Bei Ferrari endete die Formel-1-Saison 2022 mit einem Beben. Gerade hatte die Scuderia WM-Platz zwei in beiden Meisterschaften eingefahren, zog Teamchef Mattia Binotto die Reißleine. Wenige Tage nach dem Saisonfinale in Abu Dhabi reichte er seine Kündigung ein. Das Ferrari-Urgestein, das seit 1995 in Maranello arbeitet, schmeiß zum Jahreswechsel hin.

Gerüchte, wonach Binotto abgelöst werden sollte, machten bereits Wochen zuvor die Runde. Binotto wollte nicht Teamchef sein, bis die Ferrari-Bosse Benedetto Vigna und John Elkann einen besseren finden. Ohne den nötigen Rückhalt sah Binotto keinen Sinn mehr darin, Teamchef eines Rennstalls zu sein, dem er jahrzehntelang so treue Dienste erwies, der ihn aber - wenn es hart auf hart kommt - wie eine heiße Kartoffel fallen lässt.

Horner will Binotto-Posten nicht

Dass die Ferrari-Bosse schon vor Monaten bei McLaren-Teamchef Andreas Seidl und Red-Bull-Kollege Christian Horner anfragten, ist längst kein Geheimnis mehr. Beide sagten Maranello aber ab. Als Reaktion auf die Avancen wurde Horner langfristig bei Red Bull gebunden - ähnlich lange wie Max Verstappen, wie Insider verraten. Der Niederländer fährt bis mindestens 2028 bei Red Bull.

Horner wird zwar nicht Nachfolger von Binotto, aber die Personalie Horner gehörte zum Rücktritt des Italieners dazu. "Sie hatten operativ ihre Momente, aber fairerweise muss man sagen, dass er einen sehr guten Job gemacht hat, indem er dieses Jahr ein konkurrenzfähiges Auto und einen konkurrenzfähigen Motor für Ferrari auf die Beine gestellt hat", sagte Horner bei der FIA-Gala in Bologna, auf den Rücktritt seines Kollegen angesprochen.

"Er hat einen großen Teil seiner Karriere und seines Lebens Ferrari gewidmet und ich bin mir sicher, dass es nach der ganzen Zeit schwierig für ihn war, das Team zu verlassen. In diesem Team hast du natürlich riesigen Druck. Es ist neben einem Werksteam auch ein Nationalteam", zeigt sich Horner verständnisvoll.

Horner überlebt 5 Ferrari-Teamchefs

Während Red Bull auf Konstanz setzt, ist der Chefposten der Gestione Sportiva, wie die Rennabteilung bei Ferrari heißt, ein Schleudersitz. Womöglich auch ein Grund, weshalb Horner die Offerten ablehnte. Der Brite ist der aktuell am längsten dienende Teamchef im Feld.

Dass sich Horner mit der Thematik befasst hat, zeigt seine Recherche: "Sein Nachfolger wird der sechste Teamchef sein, dem ich seit meinem Start bei Red Bull gegenübersitzen werde. Es herrscht großer Druck auf diesem Job."

Der 49-jährige Horner leitet die Geschicke in Milton Keynes seit dem Einstieg des Brauseherstellers in die Formel 1 im Jahr 2005. Damals stand ihm auf Ferrari-Seite noch Jean Todt gegenüber, der sein Amt aus freien Stücken an Stefano Domenicali übergab.

Danach wurde sich aber bis Mattio Binotto eher im beidseitigen Einvernehmen getrennt. Domenicali wurde 2014 durch Marco Mattiacci ersetzt, der seinerseits ein Jahr später schon wieder Geschichte war. Auch dessen Nachfolger Maurizio Arrivabene konnte sich nicht viel länger im Amt behaupten. Der charismatische Tabak-Manager hatte Anfang 2019 den Machtkampf gegen Mattia Binotto verloren.