Paydriver, ein Wort, mit dem alle heutigen Formel-1-Fans aufgewachsen sind und über das sie sich vermutlich mehr als einmal geärgert haben. Oft bekamen nicht die besten und talentiertesten Piloten einen Sitz in der Königsklasse, sondern die mit dem dicksten Geldbeutel. Zukünftige Generationen von Nachwuchspiloten und Formel-1-Fans könnten dieses Problem aber vielleicht nicht mehr kennenlernen. Warum es so viele Bezahlfahrer gab und warum Ende 2022 mit Nicholas Latifi der vermeintlich letzte die Formel 1 verlassen haben könnte.
Wer ist überhaupt ein Paydriver?
Hier scheiden sich die Geister. Einige sehen bspw. auch in Lance Stroll einen Paydriver, da er seinen Platz in der Formel 1 durch seinen Vater und Teambesitzer Lawrence sicher hat. Andererseits hat Stroll Leistungen wie Podestplätze und eine Pole-Position erbracht, welche nicht zum Ruf der Bezahlfahrer passen. Selbst Fernando Alonso hätte 2010 als Paydriver bezeichnet werden können, brachte er doch spanische Sponsoren mit zu Ferrari. Dennoch ist klar, dass die Scuderia ihn natürlich aufgrund seiner fahrerischen Qualitäten und nicht wegen des Extra-Geldes verpflichtete.
Ein Paydriver im engeren Sinne ist ein Pilot, der seinen Platz sportlich nicht rechtfertigen kann und wirklich nur aufgrund seiner finanziellen Mittel in die Formel 1 kommt bzw. dort verbleibt. Nicholas Latifi ist das letzte Beispiel. Drei Jahre lang durfte der Kanadier in der Formel 1 verbleiben, obwohl er in jeder dieser drei Saisonen von seinem jeweiligen Teamkollegen in Grund und Boden gefahren wurde. Da half es am Ende auch nicht, dass Latifi im Gegensatz zu manch anderem Bezahlfahrer sogar ein paar Pünktchen sammeln konnte. Für 2023 wurde er durch Nachwuchshoffnung Logan Sargeant ersetzt.
Warum gab es so viele Paydriver?
Das Phänomen ist eigentlich so alt, wie die Formel 1 selbst. Jahrzehntelang hatten nur Top- bzw. Werksteams die nötigen finanziellen Mittel, um ein Formel-1-Team erfolgreich zu betreiben. Ihre Budgets trieben die Kosten der Königsklasse nach oben und Sponsoren wollten natürlich vornehmlich auf den sportlich erfolgreichen Boliden zu sehen sein. Kleinere Rennställe mussten sich an allen Ecken und Enden nach Geld umsehen. Fahrer mit großer finanzieller Mitgift waren also in vielen Fällen schlichtweg notwendig, sonst hätten einige Teams ihren Laden dicht machen müssen. So gesehen haben Paydriver der Formel 1 auch einen gewissen Dienst erwiesen: Nur um einmal selbst in der Königsklasse zu fahren, sicherten sie das Überleben der kleinen Rennställe, trotz kaum vorhandener Aussicht auf sportlichen Erfolg.
Warum sind die Paydriver ein aussterbendes Phänomen in der Formel 1?
Der Grund ist einfach: Die Formel 1 und ihre Teams sind aktuell aus finanzieller Sicht so gesund wie wohl noch nie zuvor in ihrer über 70-jährigen Geschichte. Der Kostendeckel hat die Ausgaben deutlich eingeschränkt. Die Formel 1 befindet sich in einer Boomphase. Sponsoren und Hersteller drängen in die Königsklasse. Racing Point wurde zu Aston Martin, Audi wird bei Sauber einsteigen. Dazu kommt, dass jedes der zehn Teams der Formel 1 enorm an Wert gewonnen hat. Sie haben bereits eine gültige Lizenz und die nötige Infrastruktur für die begehrteste Motorsportkategorie der Welt. Ein Neueinsteiger hingegen muss erst einmal 200 Millionen Startgebühr hinblättern und dann noch die Kosten des Teamaufbaus tragen, um dann vielleicht doch gar nicht konkurrenzfähig zu sein. Investitionen in bereits bestehende Teams sind also wesentlich attraktiver und sicherer.
Kein Wunder also, dass selbst einstige Sorgenkinder wie Williams und Haas nun nicht mehr auf Paydriver setzen müssen, sondern nach sportlichen Kriterien ihre Fahrerwahl treffen. Ihr Wert ist enorm gestiegen und es besteht die Aussicht, dauerhaft schwarze Zahlen zu schreiben. Vor einigen Jahren war dies noch ein Ding der Unmöglichkeit. Es ging ums Überleben, Profite waren Wunschdenken. Mit dem Fallenlassen der Paydriver fällt zusätzlich auch noch ein möglicher teaminterner Störfaktor weg, denn wer Geld mitbringt, will oft auch mitbestimmen oder sogar bevorzugt behandelt werden.
Die letzten ihrer Art? Paydriver der vergangenen Jahre
In den 1980er und 1990er Jahren gab es sogar noch viel mehr Fälle von Bezahlfahren, die oftmals noch wesentlich weniger Formel-1-tauglich waren. Dennoch fuhren Paydriver auch in der modernen Königsklasse noch zur Genüge mit. Wir blicken auf die eindeutigsten Fälle der letzten Jahre zurück:
Nicholas Latifi (Williams, 2020 - 2022):
Latifis Weg in die Formel 1 wurde durch seinen Vater Michael, einem kanadischen Geschäftsmann, finanziert. Nur so erhielt der Sohnemann seine Chance bei Williams. In der Formel 2 war er 2019, in einem als eher schwach geltenden Jahrgang, zweiter geworden. Für diese Vizemeisterschaft brauchte er allerdings mehrere Jahre Anlaufzeit in der höchsten Nachwuchsklasse. In der Formel 1 machte Latifi fast nur mit Unfällen und langsamer Pace auf sich aufmerksam. Tragischer Höhepunkt war der Crash in Abu Dhabi 2021, der die Weltmeisterschaft mitentschied. Latifi erhielt daraufhin sogar Morddrohungen wütender 'Fans'. 2022 wurde es mit Alex Albon statt Supertalent George Russell als Teamkollegen auch nicht besser, abgesehen davon, dass er ausgerechnet unter Regenbedingungen tatsächlich zu überzeugen wusste. Den endgültigen Todesstoß erhielt seine F1-Karriere in Monza, als Albons Ersatzmann Nyck de Vries sofort punktete, während Latifi eine äußerst schwache Leistung darbot.
Nikita Mazepin (Haas, 2021):
Wohl kaum ein Fahrer hatte das Logo des Paydrivers in den letzten Jahren so sehr anheften, wie der Russe Nikita Mazepin. Auf dem Haas prangte groß der Schriftzug des Bergbauunternehmens seines Vaters Dimitry. Das war auch wirklich der einzige Grund, warum Mazepin Formel 1 fuhr. Der heute 23-Jährige zeigte sich von seinem Arbeitsgerät komplett überfordert. Zugegeben: Der Haas von 2021 war das mit Abstand schlechteste Auto im Feld, doch Teamkollege Mick Schumacher fuhr Kreise um den Russen. Schon nach einem katastrophalen ersten Auftritt in Bahrain verpassten ihm die Fans den Spitznamen 'Mazespin'. Doch auch neben der Strecke sorgte Mazepin für Unmut. Zum einen legte er inakzeptables Verhalten gegenüber Frauen an den Tag, zum anderen ist seine Familie stark mit Russlands Präsident Vladimir Putin verbunden. Als dieser die Ukraine angriff, flogen auch die Mazepins bei Haas raus. Aus der eigentlich angedachten zweiten Saison für den Russen wurde nichts.
Rio Haryanto (Manor, 2016):
Der Indonesier fuhr drei Jahre lang erfolglos in der Formel 2, bis er sich 2015 mit dem vierten Gesamtrang doch noch überraschend steigern konnte. Dank seiner Sponsoren, zu welchen auch sein Vater als Präsident eines Bürobedarfs-Unternehmens beitrug, erhielt er den Sitz beim finanziell angeschlagenen Manor-Team. Gegen Pascal Wehrlein schlug er sich im Qualifying sogar recht ordentlich, doch im Rennen landete der Paydriver stets hinter dem Deutschen. Nach zwölf Rennen musste Haryanto seinen Sitz räumen, denn die Geldquellen aus Indonesien waren versiegt. Er wurde durch Esteban Ocon ersetzt. Seitdem war er nur noch in Sportwagenrennen aktiv.
Will Stevens (Caterham und Manor Marussia, 2014-2015):
Die Resultate des Briten Will Stevens in den Nachwuchsserien dürfen mit einigen Siegen und Podestplätzen zwar nicht als schlecht gelten, doch für ein Formel-1-Cockpit hatte er sich definitiv nicht aufgedrängt. Dennoch kam er im letzten Saisonrennen 2014 zu seinem Debüt bei Caterham, dessen Ersatzfahrer er bereits seit Saisonbeginn war. Das Team war zu diesem Zeitpunkt bereits von einem Insolvenzverwalter geleitet worden und so zahlte Stevens etwa 500.000 britische Pfund für ein Rennen in der Königsklasse. Caterham gab es 2015 nicht mehr, doch mit Manor Marussia stand bereits ein anderes Team bereit, bei dem er sich einkaufen konnte. Gegen Roberto Mehri als Teamkollege sah Stevens auch gar nicht so schlecht aus, doch als Alexander Rossi für fünf Rennen zu Manor kam, da zeigte ihm der Amerikaner deutlich die Grenzen auf. Stevens wurde letzter der WM-Wertung, seine F1-Karriere konnte auch seine Mitgift nicht mehr verlängern.
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