McLaren wird heilfroh sein, dass sie den Vertrag mit Lando Norris schon vor der Saison 2022 langfristig bis 2025 verlängert haben. Dies geschah im Eindruck der starken Vorjahressaison des Traditionsteams, vor den Bremsproblemen zum Auftakt und dem Rückfall hinter Alpine. Letzterer lag jedoch nicht an Lando Norris. Der Brite ließ sich vom weniger konkurrenzfähigen Dienstwagen nicht beirren und fuhr eine fast fehlerlose Saison: Mit WM-Platz 7 und 122 Zählern distanzierte er die Mittelfeldkonkurrenz deutlich.

Lando Norris' Qualifying-Statistiken 2022

Qualifying2022
Poles0
Ø Ergebnis7,8
Ø Vorsprung auf Teamkollegen- 0,479
Siege im Quali-Duell20

Lando Norris im Qualifying: Der Brite hat Teamkollege Daniel Ricciardo im Qualifying komplett demontiert. Bei seinen 20 Siegen in 22 Qualifyings ist noch nicht einmal mit einberechnet, dass er in Kanada während des Q2 mit einem Defekt nicht aus der Box fahren konnte. Den durchschnittlichen Vorsprung von fast einer halben Sekunde auf den Teamkollegen kann sonst nur Alex Albon gegen den wenig formel-1-tauglichen Nicholas Latifi überbieten. Norris hingegen gelang dies gegen einen achtfachen Grand-Prix-Sieger. In einzelnen Qualifyings wie etwa in Frankreich oder Ungarn stellte der 23-jährige den MCL36 sogar vor Autos der Topteams. Nur in Österreich zeigte er eine fehlerhafte Leistung, als er in Q2 in beiden Versuchen weit ging und so keine Rundenzeit anschreiben konnte. Die Bilanz ist insgesamt dennoch beeindruckend: Nur sechsmal (inklusive Kanada) schied er in Q2 aus, ansonsten ging es immer bis in Q3.

Lando Norris' Renn-Statistiken 2022

Rennen2022
Siege0
Podien1
Punkte122
WM-Platz7
Ø Zielankunft7,8
Beste Zielankunft3
Ausfälle2

Lando Norris im Rennen: Auch in den Rennen wusste Norris zu überzeugen. Als einziger Mittelfeldpilot holte er einen Podestplatz in Imola. Ebenfalls als einziger schnappte er den Topteams den Punkt für die schnellste Rennrunde weg, was ihm in Monaco und Abu Dhabi sogar insgesamt zweimal gelang. Ansonsten stehen in seiner Bilanz zahlreiche sechste und siebte Plätze, je nachdem ob einer der sechs Top-Piloten Probleme hatte oder nicht. An 17 der 22 Rennwochenenden kam er in den Top 10 ins Ziel.

Negative Ausreißer waren kaum zu finden. In Kanada hing sein McLaren nach dem Quali-Defekt im DRS-Zug fest und es blieb nur Rang 15. In Miami schied Norris nach einer Berührung mit Pierre Galsy aus, doch die Stewards sahen darin einen normalen Rennunfall. Den einzigen wirklich großen Bock der Saison leistete sich der Brite in Brasilien, als er Ferrari-Pilot Charles Leclerc abschoss und dafür fünf Sekunden Strafe kassierte. Ebenfalls fünf Sekunden obendrauf gab es in Österreich, weil der McLaren-Pilot die Track Limits zu häufig überfuhr. Dennoch stand dort am Rennende wieder einmal Rang 7 zu Buche.

Die Kollision mit Leclerc war wohl Norris einziger gravierender Fehler des Jahres, Foto: LAT Images
Die Kollision mit Leclerc war wohl Norris einziger gravierender Fehler des Jahres, Foto: LAT Images

Lando Norris' Entwicklung: Von einer Entwicklung während der Saison kann bei McLarens Eigengewächs eigentlich nicht gesprochen werden, denn Norris hielt das Niveau über das ganze Jahr hinweg hoch. Dies stellt aber definitiv einen Fortschritt gegenüber der Vorsaison dar, als er in der zweiten Jahreshälfte zwar immer noch ordentlich, aber nicht mehr überragend unterwegs gewesen war. Dass er trotz deutlich langsamerem Auto nicht einmal 40 Punkte weniger als 2021 einfuhr, zeigt seine verbesserte Konstanz.

Lando Norris Formel-1-Saison 2022 in Noten

MSM-RankingNote (Platz)
Gesamtnote2,17 (3.)
Redaktionsnote1,77 (2.)
Lesernote2,56 (7.)
Bestes RennenImola (1,24 - 2.)
Schlechtestes RennenKanada (3,41 - 16.)

Das sagt Lando Norris: "Wir haben die ganze Saison über einen guten Job gemacht. Wir hatten einfach nicht das Auto, um mehr zu zeigen, als was wir erreicht haben. Was die Arbeitseinstellung angeht, haben wir einen großen Fortschritt gemacht. Es gibt also auch dieses Jahr eine Menge positives zu berichten. Wir hatten ein schlechtes Wochenende in Sachen Zuverlässigkeit, während Alpine vier oder fünf davon hatte. Sie hatten das ganze Jahr über ein schnelleres Auto. So lange mit ihnen gekämpft zu haben, obwohl wir ein schlechteres Paket hatten, zeigt, was für einen guten Job wir gemacht haben."

Das sagt MSM: McLarens Niederlage gegen Alpine im Kampf um Platz Vier in der Konstrukteurswertung lag definitiv nicht an Lando Norris. Der junge Brite lieferte seine bisher beste und vor allem konstanteste Formel-1-Saison ab, auch wenn Highlights wie im Vorjahr aufgrund des langsameren McLaren kaum noch möglich waren. Mehr als seine 122 WM-Punkte waren aus dem MCL36 kaum herauszuholen. Der dominante teaminterne Sieg gegen Daniel Ricciardo (37 Punkte) bringt allerdings die Frage auf: War Norris so gut oder hat der Australier so stark abgebaut? Im Moment macht es dennoch den Eindruck, als wäre der 23-jährige ein potenzieller Spitzenfahrer. Auch 2023 wird er die Speerspitze Wokings bilden müssen, denn neben ihn stößt mit Oscar Piastri ein Rookie zum Team, der trotz seines Talents erst einmal Fuß fassen muss. McLaren wird seinem Leistungsträger ein besseres Auto bauen müssen, mit dem Podestplätze und mit etwas Glück auch der erste Sieg möglich sind, denn sonst könnte sich Norris trotz Vertrags bis 2025 vielleicht bald anderweitig umsehen. Das Interesse anderer Teams an einer Verpflichtung dürfte er mit seinen Leistungen geweckt haben.