Charles Leclerc gegen Max Verstappen: Besonders in der ersten Saisonhälfte 2022 machten sich die beiden Kontrahenten Rennsiege unter sich aus. Eine spannende Weltmeisterschaft wurde erwartet, am Ende gewann der Red-Bull-Pilot klar seinen zweiten Titel. Leclerc musste sich auf das nächste Jahr vertrösten, er gilt aber nach wie vor als eines der größten Talente im Fahrerlager. Am Ende hilft ihm das vielleicht auch nichts, prophezeit Jean Alesi. Die wahren Kampfarenen sind in Milton Keynes und Maranello.

Red Bulls Dominanz einfach erklärt

"Wenn wir uns die Kräfteverhältnisse ansehen, ist Adrian Newey der wirklich entscheidende Faktor", meint Jean Alesi in einem Interview mit 'Autosprint'. "Seitdem es die neuen Regeln in der Formel 1 gibt und Ingenieure mehr Freiheiten haben, hat Newey den Unterschied gemacht." 2022 dominierte Red Bull nach Startschwierigkeiten das erste Jahr der neuen Autogeneration.

Elf Weltmeistertitel erzielte Adrian Newey bei Red Bull. Bis jetzt, Foto: Dan Mullan / Getty Images / Red Bull Content Pool
Elf Weltmeistertitel erzielte Adrian Newey bei Red Bull. Bis jetzt, Foto: Dan Mullan / Getty Images / Red Bull Content Pool

Zu Beginn kämpfte der österreichische Rennstall noch mit Zuverlässigkeit und Übergewicht, im Laufe der Saison entwickelte sich der RB18 aber zum Seriensieger. Ferrari fuhr seine vier Siege auf den ersten elf Strecken ein, nach Österreich gewann (mit Ausnahme von George Russell in Brasilien) nur mehr Red Bull.

Der Newey-Faktor in der Formel 1

"Newey ist der entscheidende Faktor", hat Jean Alesi eine klare Meinung. "Niemand Anderes kann ein Auto während einer Saison so gut weiterentwickeln. Selbst wenn es nur Kleinigkeiten sind." Kleinigkeiten, die beständig das Auto schneller machen. Ferrari zog im Entwicklungsrennen den Kürzeren und musste Verstappen ziehen lassen. Stattdessen fokussierte sich die Scuderia schon früh auf 2023. Nach 16 Jahren ohne WM-Titel soll es 2023 endlich so weit sein.

Ferrari hat als Zweiter in der Konstrukteurs-WM und Red Bulls Budget-Cap-Strafe mit mehr Aero-Testzeit 2023 zwar einen Vorteil, Ex-Ferrari-Pilot Jean Alesi würde sein Geld trotzdem auf das Team aus Milton Keynes setzen. Und auf Adrian Newey. "Wenn er wieder mit einem Meisterwerk ankommt, wird es sehr schwierig."

Adrian Newey: Aerodynamik-Papst und Teilzeit-Kellner, Foto: Dan Istitene / Getty Images / Red Bull Content Pool
Adrian Newey: Aerodynamik-Papst und Teilzeit-Kellner, Foto: Dan Istitene / Getty Images / Red Bull Content Pool

"Deshalb glaube ich nicht, dass es ein Kampf zwischen Verstappen und Leclerc wird, sondern zwischen Newey und Ferrari", so Alesi. "Egal ob die Dinge gut oder schlecht laufen, Newey entscheidet über Sieg oder Niederlage." Schon vor seiner Zeit bei Red Bull machte sich der 64-Jährige Luftfahrt-Ingenieur bei Williams und McLaren mit insgesamt zwölf Weltmeistertiteln einen Namen. 2006 lockte ihn Christian Horner zu Red Bull.

Horner rekrutiert Newey mit Spezialtaktik

"Was uns damals fehlte, war eine klare technische Richtung", erinnert sich Christian Horner in Red Bulls 'Unfiltered: Horner und Newey' Interview-Video. "Adrian war der Beste, der jemals in der Formel 1 gearbeitet hat, also war es nur eine Frage, wie wir Adrian von Red Bull überzeugen könnten." Christian Horner entschied sich damals für eine interessante Taktik. "Christian gewöhnte es sich 2005 an, mich auf dem Weg ins Paddock möglichst oft abzufangen", schmunzelt Adrian Newey.

Nach einigen kurzen Plaudereien im Fahrerlager übernahm der Doktor. "Und dann stand dieser Gentleman in schwarzer Lederjacke plötzlich vor mir und sagte: 'Ich bin Helmut Marko, hier ist meine Karte. Wir werden uns melden.'" Zusätzlich legte David Coulthard ein gutes Wort ein. Der Rest ist Geschichte: Dr. Helmut Marko meldete sich, Adrian Newey wechselte 2006 von McLaren zu Red Bull, übernahm die Rolle des technischen Direktors und verhalf Red Bull seitdem zu sechs Fahrer- und fünf Konstrukteurstiteln.

Adrian Newey in der Formel 1

JahrTeamAutoFahrertitelKonstrukteurstitel
1992WilliamsFW14B++
1993WilliamsFW15C++
1994WilliamsFW16+
1996WilliamsFW18++
1997WilliamsFW19++
1998McLarenMP4/13++
1999McLarenMP4/14+
2010Red BullRB6++
2011Red BullRB7++
2012Red BullRB8++
2013Red BullRB9++
2021Red BullRB16B+
2022Red BullRB18++

2023: Ferrari nur mit Außenseiterchancen?

Falls der RB19, der am 3. Februar in New York präsentiert wird, schwächelt, hat die Scuderia eine Chance. "Wenn das Auto unzuverlässig ist", meint Jean Alesi. Auch Adrian Newey warnt: "Ferrari wird nicht auf der faulen Haut liegen."

Aber: "Red Bull ist derzeit absoluter Spitzenreiter der Formel 1 und in allen Bereichen unglaublich stark", erinnert Alesi. Fahrer, Motor, Konstanz beim Personal. Zudem sollte Ferrari aber auch Mercedes im Blick behalten. "Sie werden nicht den gleichen Design-Fehler zweimal machen." Es ist angerichtet, am 5. März geht es los mit dem Auftakt in Bahrain.

Perfekter Start, kein Happy End: Ferrari startete 2022 in Bahrain mit einem Doppelsieg in die Saison, Foto: Scuderia Ferrari
Perfekter Start, kein Happy End: Ferrari startete 2022 in Bahrain mit einem Doppelsieg in die Saison, Foto: Scuderia Ferrari