Ein Podium in sechs Rennen. Das ist die dürre Bilanz von Charles Leclerc seit seinem dominanten Sieg im Australien-GP. Die sechs Rennen waren gezeichnet von einem Eigenfehler, zwei Defekten am Ferrari-Motor, und zwei Strategie-Entscheidungen von Ferrari, die Leclerc beide Male um eine Sieg-Chance brachte.

Da überrascht es wenig, dass sich bei Leclerc inzwischen Frust anstaut. Und prompt begannen in Italien Gerüchte über einen sich im Team auftuenden Graben zu zirkulieren. Dass Binotto Leclerc in Silverstone nach dem Rennen mit erhobenem Zeigefinger zur Rede stellte, und dass die beiden unter der Woche in Monaco beim gemeinsamen Abendessen gesichtet worden waren, befeuerte diese nur weiter.

Leclerc wehrt sich gegen Ferrari-Gerüchte

"Das ist komplett falsch", widerspricht Leclerc am Donnerstag in Österreich kategorisch. "Wir sind extrem geeint. Sind wir nach dem letzten Rennen enttäuscht? Ja. Sind wir happy, dass Carlos gewonnen hat? Ja, natürlich. Aber vor dem Safety Car waren wir auf eins und zwei, und danach sind wir auf eins und vier ins Ziel gekommen. Da gibt es Enttäuschung, aber keine Gräben."

Leclercs Teamkollege Carlos Sainz hatte am vorangegangenen Wochenende in Silverstone endlich seinen ersten Sieg gefeiert - ein Durchbruch vor allem dank der Ferrari-Strategie, von der Sainz unter einem Safety Car spät im Rennen bevorzugt wurde, obwohl er Zweiter war. Leclerc, der Führende, erhielt die schlechtere Strategie und wurde auf den vierten Platz durchgereicht.

In den letzten Tagen hat Ferrari die Strategie noch einmal durchgespielt. Nachdem Teamchef Mattia Binotto diese am Sonntag nach dem Rennen noch verteidigt hatte. Und Ferrari diese Verteidigung sogar in Interview-Form auf ihrer Webseite erneut öffentlich gemacht hatte. Laut Leclerc wurden mittlerweile aber mehrere Dinge gefunden, die man hätte besser machen können: "Wir wissen, wo wir die Fehler gemacht haben, und hoffen dadurch zu wachsen."

"Einfach was Kommunikation im Rennen angeht", erklärt Leclerc. "Damit wir für bestimmte Momente bereit sind. Wenn das Safety Car rauskommt, musst du eine Entscheidung treffen. Wenn du nicht bereit bist, dann ist es schwierig. Als Team haben wir ein paar Dinge geändert."

Bei Nachfragen, ob es bei diesen Dingen auch um das leidige Thema Teamorder ging, für welches Ferrari in Silverstone ebenso viel Kritik hatte einstecken müssen, will Leclerc dann nichts mehr sagen: "Da bin ich nicht der, der diese Entscheidungen treffen darf."

Leclerc trifft sich nach Silverstone mit Ferrari-Teamchef Binotto

Bei sich selbst sieht Leclerc keine Schuld an der Silverstone-Niederlage. Eine Ansicht, die von Ferrari auch ganz klar geteilt wird. Mattia Binotto stellte sich schon am letzten Wochenende hinter seinen Piloten. Und begab sich dann nach Monaco zum gemeinsamen Abendessen zwischen Silverstone und Spielberg.

Ferraris Siegerfoto in Silverstone, Foto: LAT Images
Ferraris Siegerfoto in Silverstone, Foto: LAT Images

"Er war in Silverstone erst ziemlich angefressen, weil ich so am Boden war - was er verstand, natürlich, aber er wollte nur sicherstellen, dass ich okay war und mich wissen lassen, dass ich in der Situation trotzdem einen Wahnsinns-Job gemacht habe", sagt Leclerc.

"Das in Monaco ist etwas, was wir üblicherweise machen", spielt Leclerc das Treffen danach weiter herunter, hält aber auch fest: "Die letzten Rennen waren schwer für mich, da wollte ich einfach zu Hause bleiben, ein bisschen abschalten und für dieses Wochenende wieder 100 Prozent finden. Er ist gekommen, um über die letzten fünf Rennen zu sprechen und sicherzustellen, dass alles gut ist." Den ganzen Trainings-Freitag der Formel 1 heute in Österreich gibt es hier im Liveticker.