Max Verstappen und der Red Bull Ring - das passt einfach! Nach der Pole Position im Qualifying am Freitag verteidigte der amtierende Formel-1-Weltmeister den ersten Rang auch im zweiten Sprintrennen des Jahres und startet den Großen Preis von Österreich vom besten Platz des Hauses. Gelingt Verstappen am Sonntag der dritte Sieg in Serie in Spielberg oder kann Ferrari im Kampf um die Weltmeisterschaft endlich zurückschlagen?

Verstappen Topfavorit auf Sieg in Österreich?

Geht es nach dem Sprintrennen vom Samstag, kann es in Österreich eigentlich nur einen Favoriten geben - und der hört auf den Namen Verstappen. Der Red-Bull-Pilot kontrollierte den Sprint von der Spitze und geriet, vom Start abgesehen, als ihn Carlos Sainz außenherum in Kurve drei attackierte, nie wirklich in Gefahr. Verstappen enteilte schnell beiden Ferrari und verwaltete seinen Vorsprung von zwei Sekunden bis zum Ende.

Die logische Schlussfolgerung: Verstappen dürfte auch am Sonntag nichts zu befürchten haben. Das Bild täuscht allerdings. In der Anfangsphase des Rennens verwickelten sich die Ferrari-Piloten in einen teaminternen Zweikampf, nur so konnte sich Verstappen absetzen. "Die Ferraris hatten einen kleinen Kampf, so konnte ich etwas Distanz zwischen sie und mich bringen", weiß er auch selbst. Der Niederländer ist also gewarnt: "Man konnte gegen Ende des Rennens sehen, dass wir, was die Pace anging, sehr ähnlich unterwegs sind."

Tatsächlich fuhren Verstappen und WM-Hauptrivale Charles Leclerc im Sprint lange Zeit nahezu identische Rundenzeiten, in der Schlussphase konnte Letzterer gar nochmal etwas zulegen. Das zeigt: Ferrari schon jetzt abzuschreiben, wäre definitiv ein Fehler. Ein Selbstläufer wird der Große Preis von Österreich für Verstappen definitiv nicht.

Ferrari unter Druck: Sieg muss her

Der Niederländer galt schließlich auch in Silverstone als Topfavorit, der Rennsieg ging letztlich aber an Ferrari und Sainz. Zuvor hatte Red Bull noch sechs Grand Prix in Folge gewonnen, allein Verstappen triumphierte in dieser Zeit fünf Mal und erlangte dank dieses Siegeszuges völlige Kontrolle in der Fahrerweltmeisterschaft. Könnte der Großbritannien-GP nun zu einem Wendepunkt werden? Ferrari hofft darauf.

Leclerc, nach ersten drei Saisonrennen dank großem Punktevorsprung noch klarer WM-Topfavorit, liegt mittlerweile 44 Zähler im Hintertreffen. Der Monegasse braucht endlich wieder einen Sieg, um den Rückstand auf Verstappen verkürzen zu können. In Australien stand er letztmals ganz oben auf dem Podest. Ob es in Österreich wieder klappt? Leclerc zeigt sich hoffnungsvoll: "Es wird morgen wieder sehr eng sein. Das Reifenmanagement ist der Schlüssel. Ich denke, dass es ein spannendes Rennen werden wird."

Seinen Teil dazu beitragen will auch Ferrari-Teamkollege Sainz. Der Debütsieg in Silverstone hat den Spanier sichtlich beflügelt, auf dem Red Bull Ring fährt er schon das gesamte Wochenende über auf dem gleichen Niveau wie Leclerc. Dass von Startplatz drei einiges möglich ist, zeigte er bereits im Sprintrennen. "Wir wollen Max das Leben so schwer wie möglich machen. Er hat schon einen großen Vorsprung in der WM, wir müssen also pushen", zeigt sich Sainz angriffslustig.

Strategiewahl: Knackpunkt Perez

Ein großer Vorteil für Ferrari ist sicherlich, dass die Scuderia beide Autos direkt hinter Verstappen stehen hat. Sollten weder Leclerc noch Sainz in der Startphase des Rennens am Niederländer vorbeikommen, kam Ferrari ihn zumindest strategisch unter Druck setzen. So könnte die Taktik etwa gesplittet werden und ein Fahrer einen Undercut versuchen, um Verstappen in einen frühen Boxenstopp zu drängen und der zweite Pilot einen Angriff per Overcut starten.

Red Bull muss deshalb auf Sergio Perez hoffen. Der Mexikaner bekam am Freitag bekanntlich sämtliche Q3-Zeiten und seine schnellste Q2-Zeit wegen eines Tracklimits-Vergehens aberkannt und musste von Platz 13 in den Sprint starten. Dort konnte aber viel Boden gutmachen und kämpfte sich bis auf P5 nach vorne, einzig George Russell trennt ihn noch von den Ferrari. Red Bull wird hoffen, dass Perez möglichst schnell auch noch am Mercedes-Piloten vorbeikommt und von hinten Druck auf die Ferrari ausüben kann, um Teamkollege Verstappen zu unterstützen.

Möglichkeiten zur Strategie-Variation gibt es jedenfalls für beide Teams. Eine 1-Stopp-Strategie von Medium auf Hard ist laut Pirelli die schnellste Herangehensweise. Allerdings erwies sich im Sprint auch der Soft als realistische Option. Im hinteren Feld setzten mehrere Piloten auf die weichste Reifenmischung und konnten damit problemlos zu Ende fahren. Gerade beim Start bietet der Soft bekanntlich Gripvorteile. Eine Möglichkeit für Ferrari, an Verstappen vorbeizukommen? Zumindest im 2. Freien Training fuhren beide Scuderia-Piloten Longruns auf der weichen Reifenmischung. Gänzlich auszuschließen ist das also nicht.

Welche Rolle spielt Mercedes?

Kann sich mit Mercedes an diesem Wochenende auch noch ein drittes Team in den Kampf um den Rennsieg einmischen? Die Silberpfeile präsentierten sich in Silverstone ja wieder in Topform und waren auch in Österreich zumindest im Qualifying vorne dabei. Dort hätten sie laut Teamchef Toto Wolff sogar um die Pole Position kämpfen können, hätten nicht beide Piloten das Auto in die Streckenbegrenzung befördert.

Nach dem Sprint ist allerdings Ernüchterung im Mercedes-Lager eingekehrt. Russell konnte seinen vierten Platz zwar verteidigen, das Tempo der Spitze allerdings bei weitem nicht mitgehen. In nur 23 Runden verlor er mehr als 13 Sekunden auf Verstappen. Der junge Brite muss nach seinem Qualifying-Crash mit einem High-Downforce-Heckflügel Vorlieb nehmen, der ihn auf den langen Geraden des Red Bull Rings viel Zeit kostet.

Diesen Heckflügel hat Teamkollege Lewis Hamilton nicht, wirklich besser lief es bei ihm allerdings auch nicht. Von Startplatz zehn aus konnte er sich lediglich um zwei Ränge auf P8 nach vorn arbeiten. Rundenlang hing der Rekordweltmeister hinter dem Haas von Mick Schumacher fest. Auch ihm fehlt es an Topspeed, das Überholen fiel ihm schwer. Dass sich Hamilton im Rennen noch an Kevin Magnussen und Esteban Ocon, eventuell auch an Russell, vorbeikämpfen kann, scheint realistisch. Mehr als Platz fünf dürfte für Mercedes in Österreich aber nicht drin sein.

Fazit: Red Bull und Ferrari sind in Österreich wieder einmal auf nahezu identischen Level unterwegs und fahren in einer eigenen Liga. Mercedes wird sich aller Voraussicht nach nicht in den Kampf um den Rennsieg einmischen können. Auf Startphase, Strategie und Reifenmanagement wird es deshalb ankommen. Verstappen geht als Favorit in das Rennen, Ferrari aber braucht den Sieg. Wie aggressiv werden die Piloten der Scuderia agieren - und wie schlägt sich die Strategie-Abteilung nach dem Silverstone-Fiasko? Hält sie dem Druck stand? Es könnte das Rennen entscheiden.