Aston Martin sorgte zuletzt sportlich nicht unbedingt für erfreuliche Schlagzeilen. Beim Großen Preis von Österreich schafften es weder Sebastian Vettel noch Lance Stroll in die Punkte. Auch abseits der Rennstrecke gab es in Zusammenhang mit dem britischen Formel-1-Team nicht unbedingt Positives zu berichten: Ein belgischer TV-Kommentator bezeichnete Lance Stroll als Autist und wurde daraufhin suspendiert. Nun soll ein Mitarbeiter des Traditionsrennstalles tagtäglich rassistischen und homophoben Beleidigungen ausgesetzt gewesen sein. Und das nicht von verärgerten Fans, sondern Mitgliedern des eigenen Teams.

Rassismus statt Diversität in der Aston-Martin-Fabrik

"Schon als ich meinen Job antrat, sagte man mir - schau, hoffentlich hast du keine Probleme damit, wie wir hier reden, denn wir sprechen nun mal so!". Mit diesen Worten war der in Südafrika geborene Aidan Louw gleich am ersten Tag von seinen Arbeitskollegen begrüßt worden. Im Februar 2022 begann er seinen Job als Laminator in der Verbundstoff-Abteilung. Aufgrund seiner gemischtrassigen Herkunft (Südafrika und Großbritannien) sei er rassistischen Beleidigungen ausgesetzt gewesen. "Ich erhielt nicht den Spitznamen Aidy oder so", erzählt Louw in einem Interview mit Sky News. Stattdessen erhielt er beleidigende Kosenamen, darunter oft zu finden: das N-Wort.

Aston Martin erholt sich nur langsam vom Spielberg-Wochenende, Foto: LAT Images
Aston Martin erholt sich nur langsam vom Spielberg-Wochenende, Foto: LAT Images

Nicht nur Rassismus erlebte Aidan Louw in seinem eigentlichen Traumjob: "Ich erzählte einem Kollegen, dass ich als Teenager einen Freund gehabt habe. Das hat alles verändert." Danach habe er ständig homophobe Beleidigungen erdulden müssen. Darunter litt der 25-Jährige sehr. "Als das die Runde machte, haben sie versucht, mich als Mann, Individuum und Mensch zu brechen."

Louw fordert in der Formel 1 gleiche Möglichkeiten für alle

Heute arbeitet der 25-Jährige nicht mehr bei Aston Martin. Der Rennstall beendete nach fünf Wochen das Arbeitsverhältnis. Grund: Er habe nicht gut gearbeitet und seine Arbeitszeiten nicht genau genug erfasst. Vor seinem Job bei Aston Martin war der Brite bei Williams, Alpine und McLaren tätig. Jetzt habe er die Formel-1-Welt hinter sich gelassen.

Trotzdem sieht sich der ehemalige Aston-Martin-Arbeiter nicht als Opfer. "Ich bin nicht das Opfer, sondern meine gesamte Community." Er hätte nun eine größere Aufgabe: die Verbreitung einer Botschaft. "Wir verlangen nach gleichen Möglichkeiten! Da sind Kinder draußen, die davon träumen, in der Formel 1 zu arbeiten. Das ist alles umsonst, wenn das eine Lüge ist?"

Aston Martin reagiert mit Nulltoleranz-Strategie gegen Anschuldigungen

Im Zuge der Anschuldigungen veröffentlichte Aston Martin ein Statement: "AMR und seine Lieferanten verfolgen eine Nulltoleranz-Strategie bei Verfehlungen in Sachen Rassismus, Homophobie und Diskriminierung jeder Art. Wir nehmen Anschuldigungen über solch inakzeptables Verhalten überaus ernst. Wir gehen Fällen dieser Art in aller Konsequenz nach und handeln entschlossen bei Mitarbeitern, welchen unserem Standard nicht entsprechen. In dieser Sache sind die Vorwürfe glaubhaft, wir sind entsprechend vorgegangen und stehen weiter in Kontakt mit dem Mitarbeiter." Laut Sky News sind als Konsequenz des Mobbing-Skandals bereits einige Mitarbeiter entlassen worden.

Aston Martin vertritt eine Politik der möglichst großen Diversität und Inklusion bei seinen Mitarbeitern. Allen voran Formel-1-Pilot Sebastian Vettel, der sich erst kürzlich in Silverstone für mehr Diversität einsetzte. "Wir müssen uns alle geliebt und wertgeschätzt fühlen!" Im Jahr 2022 sollte laut Vettel niemand mehr solchen Beleidigungen ausgesetzt sein. Und doch tauchen beinahe jeden Tag neue Vorfälle auf, diesmal sogar innerhalb seines eigenen Teams.