Beim Rennen in Abu Dhabi zieht sich Pierre Gasly zum letzten Mal einen Rennoverall aus dem Hause Red Bull an. Nach mehr als fünf Jahren geht es für den Franzosen zu Alpine, wo er mit Esteban Ocon ein 'französisches Nationalteam' bilden wird. Zuvor will er sein Team nochmal stolz machen. In einem AlphaTauri, der zu so viel mehr bestimmt gewesen wäre.
Hohe Erwartungen, tiefer Fall bei AlphaTauri
"Es war ein schwieriges Jahr", würde Pierre Gasly seine Formel-1-Saison 2022 zusammenfassen. "Wir hatten aufgrund der letzten Saison sehr hohe Erwartungen." 2021 in Abu Dhabi fuhr AlphaTauri mit P4 (Yuki Tsunoda) und P5 (Pierre Gasly) eines der besten Ergebnisse der gesamten Saison ein. "Wir hatten ein gutes Momentum und die Regeländerungen sollten das Feld näher zusammenbringen", erinnerte sich Gasly.
"Ich erwarte, dass wir besser sein werden als im vergangenen Jahr und dass wir auf Platz fünf bei den Konstrukteuren landen werden. Oder besser", verkündete Franz Tost noch im Februar. Erwartungen, so hoch wie noch nie. 2021 war das Team aus Faenza 13 Punkte hinter Alpine gelandet. Sechster in der Konstrukteurs-WM, wie schon 2008 und 2019.
"Es gibt keinen Grund, warum wir nicht besser sein können als alle anderen Teams im Mittelfeld", war auch Pierre Gasly zum Saisonauftakt in Bahrain optimistisch. Beim Rennen dann der Worst Case: Barbecue statt Punkte, sein AT03 ging in Flammen auf. Der Teamkollege schaffte es als Achter in die Punkte. Beim zweiten Grand Prix kämpfte Gasly mit Magenproblemen aber holte Punkte, dafür schied Tsunoda mit Motorenproblemen aus. Kein optimaler Start in die Saison, die die beste des Rennstalls werden hätte sollen.
Gasly: Haben im Entwicklungsrennen versagt
"Das hat mich damals aber nicht beunruhigt, weil ich wusste: Dieses Jahr wird über die Entwicklung entschieden ", erinnert sich der (bald ehemalige) AlphaTauri-Pilot. "Es geht nicht darum, von wo du startest. Sondern wie gut du das Auto permanent weiterentwickelst, Updates bringst, Rennen für Rennen." So die Theorie, an der Ausführung mangelte es aber laut dem Franzosen: "Leider schafften wir das nicht."
So wurde AlphaTauri nicht nur auf der Strecke, sondern auch in der Konstrukteurswertung von der Konkurrenz überholt. Eine vergebene Chance, wenn es nach Pierre Gasly geht. "Ich glaube noch immer, dass das Konzept des Autos gut ist." Nur beim Entwicklungsrennen konnte das Team aus Faenza nicht mit dem Rest des Mittelfeldes mithalten. Dazu kam ein anderes Problem: "Wir lagen die ganze Saison massiv über dem Gewichtslimit."
Gasly und Tsunoda als Rucksack-Touristen
Das sei das größte Manko des Boliden gewesen. "Wir waren die ganze Zeit etwa 12-13 Kilo im Übergewicht. Das sind etwa 3,5 Zehntel pro Runde", rechnet Gasly vor. Sonst hätte das Team aus Faenza mit Alfa Romeo um Rang sechs gekämpft. "Wenn du mich fragst, hatten wir zu Beginn das bessere Auto als sie." Stattdessen duelliert AlphaTauri sich mit Haas um Rang acht.
"Das alleine hat uns schon viel gekostet, vor allem im Qualifying", hadert Gasly. Sieben Mal in dieser Saison schaffte es der Franzose dort in die Top-10. "Wie oft haben wir Q3 wegen einer oder zwei Zehntel verpasst? Sicher zehn Mal oder so!" Das Gewicht, auch im Rennen ein Störfaktor. "Es ist, wie wenn du die ganze Zeit mit einem Rucksack herumläufst."
Höherer Reifenverschleiß, langsamere Performance. "Das war wie ein Schneeball-Effekt. Das Auto hat Potenzial, aber wir kämpften den größten Teil der Saison", meinte Pierre Gasly. "Wir waren definitiv nicht da, wo wir sein wollten. Oder wo ich sein wollte."
Gasly graut vor Abschied: Versuche, nicht daran zu denken
Ein Rennen noch, dann geht Pierre Gaslys Karriere bei AlphaTauri zu Ende. Ein Sieg (Monza 2020), ein zweiter (Brasilien 2019) und ein dritter Platz letztes Jahr in Baku. "Ich habe das noch nicht richtig realisiert", meint Gasly zu seinem Wechsel zu Alpine. "Nach so einer langen Zeit war es viel mehr als nur ein Arbeitsplatz, ich habe persönliche Beziehungen zu den Leuten dort aufgebaut, kenne deren Kinder."
"Bisher habe ich versucht, nicht daran zu denken, weil ich eine sehr emotionale Person bin", arbeitet Pierre Gasly mit der Verdrängungs-Taktik. "Am besten wäre, ich fahre noch einmal in die Punkte und mische dort alles auf. Aber was auch immer passiert, ändert nichts. Wir hatten eine großartige Zeit zusammen." Trotzdem freue er sich auf das neue Kapitel.
Seine Karriere bei Red Bull geht zu Ende. 2013 wurde Gasly im Nachwuchskader des österreichischen Teams aufgenommen. "Ich bereue absolut nichts. Das war meine Karriere, meine Geschichte mit Red Bull." Viel gelernt, viel richtig gemacht, erwachsen geworden und ein stärkerer Fahrer geworden. "Ich bin jetzt 26 und wie ein guter Rotwein. Das Beste kommt noch."
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