Deutschland, das Land der Automobilhersteller. Hier wurde das Automobil erfunden, hier wird auf der Autobahn (noch) so schnell gefahren, wie man kann oder will. Deutschland ist eine Automobilnation. In der Formel 1 sieht es tatsächlich etwas anders aus. Michael Schumacher löste in den 90er Jahren einen Boom aus. Zeitweise fuhren im Windschatten des Schumacher-Hypes sogar sieben deutsche Piloten in der Königsklasse. Zu dieser Zeit wuchs für viele auch endlich zusammen, was zusammengehörte: Schumacher und Mercedes.

Eine deutsche Traum-Ehe? Nicht ganz - und das hängt nicht nur damit zusammen, dass die Ergebnisse nicht stimmten. Vom Formel-1-Boliden mit dem Stern auf der Nase kamen nur die Millionen und der Fahrer aus Deutschland, das Auto selbst nicht. Chassis und Motor von Mercedes wurden und werden in England entwickelt und gebaut. Deshalb konnte sich Audi bei der Verkündung des Formel-1-Einstiegs einen Seitenhieb in Richtung Mercedes nicht verkneifen. "Damit entsteht erstmals nach mehr als einem Jahrzehnt wieder ein Formel-1-Antrieb in Deutschland", hieß es in der Pressemitteilung.

Tatsächlich ist die Geschichte der deutschen Formel-1-Konstrukteure überschaubar. Das Zentrum der Königsklasse sitzt in England, im sogenannten Motorsport-Valley. Sieben der zehn derzeitigen Teams haben dort ihren Sitz. Als die Formel 1 1950 aus der Taufe gehoben wurde, hießen die Konstrukteure Alfa Romeo, Ferrari, Maserati, Talbot, Simca, Cooper und Co. In Italien, Frankreich und Großbritannien entstanden die Rennautos der Nachkriegszeit. In den 1970er Jahren schlugen die Garagisten Frank Williams, Bruce McLaren und Co ihre Zelte in England auf. Davon zehrt die Region bis heute. Die Infrastruktur ist perfekt. Aber nicht nur das, wie Christian Danner weiß: "Es herrscht ein permanenter Technologieaustausch. Jeder, der für Team A gearbeitet hat und jetzt bei B arbeitet, vergisst nicht, was er bei A gemacht hat. So ist der Technologieaustausch immer da." Trotzdem war und ist - wie Audi zeigt - es auch in Deutschland möglich, Formel 1 zu machen. Das Motorsport-Magazin blickt auf die Königsklasse Made in Germany zurück.

Die Werke

Mercedes:
Die Legende der Silberpfeile entstand bereits lange vor Gründung der Formel 1 im Jahr 1950. Der Mythos geht zurück auf den Grand-Prix-Rennsport vor dem zweiten Weltkrieg. In der Formel 1 war die Daimler-Benz AG nicht von Anfang an am Start, weil man kein passendes Fahrzeug hatte. Erst als 1954 ein neues Reglement in Kraft trat, kam Mercedes. Am Stammsitz in Stuttgart wurde der legendäre Mercedes W196 entwickelt, gebaut und sogar noch getestet. Damals entstand alles unter einem Dach: Der 2,5-Liter 8-Zylinder Sauger wurde ebenso am Stammsitz entwickelt wie die zwei Karosserievarianten. Schon damals hatte Mercedes zwei Aerodynamik-Spezifikationen im Einsatz: Eine Stromlinien-Karosse für schnelle Kurse, eine Variante mit freistehenden Rädern für enge Strecken. Tatsächlich dauerte der Formel-1-Einsatz nur ein gutes Jahr: 1954 stieg man zur Mitte der Saison ein, 1955 stieg man nach sechs von zehn Rennen trotz riesiger Erfolge mit Juan-Manuel Fangio wieder aus. Dann hörte man in der Formel 1 lange nichts mehr von Mercedes.

Mercedes' Werksengagement begann in den 1950er-Jahren, erlebte dann aber eine lange Pause, Foto: Daimler
Mercedes' Werksengagement begann in den 1950er-Jahren, erlebte dann aber eine lange Pause, Foto: Daimler

Erst Anfang der 1990er Jahre sollte die Marke mit dem Stern wieder zurückkehren. Der werksseitige Einstieg mit Sauber platzte aber aufgrund der damaligen Wirtschaftskrise. Mercedes hatte kein eigenes Team, sondern baute lediglich den Motor - in England. 1984 gründeten die ehemaligen Cosworth-Mitarbeiter Mario Illien und Paul Morgan in Brixworth die Motorenschmiede Ilmor. 1994 kaufte Daimler-Benz 25 Prozent der Firma, 2002 übernahm man den Standort komplett. Bis heute entstehen die Mercedes-Formel-1-Motoren dort. 2010 entschied sich Mercedes schließlich, ein vollständiges Werksteam an den Start zu bringen.

Warum das ebenfalls in England sitzt? Man übernahm damals das Brawn-Team, das seinerseits aus Honda hervorging. Honda war zuvor British American Racing, kurz BAR. BAR wiederum ging aus Tyrrell hervor. Die Tyrrell Racing Organisation wurde 1970 von Ken Tyrrell im britischen Ockham gegründet. BAR zog schließlich bei der Übernahme in die Hallen von Reynard Motorsport in Brackley um - und dort wird der moderne Silberpfeil bis heute gebaut. Inzwischen gehört das Team zu einem Drittel Mercedes, zu einem Drittel Toto Wolff und zu einem Drittel dem britischen Chemiekonzern INEOS.

BMW:
Als einziger deutscher Premiumhersteller signalisierte BMW zuletzt überhaupt kein Interesse an der Formel 1. Das war längst nicht immer so. Noch heute ist beim stärksten Motor der Formel-1-Geschichte von einem BMW-Aggregat die Rede. Über 1.400 PS hat der 1,5-Liter 4-Zylinder-Turbomotor in den 1980er Jahren geleistet. Die Entstehungsgeschichte des Wundertriebwerks ist mindestens genauso legendär wie die Ingenieurskunst an sich. Angeblich hätte BMW-Motorenpapst Paul Rosche alte Motorblöcke aus der Serie genommen und die Formel-1-Triebwerke darauf aufgebaut. Tatsächlich aber bildete der Serienmotor nur die Basis für die Entwicklung, die in der BMW-Zentrale in München gemacht wurde.

Motorenmann Rosche und Motorsportchef Jochen Neerpasch, sowie dessen Nachfolger Dieter Stappert mussten den BMW-Vorstand lange bearbeiten, ehe das Formel-1-Projekt genehmigt wurde. An ein Werksteam war nicht zu denken, doch mit dem Brabham-Rennstall von Bernie Ecclestone hatte man einen schlagkräftigen Partner, mit dem man schon 1983, in der zweiten Saison den Fahrer-WM-Titel gewinnen konnte. Lange blieb BMW aber nicht in der Königsklasse: Ende 1986 zog man sich zurück, die Aggregate wurden aber bis zum Verbot der Turbomotoren unter dem Branding Megatron eingesetzt. Anfang der 1990er gab es Pläne über eine Rückkehr, sogar als Werksteam. Beim britischen Rennstall Simtek wurden sogar schon Chassis in Auftrag gegeben, die BMW aber nie einsetzte.

BMW fuhr das letzte mal in den 2000er-Jahren in der Königsklasse, damals tat man sich mit Sauber zusammen, Foto: Sutton
BMW fuhr das letzte mal in den 2000er-Jahren in der Königsklasse, damals tat man sich mit Sauber zusammen, Foto: Sutton

Erst im Jahr 2000 kamen die Bayerischen Motorenwerke zurück in die Königsklasse und machten ihrem Namen als Motorenpartner von Williams alle Ehre. Der 3,0-Liter V10-Sauger wurde wieder in der Bayerischen Landeshauptstadt entwickelt, das Chassis bei Williams in Grove. Lange hielt die Ehe nicht, Williams war für den BMW-Einfluss nicht besonders empfänglich. 2006 trat BMW deshalb mit einem eigenen Werksteam an. Allerdings baute man das Chassis nicht selbst, stattdessen hatte man das Sauber-Team in der Schweiz übernommen. 2008 kämpfte Robert Kubica im BMW-Sauber sogar lange um den WM-Titel, BMW investierte aber lieber frühzeitig in die Saison 2009 - und verrannte sich mit dem Energierückgewinnungssystem KERS. Sportlicher Misserfolg gepaart mit der weltweiten Finanzkrise besiegelten den Ausstieg Ende 2009, der Sauber fast in den Ruin trieb.

Porsche:
Wie Mercedes und BMW gibt es auch in der Porsche-Historie das Kapitel Formel 1 zweimal ernsthaft. Streng genommen müsste Porsches erstes Kapitel aber in die Kategorie Formel 2 fallen. Denn 1961 und 1962 fuhr die Formel 1 mit dem technischen Reglement der Formel 2. Porsche hatte dafür einen passenden Boliden, der 1961 mäßig erfolgreich eingesetzt wurde. Für 1962 entwickelte man ein neues Auto, mit dem Dan Gurney den bis heute einzigen reinen Porsche-Sieg in der Formel 1 feierte. Als die Königsklasse 1963 auch technisch wieder zur Königsdisziplin wurde, zog sich Porsche aufgrund der hohen Kosten und der geringen Serienrelevanz wieder zurück.

In den 1980er Jahren lieferte Porsche dann Formel-1-Technik - sogar sehr erfolgreich, aber nicht als Werk. Als Ron Dennis McLaren übernahm, wollte er die erfolgreichen Zeiten des Rennstalls wieder aufleben lassen. In der Ära der Turbomotoren brauchte er aber einen starken Partner. Porsche hatte Expertise auf dem Gebiet der Turbomotoren, wollte aber eigentlich nicht in die Formel 1. Dennis konnte die luxemburgische Investmentfirma TAG dafür begeistern, das Projekt zu finanzieren. So entstand bei Porsche die Auftragsarbeit Formel-1-Motor. Hans Mezger baute in Weissach von 1983 bis 1987 exklusiv Motoren für McLaren. Der 6-Zylinder war ein Sahnestück: Nicht so leistungsstark wie der BMW-Turbo in der Spitze, dafür aber fahrbarer und sparsamer. 1984, 1985 und 1986 gewannen Niki Lauda und Alain Prost den Titel mit TAG-Motoren made by Porsche. Als die Finanzierung stoppte, starb das Projekt prompt.

McLaren arbeitete mit Porsche zusammen, so konnte man 3 WM-Titel erringen, 1984,85 und 86 gewannen Lauda und Prost den Fahrer-WM-Titel, Foto: Sutton
McLaren arbeitete mit Porsche zusammen, so konnte man 3 WM-Titel erringen, 1984,85 und 86 gewannen Lauda und Prost den Fahrer-WM-Titel, Foto: Sutton

1991 gab es ein kurzes Porsche-Comeback mit 3,5 Liter V12-Motor, der im Footwork Arrows allerdings komplett floppte. Er war schwer, schwach und anfällig. Nach nur einem Jahr war Porsche wieder weg. Gar nicht erst zustande kam das letzte Kapitel der Porsche-F1-Geschichte. Eigentlich wollte man 2026 mit Red Bull Kräfte bündeln. Differenzen über das Mitbestimmungsrecht bei Red Bull ließen die Ehe scheitern, bevor sie eingegangen wurde. In der Porsche-Belegschaft gab es zudem Verstimmungen, weil der Stuttgarter Autobauer nur Namensgeber gewesen wäre. Auto und Motor wären bei Red Bull in Milton Keynes entstanden.

Deutsche Garagisten

Die Formel 1 ist heute ein Sport, der an Komplexität kaum zu toppen ist. Die Komplexität erfordert entsprechend hohe finanzielle Mittel - trotz Budgetobergrenze. Billig war Motorsport nie, aber früher bedurfte es nicht immer eines großen Herstellers, um in der Königsklasse mitzufahren. Bekannt sind die britischen Garagisten, aber auch in Deutschland gab es immer wieder Motorsport-Verrückte, die es in der Königsklasse versucht haben. Von Alex von Falkenhausen Motorenbau, Klenk, Veritas oder dem Eisenacher Motorenwerk Anfang der 1950er Jahre wissen wohl die wenigsten, doch in den 1970er und 1980er Jahren gab es durchaus Formel-1-Unterfangen Made in Germany, über die man heute noch spricht.

ATS & Rial: Die Felgenhersteller:
Neben Tabak-Konzernen und Brauseherstellern wirkt ein Felgenhersteller in der Formel 1 gar nicht so sehr fehl am Platz. Ende der 1960er Jahre gründete Günter Schmid in Bad Dürkheim das Unternehmen Auto Technisches Spezialzubehör, kurz ATS. Schmid war nicht nur ein Visionär bei der Herstellung von Leichtmetallfelgen, sondern auch großer Motorsportenthusiast, der gerne selbst ins Cockpit kletterte. Als Unternehmer wollte er die Plattform Motorsport für Marketing nutzen. 1976 ging sein Rennstall ATS Wheels in der Formel 2 mäßig erfolgreich an den Start. Für etwas mehr Geld suchte er 1977 die große Bühne der Formel 1 und kaufte dazu die Reste von Penske. Das US-Team war Ende 1976 ausgestiegen. ATS war ein chronisch unterfinanziertes Chaos-Team mit ständig wechselndem Personal und teilweise abenteuerlichen Strukturen.

Zunächst basierte das Auto auf dem alten Penske, später auf einem March. Erst später konstruierte man mit dem jungen österreichischen Ingenieur Gustav Brunner selbst - und lieferte mit dem ersten unverkleideten Monocoque sogar eine echte Innovation. Große Erfolge gab es nie, doch mit Manfred Winkelhock, Hans-Joachim Stuck, Jochen Mass, Marc Surer, Keke Rosberg und Gerhard Berger hatte man bis zum Ende des Teams 1984 zahlreiche Talente im Cockpit. 1985 konnte ATS nicht mehr an den Start gehen, weil BWM aufgrund mangelnder Erfolge keine Motoren mehr liefern wollte.

Damit war für Günter Schmid das Kapitel Formel 1 aber noch nicht zu Ende. Der Unternehmer übernahm mit Rial nicht nur einen neuen Felgenhersteller, sondern gründete 1988 auch ein neues Formel-1-Team - in den Hallen des Felgenherstellers in Fußgönheim. Wieder mit an Bord: Der Ingenieur Brunner. "Rial hat mit Gustav Brunner ein großes Portfolio an Zeichnungen und Entwicklungsinhalten bekommen", erinnert sich Christian Danner, der 1989 für Rial fuhr. "In Fußgönheim habe ich die ein oder andere Zeichnung gesehen, die kein Rial-Logo hatte, sondern ein schwarzes Pferd." Brunner kam direkt von Ferrari zu Rial. "Das hat dazu geführt, dass ein fataler Fehler gemacht wurde.

Günter Schmid wollte in die Formel 1 - und schaffte das auch, seine ATS-Boliden gingen von 1977 bis 1985 in der Königsklasse an den Start, Foto: Sutton
Günter Schmid wollte in die Formel 1 - und schaffte das auch, seine ATS-Boliden gingen von 1977 bis 1985 in der Königsklasse an den Start, Foto: Sutton

Man wollte das Chassis nicht in England bauen, sondern in Deutschland bei der Firma Aero-Construct. Das hat dazu geführt, dass Rial ein Monocoque bekommen hat, das in keiner Weise den Voraussetzungen entsprochen hat, die damals schon nötig waren, um ein stabiles Chassis zu bekommen. Das war die Krux", analysiert Danner. "Im ersten Jahr hatte man noch eine 1:1-Kopie des Ferrari. Im zweiten Jahr, als Gustav Brunner nicht mehr da war, haben der Einfluss von Stefan Fober und verschiedenen Ingenieuren in Verbindung mit dem Versuch, das alles in einem Land zu machen, in dem die Technologie damals nicht existent war, dazu geführt, dass es komplett in die Hose ging." Nach nur zwei Saisons machte Günter Schmid das Team wieder dicht. Immerhin: 1988 fuhr Andrea de Cesaris im ATS in Detroit auf Rang vier, 1989 wiederholte Christian Danner das Kunststück in Phoenix. Die Firmen ATS und Rial gibt es bis heute.

Zakspeed:
Zakspeed ist noch heute im Motorsport aktiv, wenn auch lange nicht mehr in der Formel 1. In den 1970er und 1980er Jahren erlangte Zakspeed mit dem Einsatz des Ford Capri in verschiedenen Ausbaustufen Kultstatus. Durch die enge Verbindung zu Ford erhoffte sich Firmengründer Erich Zakowski den Auftrag, einen Formel-1-Motor für die Amerikaner zu entwickeln. Letztlich landete der Auftrag bei Cosworth, aber Zakowski machte seine eigenen Pläne. "Man muss vor Erich Zakowski ganz dramatisch den Hut ziehen", meint Christian Danner, der für den Rennstall aus Niedernissen sein GP-Debüt gab. "Er hatte die richtige Herangehensweise: Er hat gesagt, er möchte seinen eigenen Motor und sein eigenes Chassis haben. Das ging damals, weil die Idee, einen 4-Zylinder Turbo zu entwickeln, bereits im Hinterkopf von Norbert Kreyer existierte. Das Chassis hat Zakspeed zwar selbst gemacht, aber er hatte englische Ingenieure engagiert. Die haben ihm das gezeichnet und entwickelt."

Zakspeed fuhr von 1985 und 1989 in der Formel 1, als kleines Privatteam eine Herkules-Aufgabe, die das deutsche Team glänzend bewältigte, Foto: Sutton
Zakspeed fuhr von 1985 und 1989 in der Formel 1, als kleines Privatteam eine Herkules-Aufgabe, die das deutsche Team glänzend bewältigte, Foto: Sutton

1985 fuhr der Rennstall - zunächst nur mit einem Auto - zum ersten Mal in der Formel 1. "Zakspeed hat damals etwas im kleinen Rahmen geschafft, was heute undenkbar ist", lobt Danner. "Niederzissen ist zwar ein hübscher Ort, um in der Eifel Wandern zu gehen, aber nicht wirklich prädestiniert dafür, wenn ich höchstqualifizierte Ingenieure aus der Formel 1 haben will. Vom Gedankengut war es von Erich Zakowski eine Vorstufe von Red Bull und Red Bull Powertrains: Der Wunsch, das alles unter einem Dach zu haben. Ich weiß noch, wie die Motorprüfstände am anderen Ende von der Chassis-Abteilung standen. Das war alles klein und überschaubar. Das war unglaublich. Das war großartig." Große Erfolge feierte das kleine Team nie, als 1989 die Turbomotoren verboten wurden, fuhr man aber mit unterlegenen Yamaha-Motoren hoffnungslos hinterher. Weil neben Hauptsponsor West auch weitere Partner Zakspeed aufgaben, konnte man 1990 nicht mehr an den Start gehen.

Eifelland:
Lawrence Stroll kaufte für seinen Sohn ein Formel-1-Team, Günther Hennerici gründete für seine Frau Hannelore Werner einen eigenen Rennstall. Der Eifeler Geschäftsmann Hennerici finanzierte mit seiner Wohnwagen-Firma Eifelland zunächst ein Formel-2-Team, 1972 dann sogar den Formel-1-Rennstall. Frau Hannelore schaffte den Start in der Formel 1 nicht, der Rennstall Eifelland fuhr aber immerhin acht Grands Prix, alle mit Rolf Stommelen am Steuer.

Eiffelland fuhr insgesamt Grands Prix, Rolf Stommeln pilotierte den Boliden, Foto: LAT Images
Eiffelland fuhr insgesamt Grands Prix, Rolf Stommeln pilotierte den Boliden, Foto: LAT Images

So kurios der Plan seines Motorsport-Unterfangens war, so kurios war auch die Umsetzung. Hennerici ließ das gekaufte March-Chassis vom bekannten Designer Luigi Colani - zumindest optisch - aufwerten. Technisch war das Auto dadurch hoffnungslos unterlegen. Nach einer Saison und finanziellen Schwierigkeiten war für Eifelland auch wieder Schluss. Statt Gehalt erhielt Stommelen übrigens den Rennstall, den er wiederum an Bernie Ecclestone verkaufte.

Willi Kauhsen Racing Team:
Willi Kauhsen ist eine der schillerndsten Personen im Deutschen Motorsport. Der heute 83-Jährige begann als Amateurrennfahrer, schaffte den Sprung zum Profi aber im Langstreckensport, wo er schließlich große Erfolge feierte. 1970 wurde er im Porsche 917 in Le Mans sogar Gesamtzweiter. Am Ende seiner Karriere versuchte sich Kauhsen auch mit einem eigenen Team, Ende der 1970er Jahre sollte es dann sogar die Formel 1 sein.

Der WK001 nahm nur an zwei Rennwochenenden teil, ein dauerhafter Formel-1-Einstieg sollte Willi Kauhsen nicht gelingen, Foto: Sutton
Der WK001 nahm nur an zwei Rennwochenenden teil, ein dauerhafter Formel-1-Einstieg sollte Willi Kauhsen nicht gelingen, Foto: Sutton

Zunächst stand der Kauf japanischer Autos im Raum, der aber an fehlenden finanziellen Mitteln scheiterte. Also ließ Kauhsen von Professoren der Fachhochschule Aachen einen eigenen Boliden konstruieren. Es war eine Mischung aus der Kopie des Lotus 78 und eigenen, eigenwilliger Ideen. So saß der Heckflügel des WK001 vor der Hinterachse. Wegen Geldmangel konnte Kauhsen 1979 nur an zwei Rennwochenenden teilnehmen, die zudem äußerst enttäuschend verliefen. Für Kauhsen endete damit das kurze, teure und enttäuschende Kapitel Formel 1.

Big in Cologne - Das Toyota-Projekt

Das 'deutscheste' aller Werksteams in der Formel-1-Geschichte war Toyota. Kaum zu glauben, aber die Japaner entwickelten und bauten ihre Boliden von Anfang bis Ende komplett in Köln. Toyota unterhielte bereits seit 1979 die Tochtergesellschaft TMG in Deutschland. Die Toyota Motorsport GmbH war zunächst für den Einsatz und die Entwicklung von Rallye-Fahrzeugen verantwortlich, später entstand dort der spektakuläre Sportwagen GT-One. Im Januar 1999 gab Toyota schließlich offiziell bekannt, in die Formel 1 einzusteigen. In Japan stellte man zunächst auch Überlegungen an, ein bestehendes Team zu kaufen. Die Gedanken wurden schnell wieder verworfen. "Man wollte es organisch schaffen. Sobald klar war, dass wir es selbst machen, war klar, dass es in Köln passieren wird", erinnert sich Rob Leupen, Toyotas heutiger Teamdirektor und TMG-Vizepräsident.

Den GT-One hatte Toyota gemeinsam mit Dallara entwickelt, war dort und in England im Windkanal. Für die Formel 1 war ein eigener Windkanal unabdingbar. Die Japaner bauten nicht einen, sondern gleich zwei davon. Einer davon ist auf 60-Prozent-Modelle ausgelegt - größer darf in der Formel 1 heute nicht mehr getestet werden -, der andere kann sogar 1:1-Modelle auf Luftwiderstand, Abtrieb und Co. prüfen. Noch heute wird der Toyota-Windkanal von McLaren gemietet, um dort den Formel-1-Boliden zu entwickeln. Zeitweise entwickelte sogar Ferrari im Windkanal in Köln.

Toyota fuhr bis einschließlich 2009 in der Königsklasse, danach zog man den Stecker, das deutsch-japanische Projekt war damit beendet , Foto: Sutton
Toyota fuhr bis einschließlich 2009 in der Königsklasse, danach zog man den Stecker, das deutsch-japanische Projekt war damit beendet , Foto: Sutton

Budgetobergrenze und Windkanalrestriktionen waren zur Jahrtausendwende noch ein Fremdwort. Der Automobilgigant machte beim Einstieg Nägel mit Köpfen und trieb das Wettrüsten auf ein völlig neues Level. Auf rund 30.000 Quadratmetern entstand in Köln-Marsdorf das lange Zeit teuerste Team der Formel-1-Geschichte. Gut 400 Millionen US-Dollar jährlich sollen zu Hochzeiten ausgegeben worden sein. "Zu Beginn hatten wir viel Geld", gesteht Leupen. Zu viel? "Rückblickend glaube ich, das ging alles zu schnell. Wir haben die Fabrik aufgebaut, ohne zu wissen, wie wir sie nutzen. Neueste Technologie bedeutet nicht, dass jemand von einem anderen Formel-1-Team weiß, wie man sie nutzt. Das ging sehr schnell und hat uns etwas zu sehr gefordert. Es gab zu viele Baustellen im Unternehmen."

Toyota machte alles selbst und begann bei allem von Null. Chassis und Motor wurden komplett in Eigenregie entwickelt und gebaut. In den ersten drei Jahren kam der Rennstall trotz enormer Ressourcen nicht über Konstrukteursrang acht hinaus. "Wir hatten verschiedene Gruppen innerhalb des Teams", erinnert sich Leupen. "Das war eine schwierige Zeit." Dabei gab es nicht nur sportliche Komplikationen: Ein Spionagefall beschäftigte sogar die Kölner Staatsanwaltschaft. Von Ferrari abgeworbene Mitarbeiter sollen die Aeordynamik-Software Elab von den Italienern mitgebracht haben. Toyota kam schadlos aus der Geschichte heraus, die Mitarbeiter wurden Jahre später von einem italienischen Gericht verurteilt.

Als Gustav Brunner 2004 als Technischer Direktor durch Mike Gascoyne ersetzt wurde, ging es bergauf. Der bis zum Wechsel von Adrian Newey zu Red Bull teuerste Technische Direktor der Formel 1 lieferte. "Als er kam, gab es auch nicht mehr so viele Inseln innerhalb des Teams", lobt Leupen. Lang hielt der Friede nicht: Nach Platz vier und 88 Punkten in der Saison 2005 ging es sukzessive wieder nach hinten.

Dabei wuchs der Standort in Marsdorf weiterhin: Die Kosten waren in der gesamten Formel 1 bereits völlig eskaliert. Bei Toyota waren inzwischen bis zu 950 Mitarbeiter beschäftigt. "Damit waren wir immer noch unter dem Level von McLaren und Ferrari zu dieser Zeit", verteidigt Leupen. Trotzdem sollte 2005 ein Zwischenhoch gewesen sein: 2006 und 2007 ging es wieder bergab, Gascoyne musste gehen. Ein erneutes Zwischenhoch 2008 und 2009 reichte angesichts der globalen Finanzkrise nicht. Nach Honda und BMW zog auch Toyota den Stecker und beendete das Formel-1-Engagement nach der Saison 2009. Der Windkanal wird heute nicht nur von Kunden genutzt: Toyota entwickelt dort seit 2012 wieder äußerst erfolgreiche Le Mans-Boliden. Auch ein Rallye-Programm gibt es in Köln wieder.