupfloch in den Regularien und Fernando Alonso.
Aston Martin 2.0: Generalsanierung zum Erfolg
"Wir haben alles, was wir letztes Jahr gelernt haben, auf das neue Auto angewendet", erzählt Eric Blandin in Aston Martins 'Undercut'. Viele Gemeinsamkeiten mit dem AMR22 hat sein Nachfolger nicht. "Wir haben ungefähr 90 Prozent davon verändert. Bei der Aerodynamik sogar 95 Prozent."
Neue Fabrik, bald ein neuer Windkanal, mit Fernando Alonso ein neuer Fahrer: Eigentlich ist für 2023 alles angerichtet. Das erste Auto aus der Feder des ehemaligen Red-Bull-Aerodynamikchefs Dan Fallows. "Wir haben ein paar Kleinigkeiten auf Lager", verrät Blandin mit einem Augenzwinkern. Kleinigkeiten, die aber nicht zu unterschätzen sind. Schon 2022 zeigte Aston Martin mit ihrem innovativen Heckflügeldesign Erfindergeist: 2022 noch legal, 2023 schon verboten.
Blandin: Aston Martin war 2022 in einer Sackgasse
"Wir haben ein paar clevere Innovationen am neuen Auto", verrät Blandin. "Die sind das i-Tüpfelchen." Schön zu haben, aber nicht unbedingt notwendig. Denn: "Es ist natürlich gut, wenn du ein kleines Schlupfloch findest und es zu deinem Vorteil nutzen kannst. Aber du kannst nicht dein ganzes Auto darum herum entwickeln."
Stattdessen gilt: Die Grundlagen richtig haben und dann darauf aufbauen. "Wenn du das falsche Konzept verfolgst, landest du irgendwann in einer Sackgasse und kannst das Auto nicht mehr weiterentwickeln. Da kommst du nur schwer wieder heraus." So passiert 2022, als Aston Martin dann ab Barcelona von seinen stark unterschnittenen Seitenkästen zum 'Red-Bull-Konzept' wechselte.
"Der AMR22 wurde zum Versuchslabor. Wir haben so viele Dinge auf der Strecke ausprobiert und dadurch das Auto immer besser verstanden", erklärt Eric Blandin. Der Konzept-Wechsel erlaubte eine bessere Ausnutzung der Leistungsgrenzen des Autos. "Dieses bessere Verständnis zeigte sich schon in der Performance gegen Ende der Saison."
Zuverlässigkeitsprobleme 2023 das K.-o.-Kriterium in der Formel 1
In der vergangenen Saison machte Porpoising Sebastian Vettel und Lance Stroll zu schaffen, ganz ausschließen kann Blandin das Problem 2023 auch nicht. "Wir haben bewusst ein paar Dinge verändert, um dem Porpoising entgegenzuwirken. Aber wir können für nichts garantieren, das sehen wir erst auf der Strecke." Falls doch, habe das Team mehrere Waffen im Arsenal, um dagegen anzukämpfen.
Problem dabei: Die kurze Zeit zwischen den Wintertests (23. bis 25. Februar) und dem Saisonauftakt (3. bis 5. März). "Wenn du ein aerodynamisches Problem lösen musst, wird es sehr schwierig", erklärt Blandin. Eine Woche reicht dafür nicht aus. Noch schlimmer sind nur Zuverlässigkeitsprobleme. "Wenn du viele Teile des Autos verändern musst, dein Kühl- oder Bremssystem nicht funktioniert oder die Aufhängung Probleme macht, gerätst du in Schwierigkeiten." Falls aber alles planmäßig abläuft, kann sich Aston Martin auf das Wichtigste fokussieren: Schnell zu sein.
Aston-Martin-Launch: Fans sollen nicht enttäuscht werden
Los geht es am 13. Februar bei Aston Martin mit der Fahrzeugpräsentation in Silverstone. Kein Showcar mit neuer Lackierung, sondern der echte AMR23. "Wir werden die Fans nicht enttäuschen", verspricht Eric Blandin. Laut ihm liegt Aston Martin gut im Zeitplan: "Aus aerodynamischer Sicht ist das Launch-Auto fertig."
Zurzeit arbeite das Team um ihn und technischen Direktor Dan Fallows hauptsächlich am Update-Plan des AMR23. "Natürlich ist der Launch wichtig, aber das ist nur der erste Schritt. Wir müssen das Auto die ganze Saison lang entwickeln." Schon 2022 der Schlüssel zum Erfolg: Das Auto in Abu Dhabi hatte nach zahlreichen größeren Updates und einem Konzept-Wechsel nicht mehr viel mit dem Prototypen aus Bahrain zu tun.
Aston Martins Fünf-Jahres-Plan: Mit Fernando Alonso 2025 Weltmeister
"Ich kann die Energie im Team spüren und wie motiviert jeder ist", konnte sich Fernando Alonso bei den Formel-1-Testfahrten in Abu Dhabi schon einen ersten Eindruck vom neuen Team verschaffen. Besonders der Mercedes-Motor beeindruckte ihn. Aber: "Wir müssen uns zusammensetzen und aus allem das Beste herausholen."
Der 41-Jährige kommt von Alpine und hat mit einem mehrjährigem Vertrag ausgestattet hohe Ziele. Einen Fernando Alonso will niemand enttäuschen. Wie stehen die Chancen auf einen dritten WM-Titel? Laut Aston Martins Fünf-Jahres-Plan soll es 2025 so weit sein. Das Team ist grundsätzlich optimistisch.
Mike-Krack-Plan: 2023 erster Sieg von Aston Martin
"Ich bin zuversichtlich, dass wir ein gutes Paket haben", meint Blandin. Und eine gute Fahrerpaarung: "Wir könnten die beste Fahrerpaarung am Grid haben. Aber das nützt alles nichts, wenn wir ihnen kein gutes Auto geben. Wir müssen abliefern."
Unklar ist zudem immer, wo die anderen Teams stehen. "Du bist nervös, weil du nicht weißt, ob du deinen Job gut genug gemacht hast. Und du fragst dich ständig: 'Haben wir einen besseren Job gemacht als sie?'", meint der stellvertretende technische Direktor. Aber: Ausreden gäbe es nun keine mehr und der Teamchef Mike Krack hat klare Ziel für 2023: "Wir sind nicht in der Startaufstellung, um das Feld aufzufüllen. Wir sind hier, um zu gewinnen."
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