Ein großer Regel-Umbruch bringt in der Formel 1 immer viel Wirbel mit sich. Nachdem die neun Redakteure von Motorsport-Magazin gestern die größten Absteiger der F1-Saison 2022 behandelt haben, sehen wir uns nun die größten Aufsteiger an. Und etwas überraschend liegt der Hauptfokus hier auf der Mannschaft von Mercedes.

Das Team mag schlecht gestartet sein, aber zweifelsohne traten die Mannen aus Brackley den Beweis an, dass sie mit so einer schwierigen Lage umgehen können. Das denkt auf jeden Fall die Redaktion von Motorsport-Magazin. Neben dem Team ist aber vor allem George Russell als Highlight der Saison genannt. Lob für Red Bull und für Lando Norris kommt auch nicht zu kurz. Beginnen wir aber zuerst mit einer kleinen Überraschung. Ein paar Worte von jedem MSM-Redakteur.

Aston Martin: Volltreffer mit neuem Teamchef?

Mike Krack
Christian Menath
Wer kannte Mike Krack vor dieser Saison? Man könnte meinen, vom Leiter BMW Motorsport zum Teamchef von Aston Martin wäre es ein Abstieg. Aber es geht hier um die Formel 1. Krack hatte es zu Beginn alles andere als einfach. Aber das Team hat sich über das Jahr hinweg sukzessive entwickelt. Am Ende war man im Rennen so schnell wie der McLaren. Krack hat Ruhe bewahrt, das Team hat es und das zahlt sich nun aus. Ich bin schon gespannt, wie es 2023 weitergeht.

Mercedes, Teil 1: Volltreffern bei den Fahrern

Nyck de Vries
Florian Niedermair
Der größte Aufsteiger des Jahres stand 2022 nur bei einem einzigen Rennen überhaupt in der Startaufstellung - dort lieferte Nyck de Vries aber. Der Formel-E-Weltmeister und Mercedes-Ersatzfahrer war beinahe ein Stammgast in FP1 und wurde lange als Kandidat für Williams gehandelt. Wo er auch unterkam - allerdings nur um in Monza Alex Albon zu ersetzen. Nach P9 beim Italien-GP stand er plötzlich bei mehreren Teams auf der Wunschliste ganz oben. Dass AlphaTauri am Ende das Rennen machen und den ehemaligen F2-Champion ins Cockpit setzen würde, damit hat vor der Saison wohl niemand gerechnet.

George Russell
Tobias Mühlbauer
Diese Kategorie ist für mich eindeutig. Dass George Russell Talent hat, war allen klar, doch musste er dieses bei seinem Aufstieg ins Mercedes-Team an der Seite von Superstar Lewis Hamilton auch zeigen. Der junge Brite ließ vom ersten Moment an keinen Zweifel aufkommen und integrierte sich hervorragend ins Team. Russell zeigte ein Muster an Konstanz, sein erster Sieg in Brasilien war hochverdient. Vor der Saison lautete Frage: Ist dieser Russell wirklich so gut? Jetzt lautet die Frage: Kann ihm Mercedes ein besseres Auto bauen?

George Russell
Isabelle Grasser
George Russell machte aus seiner Formel-1-Karriere 2022 eine echte Erfolgsgeschichte. Dem jungen Piloten gelang der Aufstieg vom Verliererteam Williams zum Weltmeister Mercedes, wo er sich mit Rekordsieger Lewis Hamilton messen musste. Eine schwierige Aufgabe. Schon vor Saisonstart sahen viele Russell in der typischen Zweitfahrerrolle. So kam es aber nicht. Der Williams-Aufsteiger ging bei Mercedes nicht unter, sondern konnte sich behaupten und seinen ersten F1-Sieg feiern. Und dass, obwohl der W13 seine Probleme hatte. Russell gelang es, den märchenhaften Aufstieg von Williams zu Mercedes zu meistern.

Mercedes, Teil 2: Volltreffer bei der Entwicklung

Mercedes(-AMG F1 W13 E Performance!)
Stephan Heublein
Bei Mercedes gibt es eine klare Regel: Ein neuer Rennwagen ist nur ein Silberpfeil, wenn er auch Titel oder wenigstens Rennen gewinnt. In der Hybrid-Ära waren die Boliden aus Brackley und Brixworth gerne mal eine Diva, aber gewonnen haben sie trotzdem fast immer. Der W13 war ein wild gewordenes Känguru. Wie das Team das hüpfende, springende und aufsetzende Tierchen über 22 Rennen hinweg zähmte und immerhin zu einem GP-Sieg führen konnte, verdient Respekt. Damit darf der W13 sich zumindest Silberpfeil Light nennen. War Mercedes 2022 eine Enttäuschung? Definitiv. Ist der W13 mit dieser Entwicklung dennoch der Aufsteiger der Saison? Absolut.

Mercedes
Samuel Marton
Der Aufsteiger der Saison ist für mich Mercedes. Wenn man 2021 und 2022 vergleicht, dann hat das Werksteam eigentlich einen ziemlichen Abstieg hingelegt. Was mich aber beindruckt hat, ist die Art und Weise, wie Mercedes mit den großen Problemen umging und als Team funktionierte. Schließlich hat man von sich selbst keine Wunder erwartet, sondern einfach seinen Job gemacht. In Brasilien reichte das sogar für einen fulminanten Sieg. Dass dieser an George Russell ging, formt daraus zudem eine schöne Geschichte, wenn man bedenkt, welche Rückschläge der Brite bisher einstecken musste.

Red Bull & Lando Norris: Besser geht immer

Lando Norris
Carina Teifelhard
Lando Norris war in der Saison 2022 vor allem eines: Konstant. Die Performance des McLaren-Boliden ließ zwar zu wünschen übrig, trotzdem lieferte der Brite eine fehlerlose Saison ab. Dabei holte der McLaren-Pilot bei jedem Rennen das Maximum aus dem MCL36 heraus. Der Bonus: Norris erzielte in Monza den dritten Platz. Somit war der Brite abgesehen von Red Bull, Ferrari und Mercedes der einzige Pilot, der sich über einen Podiumsplatz freuen konnte. Nach dieser Leistung gehörte er 2022 mit Abstand zu den besten Fahrern des Feldes.

Red Bull
Rebekka Bauer
17 von 22 gewonnene Rennen, 28 Podien, Fahrer- und Konstrukteursweltmeister schon vor Saisonende und der RB18 als Geniestreich Adrian Neweys: Red Bull lieferte 2022 eine (fast) perfekte Saison ab. Max Verstappen wurde schon 2021 Weltmeister, aber er und das Team haben heuer noch einen draufgelegt. Nach Startschwierigkeiten dominiert das Team aus Milton Keynes. Abseits der Strecke ließen sich die Bullen von der Budget-Cap-Saga, dem Tod von Dietrich Mateschitz und dem Teamorder-Drama in Brasilien nicht beirren. Der Getränkehersteller auf einer Mission gegen die Platzhirsche der Autowelt.

... Max Verstappen?
Markus Steinrisser
Irgendwie fehlt mir für die Saison 2022 der wirklich große Aufsteiger. Ja, George Russell war gut, aber so sehr stand das für mich jetzt nicht infrage. Dass Mercedes das Auto halbwegs hinbekommt war zu erwarten. Alpine vielleicht loben, dass sie sich als vierte Kraft stabilisiert haben? Aston Martin dafür, dass sie sich gerade noch einmal gerettet haben? Davon haut mich nichts um. Vielleicht fällt mir in der Winterpause etwas Besseres ein als hier Max Verstappen zu nennen, der noch einen Schritt gemacht hat, wie es sich für jemanden gehört, der mehr als bloß ein Weltmeister von vielen sein will.