Groß gefeiert wurde bei Williams am Ende des Spa-Wochenendes - für das britische Traditionsteam ist der eine Punkt, den Alex Albon beim Belgien-GP abräumen konnte, schon fast so etwas wie ein kleiner Sieg. Es war ein hart erkämpfter Punkt, denn so stark der Williams im Qualifying auch gewirkt haben mochte, viel war im Rennen nicht übrig.

Genau eine Stärke blieb Albon noch, auf die er bei seinem Williams im Rennen zurückgreifen konnte. "Wir haben eine ganz andere Art von Auto verglichen mit den meisten Teams hier, sind sehr schnell auf den Geraden, aber nicht gut in den Kurven", erklärt Albon nach dem Rennen auf ServusTV. Kein Team im F1-Feld fährt 2022 mit so wenig Abtrieb wie Williams.

"Auf dieser Strecke funktioniert das im Qualifying sehr gut, aber im Rennen sind wir die ganze Zeit herumgerutscht", erklärt Albon das daraus resultierende Problem. Da es am Sonntag in Spa deutlich wärmer war als an den Vortagen und die Asphalttemperatur durchgehend über 30 Grad lag, wurde das Problem noch schlimmer. "Nach drei Runden wusste ich schon, dass das ein langes Rennen wird", meint Albon.

Dass er von Startplatz sechs weg einen schlechten Start hinlegte, machte Albons Rennen nicht leichter. Nach einer chaotischen ersten Runde hatte er bereits einen Platz verloren. Max Verstappen ging in der Frühphase schnell vorbei, aber Albon ließ vorerst nicht locker und schnappte sich seinerseits den McLaren von Daniel Ricciardo. Doch die Reifen taten sich schwer - Albon war in Runde 10 der erste Fahrer, der einen regulären Boxenstopp absolvierte.

Albon bildet langen Zug dank Williams-Topspeed

Der frühe Stopp war Teil des Williams-Planes, um Albon trotz der Reifen-Probleme die bestmögliche Chance zu geben, ein Punkteergebnis zu holen. Diese Strategie garantierte, dass man mittels Undercut vor den direkten Konkurrenten blieb. Das gab Albon die Chance, den einzigen im Rennen verbliebenen Williams-Vorteil auszuspielen: Die Topspeed-Stärke. Die war für einige Konkurrenten zu viel. In Runde 20 erlaubte er sich den letzten Fehler, nach einem Verbremser ging Esteban Ocon vorbei.

Danach hielt er dem Druck stand. Als im letzten Stint Albons Reifen eingingen, schlossen Lance Stroll, Lando Norris, Guanyu Zhou, Yuki Tsunoda und Daniel Ricciardo allesamt zum Williams auf. Der zog die Gruppe Runde um Runde um den Kurs. Niemand kam vorbei. "Am Ende habe ich die Runden heruntergezählt, komm schon, komm schon", erinnert sich Albon. "Ich wusste, ich kann die Reifen nicht mehr pushen. Sobald du damit anfängst, gehen sie dir ein."

Es war eine Gratwanderung. Aus der La-Source-Haarnadel musste Albon trotzdem jede Runde gut herauskommen, um mögliche Attacken zu unterbinden: "Du musst die Reifen massieren. Auf den letzten zwei Runden waren sie komplett hinüber, haben im fünften und im sechsten Gang noch durchgedreht."

Noch schwieriger wurde es für Albon, da er im Mittelstint die Hard-Reifen aufgezogen hatte. Aber seinen zweiten Stopp setzte er wieder früh, um der Konkurrenz zuvorzukommen. Daher gab er die Hard nach nur 16 Runden ab, und musste 18 Runden auf dem Medium bis ins Ziel fahren.

Fehlerloser Albon belohnt Williams mit Punkt

1,1 Sekunden vor Lance Stroll rettete sich Albon über die Ziellinie. "Wir haben ihm in diesem letzten Stint sehr viel abverlangt, und die Autos hinter ihm machten ihm sehr viel Druck", lobt Williams-Chefingenieur Dave Robson. "Er ist sehr gut gefahren und hat sein Blatt fehlerlos ausgespielt, um einen weiteren hart erarbeiteten Punkt zu holen."

Es ist Albons drittes Punkteergebnis, er hält jetzt bei vier. Es sind die vier einzigen Punkte, die Williams 2022 bisher verbuchen konnte. Nicholas Latifi ging auch im 14. Rennen leer aus, nachdem er in der zweiten Runde schon am Ausgang von Les Combes ins Kiesbett rutschte und sich dabei drehte. Infolgedessen touchierte er Valtteri Bottas, den er so aus dem Rennen nahm, und musste seinen Frontflügel tauschen. Den Rest des Rennens fuhr er hinterher, der frühe Stopp zwang ihn auch noch in eine schlechte Strategie.