Die Formel 1 erlebte - leider völlig verpasst von der internationalen Bildregie - auf den letzten Metern des Japan-GPs einen spektakulären Kampf um den sechsten Platz zwischen zwei Weltmeistern. Sebastian Vettel wehrte in der letzten Schikane Fernando Alonso noch ab, nachdem der Spanier dank eines zusätzlichen Reifenwechsels in den letzten sechs Runden eine spektakuläre Aufholjagd hinlegte und 20 Sekunden zufuhr.

20 Sekunden in sechs Runden - es scheint eine einfache Rechnung. Eine Runde früher stoppen, und Alonso hätte Vettel, dem er dank frischer Intermediate-Reifen mehrere Sekunden pro Runde abnahm, locker überholt. Daraus folgert auch, dass jemand wie Lewis Hamilton, der das ganze Rennen über hinter Esteban Ocon feststeckte, stoppen hätte sollen. Doch die Analyse der Umstände warnt.

Neue Intermediates kein Erfolgsgarant

Es ist eine schwierige Balance, diesen Stopp zu setzen. Das liegt an der Art und Weise, wie sich die Intermediate-Reifen auf der nassen Suzuka-Strecke verhielten. Tatsächlich versuchten neben Alonso noch vier weitere Autos einen zweiten Stopp, und für kein einziges brachte dieser Stopp einen nachhaltigen Erfolg.

Lance Stroll und Guanyu Zhou gewannen zwar je eine Position. Aber das lag nicht an der Aufholjagd, sondern daran, dass die Fahrer vor ihnen (Yuki Tsunoda respektive Pierre Gasly) in beiden Fällen eine Runde später stoppten. Dadurch kamen Stroll und Zhou in den Genuss eines Undercut-Effekts, und der Positionsgewinn war weniger eine strategische Glanzleistung und mehr eine Fehleinschätzung von AlphaTauri, auf die Konkurrenz zu reagieren.

Am Ende verlor Stroll sogar eine Position - er fiel hinter Daniel Ricciardo, Kevin Magnussen, Valtteri Bottas und Mick Schumacher zurück und kam nur an Schumacher, Bottas und Magnussen wieder vorbei. Im Duell mit Schumacher kam es zu einer Berührung.

Die vier Nachzügler illustrieren das Problem mit dem Intermediate-Stopp: Der Vorteil ist sehr beschränkt. Neue Intermediates bieten aus der Box heraus mehr Grip, doch die hohen Belastungen durch die schnellen Kurven von Suzuka greifen die Vorderreifen stark an. Je härter man pusht, desto weniger verzeihen die Reifen. Ferrari vermutete nach dem Rennen, dass sich Charles Leclerc mit nur einer aggressiven Runde den rechten Vorderreifen nachhaltig ruinierte.

So kann der Reifen auf der ersten Runde gut und gerne über vier Sekunden schneller sein. Dann schwindet der Vorteil schnell. Sind die Intermediates, besonders der rechte Vorderreifen, erst einmal aufgebraucht, dann erreichen sie ein Plateau, und nehmen danach nur mehr langsam ab. Die Strecke trocknete kaum ab, also blieb die Pace rundenlang ähnlich. Das zeigen alle Rundenzeiten. Egal ob Leclerc, ob Verstappen, ob Vettel.

Wer Reifen wechselt, der entkommt dem Plateau und stellt die Uhr sozusagen wieder auf null. Aber natürlich hält das nicht ewig. Und da man nach dem Wechsel pushen muss, um die durch den Stopp verlorenen 20 Sekunden wieder aufzuholen, bringt man die Reifen auch wieder schnell an die Belastungsgrenze.

Fazit: Der Trick mit dem zusätzlichen Intermediate-Stopp ist gut, aber nicht perfekt. Es braucht dafür einen Fahrer, der die Reifen vorsichtig und doch schnell handhaben kann, und es muss spätestens sieben Runden vor Schluss gestoppt werden. Das ist der realistische Zeitpunkt, um es noch mit einem Positionsgewinn über die Linie zu bringen.

Große Gewinne sind jedoch unrealistisch, weil der Pace-Vorteil nicht hält. Irgendwann nutzen sich die Reifen wieder ab, dann erreichen sie wieder dasselbe Plateau, und der Spaß beginnt von vorne. Nur wer dicht am Vordermann dran ist, nach dem Stopp eine Serie an perfekten Runden abliefert und sich bei den zusätzlichen Überholmanövern nicht unnötig lange aufhält, der hat eine Chance.