Kein Aufwärtstrend, sondern der letzte Platz in der Konstrukteurswertung. Williams ist mit insgesamt acht WM-Punkten 2022 einmal mehr Schlusslicht der Formel 1. Nach der punkteschwachen Horror-Saison 2019 konnte der Traditionsrennstall 2021 zumindest 23 Zähler holen. Viele davon waren George Russells erstem Podium in Spa zu verdanken. 2022 blieb die Fortsetzung des Aufschwungs aus. Die erste komplette Saison mit neuer Managementstruktur unter Inverstor Dorilton Capital bedeutete für Williams in der WM einen erneuten Rückschritt.

So startete Williams in die neue Formel 1: Das neue technische Reglement der Formel 1 barg für jedes Team Risiken und Chancen. Williams' Start in die neue Ära der Königsklasse wollte nicht so recht gelingen. Beim Saisonauftakt in Bahrain stand mit Nicholas Latifi erneut ein Williams auf dem letzten Startplatz. Alex Albon konnte zumindest mit einem Q2-Auftritt überzeugen, und beendete das Rennen auf P13. Die größtenteils punktelose Angelegenheit setzte sich 2022 fort. Lediglich bei fünf Rennen landete Williams in den Punkterängen.

Latifi war 2022 mit seiner Performance auf einen neuerlichen Tiefpunkt seiner F1-Karriere gerutscht. Albon kam auf Anhieb besser mit dem Auto zurecht und blieb für den Großteil der Saison Williams' einzige Punktehoffnung. Die vereinzelten Lichtblicke und Glücksmomente des Rennstalls reichten jedoch nicht aus. Acht Punkte, in einer kompletten F1-Saison, sind schlichtweg zu wenig. Besonders, da die nächstplatzierten Rennställe Haas und AlphaTauri jeweils über 30 Zähler einfahren konnten.

So entwickelte sich Williams 2022: Ziemlich schnell in der Saison 2022 wurde dem Team bewusst, dass es mit dem FW44 auf das falsche Konzept gesetzt hatte. Der Rennstall aus Grove entschied sich, ähnlich wie Mercedes, für kleine Seitenkästen. Zur Saison-Mitte wurde das Konzept gänzlich über den Haufen geworfen. Mit einem großen Upgrade-Paket in Silverstone näherte sich Williams der Red-Bull-Idee an. Der Rückstand zur Konkurrenz im Mittelfeld war zu diesem Zeitpunkt jedoch nicht mehr aufzuholen.

Kein Wunder also, dass Williams nach der Sommerpause die Entwicklung am FW44 einstellte, und sich lieber auf 2023 konzentrierte. In der Saison 2022 gab es zu diesem Zeitpunkt nichts mehr zu holen. Das Aerodynamik-Konzept, das in Silverstone eingeführt wurde, soll auch die Grundlage des 2023-Boliden sein.

Das ist Williams' größte Stärke: Nach großen Stärken muss man bei Williams suchen. Der FW44 hatte ein Talent: hohe Geschwindigkeit auf der Geraden. Wodurch sich das Auto auf High-Speed-Strecken wie Spa und Monza von seiner besten Seite zeigte. Doch das Beste an Williams in dieser Saison war, dass das Team Chancen nutzen konnte. Abseits von besonderen Umständen war es für die Williams-Piloten 2022 nahezu unmöglich, in die Punkte zu fahren. Doch bei Regenrennen mit vielen Ausfällen, auf vorteilhaften Strecken, und mit teils verwundernder Strategie wie in Australien, gelang es dem Rennstall mehr herauszuholen als im FW44 steckte. Die Lichtblicke waren selten, aber sie waren da.

Zudem hat das Team nach Russells Abgang mit Albon einen passenden Nachfolger gefunden. Im Gegensatz zu Latifi, konnte er mehr ans Limit des Autos gehen. Das Ende der Zusammenarbeit mit dem Kanadier zeigt außerdem, dass Williams finanziell nun besser aufgestellt ist. Mit den neuen Investoren ist das Überleben des Rennstalls vorerst gesichert. Der Aufwärtstrend kann also noch kommen.

Das ist Williams' größte Schwäche: Williams größte Schwäche in der Formel-1-Saison 2022 war ganz klar der FW44. Das Auto war einfach nicht gut genug. Punkt. Es fehlte an Rennpace und Abtrieb. Zudem nutzten sich die Reifen viel zu schnell ab. Auch wenn der Bolide auf vereinzelten Strecken funktionierte, gab es davon im Rennkalender gerade mal drei Stück (Australien, Monza, Spa).

Das neue technische Reglement mag zwar in der Formel 1 generell gewirkt haben, nicht aber bei Williams. Eine neue Rangordnung, die das Team aus Grove weiter vorne sieht, blieb aus. Dafür war der Entwicklungs-Rückstand des Teams wohl bereits zu groß.

2022-Schlussstrich für Williams: Obwohl die erhoffte Verbesserung nicht gelang, zeigte sich Ex-Teamchef Jost Capito mit der Saison zufrieden. "Die Ziele, die wir uns für dieses Jahr gesetzt haben, haben wir erreicht", meinte er, bevor er Williams Mitte Dezember verließ. In Anbetracht der schwachen Performance des Traditionsteams, zeigt dies gut auf, wo Williams derzeit steht.

Williams wieder Letzter: Die Formel-1-Teambilanz 2022 (12:54 Min.)

Die Lücken, die durch die finanziellen Probleme aufgerissen wurden, lassen sich nicht so leicht schließen. Auch der Budget Cap und ein neues technisches Reglement ändern daran nichts schlagartig. Das scheint Williams bewusst zu sein. Bei der Entwicklung des 2023 Boliden hat Williams zumindest einen Frühstart hingelegt. In die nächste Saison will der Rennstall auf Anhieb mit dem richtigen Auto-Konzept starten . "Wir haben gesehen, dass das der richtige Weg für uns ist", so Capito.