Anfangs mit Startschwierigkeiten, dominierte Red Bull die diesjährige Formel-1-Saison. Spätestens in Spa die Machtdemonstration: Mit Motorenstrafe startete Max Verstappen nur von P14 aus, pflügte aber dann scheinbar mühelos durchs Feld. Keine Chance für die Konkurrenz. Mitgrund: Ein Manko des RB18, das endlich beseitigt wurde.

Ferrari profitierte von Red Bulls Winterkilos

"Wir sind übergewichtig in die Saison gestartet", meint Dr. Helmut Marko auf ServusTV. Und spricht dabei natürlich vom RB18, nicht von Max Verstappen. "Nicht er, das Auto", stellt er schmunzelnd klar. Ferrari zu Saisonbeginn zwar auch nicht am Mindestgewicht von 798 Kilo, aber deutlich leichter. Ein Vorteil: Vor allem im Qualifying hatte die Scuderia die Nase vorn. Zwölf Poles für Ferrari, acht für Red Bull.

Neun Pole Positions für Charles Leclerc 2022. Mitgrund: Ein leichteres Firmenauto, Foto: LAT Images
Neun Pole Positions für Charles Leclerc 2022. Mitgrund: Ein leichteres Firmenauto, Foto: LAT Images

Der Doktor rechnet vor: "Zehn Kilo Übergewicht sind ungefähr drei Zehntel." Das einzige Update, dass das Auto garantiert schneller macht. "Intern wussten wir, dass wir da eine unglaubliche Reserve haben. Wenn du im Windkanal etwas ausprobierst, ist es ja nur ein Versuch. Eine Garantie hast du nie."

Red Bull: Auf und Ab auch ohne Porpoising

"Wir waren bei knapp 20 Kilo", gesteht Dr. Helmut Marko. "Wir wussten: Fünf Zehntel sind im Auto, wenn wir Gewicht reduzieren." Durch Updates baute Red Bull das Gewicht ihres Boliden immer weiter ab, und gewann dadurch (fast) kontinuierlich an Rundenzeit.

In Miami hatte der österreichische Rennstall schon etwa 7,5 Winterkilos verloren, durch aerodynamische Updates schwankte der RB18 aber gewichtsmäßig. "Wenn wir so die Performance unseres Autos ein bisschen verbessert haben, hilft uns das im Qualifying und Rennen", verteidigte Chefingenieur Paul Monaghan die schweren Upgrades. "Bei den Weight-Watchers verlierst du ja auch nicht das ganze Übergewicht in einem Rutsch", beruhigte damals auch Dr. Helmut Marko. Schrittweise wurde der RB18 leichter, und schneller.

Das verlorene Gewicht des RB18 spielte vor allem in Max Verstappens Karten, Foto: Bryn Lennon / Getty Images / Red Bull Content Pool
Das verlorene Gewicht des RB18 spielte vor allem in Max Verstappens Karten, Foto: Bryn Lennon / Getty Images / Red Bull Content Pool

Ein leichterer Red Bull verleiht Verstappen Flügel

Weiterer Pluspunkt: Das Fahrverhalten des RB18 änderte sich. Zu Max Verstappens Gunsten. "Mit der Gewichtsreduzierung ist das Auto vom Fahrverhalten in die Richtung gegangen, die Max bevorzugt", erzählt der Red-Bull-Motorsportberater weiter bei ServusTV. Denn: Ein schweres Auto neigt zum Untersteuern. Eine Charakteristik, die Sergio Perez besser liegt und seinen starken Saisonstart zum Teil erklärt. Verstappen hingegen präferiert ein übersteuerndes Auto mit scharfer Vorderachse.

"Nicht viele Fahrer kommen damit klar, aber für ihn das Optimum", weiß Dr. Helmut Marko. Durch das geänderte Fahrverhalten wurde der Red-Bull-Pilot zum fliegenden Holländer. "Mit dieser Performance und dem geänderten Fahrverhalten ist die Kombination aus Auto und Fahrer unglaublich gewachsen."

Verstappen verbesserte sich 2022 noch einmal fahrerisch und nahm Perez den Titel als Reifenflüsterer ab, Foto: LAT Images
Verstappen verbesserte sich 2022 noch einmal fahrerisch und nahm Perez den Titel als Reifenflüsterer ab, Foto: LAT Images

Zumindest für einen Piloten, denn 'Checo' kam immer schlechter mit der Slim-Fit-Version des RB18 zurecht. Im Gegensatz zum Teamkollegen ging es bis zu seiner Rehabilitation mit seinem Sieg in Singapur für Perez bergab. "Wir hatten selten Doppelsiege", bedauert auch der Doktor. Fünf Mal in dieser Saison gelang das den Bullen. Das erklärte Ziel, erstmals Erster und Zweiter in der Fahrer-WM zu werden, schlug fehl. Ein kleiner Makel des sonst überlegenen Red-Bull-Teams.

Verstappen, Auto und Team: Auch 2023 unaufhaltbar?

"Wir lagen von der Strategie her in jedem Rennen richtig und hatten keine technische Ausfälle mehr", zählt Helmut Marko weitere Gründe für ihren Siegeszug auf. Und: Max Verstappen habe sich fahrerisch noch weiter gesteigert. "Er war schnell wie nie, aber gleichzeitig ein Reifenflüsterer und ist taktisch gefahren."

An der Kombination Max Verstappen, Auto und Team führte 2022 kein Weg vorbei. 17 Siege sprechen für sich. Ausgenommen Brasilien: In Interlagos kämpfte Red Bull mit sich selbst, und Lewis Hamilton. Auf mehr Duelle mit Mercedes kann Verstappen gern verzichten. "Hoffentlich nicht, hoffentlich sind wir weit vorne. Das ist das Ziel", kommentiert der Weltmeister bei der Jahresabschlussgala auf ServusTV.