Max Verstappen auf Pole, Sergio Perez auf P2. Viel besser könnte die Ausgangslage für Red Bull vor dem letzten Rennen der Formel-1-Saison 2022 heute eigentlich kaum sein. Die Bullen haben nur ein kleines Problem. Mit Verstappen steht eigentlich der falsche Fahrer ganz vorne. Denn während der Niederländer bereits seit dem Japan-GP als Weltmeister feststeht, geht es bei Perez im direkten Duell gegen Charles Leclerc noch um die Vize-Meisterschaft.

Red Bull betonte regelmäßig, wie wichtig auch der zweite Platz in der Fahrer-WM der Formel 1 für sie sei. Denn überhaupt noch nie gelang es der Mannschaft aus Milton Keynes die ersten beiden Positionen in der Endabrechnung für sich zu verbuchen. Auch in den Dominanz-Jahren von Sebastian Vettel schaffte es Mark Webber nie auf P2.

Perez vs. Leclerc: Muss Verstappen Platz machen?

Doch wie viel Unterstützung kann Verstappen überhaupt liefern? Denn Leclerc und Perez sind punktegleich. Praktisch entscheidet sowieso nur das Rennergebnis über P2. Wer weiter vorne landet, holt sich die Vize-"Krone". Aufgrund der Ausgangslage macht sich Verstappen keine Gedanken, dass er möglicherweise gezwungen wäre, die zweite Geige zu spielen: "Als Team müssen wir einfach schauen, vor ihnen zu bleiben. Das ist klar. Denn das bedeutet, dass Checo auch in der Weltmeisterschaft vorne ist".

Dennoch könnte es im Rennverlauf so kommen, dass die Bullen einen Fahrer strategisch bevorzugen müssen. Etwa in dem Fall, dass Ferrari Druck auf die beiden RB-Boliden ausübt. Die Vergangenheit spricht aber gegen dieses Szenario. Denn die Scuderia war in den letzten Monaten meist im Longrun klar schwächer als Red Bull.

In Brasilien weigerte sich Max Verstappen eine Teamorder durchzuführen, Foto: LAT Images
In Brasilien weigerte sich Max Verstappen eine Teamorder durchzuführen, Foto: LAT Images

"Wir wissen, dass Red Bull an den Sonntagen ein bisschen stärker ist, deshalb wird es schwierig", grübelte Charles Leclerc nach seinem dritten Rang im Qualifying. Doch deshalb habe man sich bei Ferrari darauf fokussiert, genau an diesem Punkt anzusetzen. Sprich: Der Reifenabbau - Ferraris Achillesferse - soll so weit wie möglich minimiert werden. "Wir haben dem viel Aufmerksamkeit geschenkt", verspricht Leclerc.

Ferrari experimentiert am Flügel: Freitags-Setup verworfen

In FP2 ging die Ferrari-Strategie noch nicht auf. Eine kleinere Flügelvariante erzeugte nicht die erhoffte Performance, am Samstag baute man deshalb wieder auf einen größeren Heckflügel um. "Während der Rennsimulationen am (Samstag-) Morgen hat es sich definitiv ein bisschen besser angefühlt. Aber wir haben keine Referenzwerte, als bleibt es ein bisschen ein Fragezeichen", bilanzierte der Monegasse diese Änderung.

Der Verschleiß der Pneus ist heute im Formel-1-Rennen in Abu Dhabi ein besonders wichtiger Faktor. Denn die Temperaturen sind um einiges höher als in den vergangenen Jahren. "Wir erwarten einen hohen Reifenabbau, wahrscheinlich mehr als letztes Jahr", prognostizierte Ferrari-Sportchef Laurent Mekies.

Bei Red Bull will man die Roten jedenfalls nicht unterschätzen. Perez sagte: "Es wird ein schwieriges Rennen. Ich erwarte, dass sie schnell sind. Es wird wohl ein enger Kampf mit Charles werden, das wird interessant".

Red-Bull-Motorsportchef Dr. Helmut Marko zeigte sich hingegen optimistisch: "Unsere Longruns waren sehr gut. Sowohl vom Speed als auch vom Reifenabbau hinterließen wir den besten Eindruck." Er warnte aber gleichzeitig auch: "Das Rennen ist wieder etwas anderes: Der Start muss gelingen. Auf einer einzelnen Runde ist Ferrari deutlich besser, wahrscheinlich ist im Rennen auch mit Mercedes wieder zu rechnen."

Formel 1 Abu Dhabi: Ist Mercedes chancenlos?

Am bisherigen Wochenende machten die Silberpfeile noch nicht den Eindruck, als könnten sie RB zu gefährlich werden. Im Qualifying waren Lewis Hamilton und George Russell irgendwo im Niemandsland zwischen Ferrari und dem Mittelfeld. Die Longruns am Freitag waren besser als jene bei Ferrari, aber eben auch langsamer als Red Bull. Die Vermutung in Brackley: Die Strecke liegt dem W13 einfach nicht so gut wie noch Brasilien.

"Wir sind einfach nicht effizient genug", beklagte sich etwa Russell. "Immer wenn wir an eine Strecke mit unterschiedlichen Kurventypen und langen Geraden kommen, wird es für uns schwierig. Das war schon in Spa so". Teamchef Toto Wolff schlug in dieselbe Kerbe. Abu Dhabi sei laut dem teaminternen Prognose-Tool von Mercedes eine Strecke, die dem Auto nicht entgegenkommt. Es sei nicht so schlimm wie in Monza oder Spa, aber man könne sich auch keine Leistungen wie in Brasilien, Mexiko oder Austin erwarten, betonte Wolff.