26,763 Sekunden Rückstand auf Max Verstappen ist harter Tobak für Ferrari und für Charles Leclerc. So groß war der Rückstand auf der Ziellinie, ehe der Monegasse im Japan-GP auch noch fünf Strafsekunden für das Abkürzen der Schikane aufgebrummt bekommen hatte.

Bei trockenen Bedingungen schwebte schon vor dem Rennen ein Fragezeichen über dem Reifenverschleiß der Scuderia, doch dass die Pace auch im Regen so schlecht sein würde, das ist schwer zu verdauen. Tatsächlich geht es erneut um die Reifen. Wieder litt Leclerc unter starkem Verschleiß. Und dadurch rückt sein Fahrstil selbst in den Fokus.

Leclerc attackiert und bricht sofort ein

Das Rennen hatte in den ersten Runden noch mit einer nicht allzu unterschiedlichen Pace von Verstappen und Leclerc begonnen. Nach dem Reifenwechsel zog Leclerc, der nach dem Restart auf Regenreifen vier Sekunden zurückgefallen war, mit den neuen Intermediates das Tempo an. Auf der zweiten fliegenden Runde fuhr er eine 1:44,489 - an dem Punkt die schnellste Runde des Rennens, und vier Zehntel schneller als Verstappen.

Daraufhin folgte ein brutaler Einbruch. In der nächsten Runde verlor er die vier Zehntel wieder, und in 14 der 17 verbleibenden Runden war er mindestens eine Sekunde langsamer. Nach dem Rennen sprachen die Reifenbilder aus dem Parc ferme eine klare Sprache. Leclercs rechter vorderer Intermediate hatte einen Großteil seines Profils bereits verloren, Verstappens Reifen sah im Gegenzug gesund aus.

Die Reifen im Parc ferme: oben Leclerc, unten Verstappen, Foto: LAT Images
Die Reifen im Parc ferme: oben Leclerc, unten Verstappen, Foto: LAT Images

Leclerc ruiniert Vorderreifen - wieder?

Ferrari-Teamchef Mattia Binotto ortet nach dem Rennen den Fehler tatsächlich nur bei der einen schnellen Runde: "Wir haben schon am Freitag gesehen, dass du dir den rechten Vorderreifen durch zu viel Tempo auf der ersten Runde einfach so zerstörst, dass du das nicht mehr zurückholen kannst."

"Wir müssen zusammenarbeiten, die Ingenieure und Charles, um herauszufinden, ob er auf der ersten Runde ein bisschen zu aggressiv versucht hat die Lücke zuzufahren", kündigt Binotto an. "Auf die einzelne Runde war die Pace gut, aber beim Reifenmanagement hätten wir auf jeden Fall etwas anders machen können."

Das leidige Thema Reifenmanagement wird Ferrari 2022 jedoch nicht mehr los. Schon seit mehreren Rennen zeichnet sich ab, dass das Problem ein fundamentales sein muss. Ein Blick zurück auf die Vorwoche, auf Singapur, legt das erneut nahe. Auch dort hatte Leclerc in der Anfangshpase des Schluss-Stints hart gepusht, um am Red Bull von Sergio Perez dranzubleiben. Auch dort gingen seine Vorderreifen dann in die Knie.

Seit der Sommerpause kämpft Ferrari darum, die Fahrzeug-Balance in einem akzeptablen Fenster zu halten, bei dem sowohl Vorder- als auch Hinterreifen glücklich sind. Leclercs aggressive erste Runden helfen dem nicht. Wo die Hauptursache des Problems liegt - Auto oder Fahrer - muss das Team aber erst herausfinden.

In Japan brachte man einen neuen Unterboden, konnte den aber nur in einem 60-minütigem Trocken-Training am Samstag testen. "Am Samstagmorgen im Trockenen funktionierte der Unterboden wie erwartet", ist Binotto trotzdem optimistisch. Auch wenn ein Fortschritt in Japan erneut im Endergebnis nicht zu erkennen war.