Gestern noch lief bei Mick Schumacher überhaupt nichts zusammen. Im regnerischen Qualifying von Silverstone reichte es nur zur zu Startplatz 19 und zu allem Überfluss hatte das Haas-Team nach einer Setup-Änderung seine Lenkung nicht richtig zusammengebaut. Am Sonntag ein völlig anderes Bild: Der Sohn von Rekordweltmeister Michael Schumacher holte sich im Trockenen mit Platz 8 endlich seine ersten vier Punkte in der Königsklasse. Bei den 30 Starts zuvor war dem Ferrari-Junior ein solcher Erfolg verwehrt geblieben.

Schumacher war die Erleichterung nach der Zieldurchfahrt anzumerken. Am Boxenfunk ließ er seinen Emotionen freien Lauf: "Endlich. Ich habe euch gesagt, an diesem Wochenende schaffen wir es. Ihr Jungs seit einfach brillant!" Erste Gratulantin aus der Haas-Garage war Schumachers Schwester Gina, die gar nicht aufhören konnte das Wort "Super" zu verwenden, um die Leistung ihres Bruders zu feiern.

Auch über den Ort seiner ersten Punkte war Schumacher sehr glücklich. Sein Team hatte neben seiner Familie auch viele Familien der Mitarbeiter zum Grand Prix eingeladen. "Es ist hier ein bisschen ein Zuhause für alle. Hier Punkte zu holen, fühlt sich sehr besonders an", gab Schumacher daher an.

Doch wie kam Schumacher zu seinen ersten Punkten, obwohl er von weit hinten ins Rennen ging? Der 23-Jährige räumte ein bisschen Glück ein: "Das Chaos am Start hat natürlich etwas geholfen, aber wir haben es uns trotzdem selbst erarbeitet. Wir hatten den Speed und haben das Ganze sauber nach Hause gefahren." In den letzten Runden nach dem Safety Car konnte Schumacher sogar Druck auf den lädierten Red Bull von Max Verstappen ausüben.

Der Kampf mit Weltmeister Max Verstappen war eines der Highlights von Mick Schumachers Formel-1-Karriere, Foto: LAT Images
Der Kampf mit Weltmeister Max Verstappen war eines der Highlights von Mick Schumachers Formel-1-Karriere, Foto: LAT Images

Kampf mit Verstappen: Vettel drückte Mick im Auto die Daumen

Schumachers Mentor Sebastian Vettel war dieser Kampf nicht entgangen. Nach dem Rennen gratulierte der Heppenheimer seinem Freund vor laufender Kamera: "Ich freue mich sehr für ihn. Ich sah, dass er aufholte und ich habe im Auto geschrien: 'Los Mick, du kannst ihn kriegen'. Dieses Resultat hat er schon lange verdient und es ist großartig, dass er es jetzt hat." Vettel kam direkt hinter Schumacher auf Platz 9 ins Ziel und holte damit ebenfalls Punkte.

Sebastian Vettel gehörte zu den ersten Gratulanten, Foto: LAT Images
Sebastian Vettel gehörte zu den ersten Gratulanten, Foto: LAT Images

Für Mick Schumacher war der Kampf mit Verstappen ein besonderes Highlight. Wenn es nach dem Deutschen geht, sollte dies auch nicht das letzte Duell mit dem Weltmeister gewesen sein. "Es war toll. Besonders die letzten beiden Runden mit Max waren eine Herausforderung. Aber es war auch interessant, einen ersten Geschmack zu bekommen, wie es ist, sich mit ihm zu duellieren. Hoffentlich habe ich da etwas für zukünftige Zweikämpfe gelernt und das nächste Mal will ich vorne sein", kündigte der Haas-Pilot an.

Schumacher optimistisch: Auto hat die Pace!

Bereits beim Ungarn Grand Prix des Vorjahres hatte Schumacher ein Duell mit Verstappen ausgefochten, doch damals war sein Haas sogar gegen einen beschädigten Red Bull chancenlos gewesen. In der Saison 2022 ist sein Dienstwagen jedoch ein anderes Kaliber, wie er nach dem Rennen erneut bestätigte: "Die Pace des Autos war immer gut. Manche bringen Updates und fallen zurück, andere kommen nach vorne. Wir haben keine Updates und werden trotzdem besser." Dennoch hofft der Deutsche auf mehr: "Hoffentlich werden wir mit dem Paket in Budapest noch einen Schritt machen und können dann am vorderen Ende des Mittelfeldes kämpfen."

Mick Schumacher überholte im Rennen auch Teamkollege Kevin Magnussen, Foto: LAT Images
Mick Schumacher überholte im Rennen auch Teamkollege Kevin Magnussen, Foto: LAT Images

Dass der Punkteerfolg von Silverstone eine Initialzündung bedeuten könnte, glaubt auch Teamkollege Kevin Magnussen: "Für Mick bringt das viel Selbstvertrauen, da bin ich mir sicher." Der Däne gibt an, nie an Schumacher gezweifelt zu haben: "Er hatte einen schweren Saisonstart. Ich konnte aber auf den Daten schon immer sehen, dass er es drauf hat. Also hab ich immer gesagt: 'Das wird schon, er wird dorthin kommen'. Heute hat er das bewiesen."

Auch Schumacher gab an, von der heutigen Pace nicht überrascht gewesen zu sein. Auf Nachfrage von Motorsport-Magazin.com erklärte er: "Wir hatten schon am Freitag in die richtige Richtung mit dem Setup gearbeitet. Wir wussten, was wir ändern mussten und das war auch keine große Sache. Wir konnten die Pace finden und FP3 war dann auch die Bestätigung. Es gab keinen Grund, warum wir nicht auch im Longrun schnell sein sollten." Das dritte Training fand wie das Rennen unter trockenen Bedingungen statt.

Steiner sieht Fortschritt, aber bloß nicht zu viel Druck!

Bei seinem Teamchef Günther Steiner hat Schumacher nun wieder bessere Argumente. Der Südtiroler erkennt bei seinem Piloten einen Aufwärtstrend und das nicht erst seit diesem Wochenende: "Bei Mick geht es schon seit Kanada vorwärts. Er ist freier gefahren und hat überhaupt keine Fehler gemacht. Er hat einen super Job gemacht im Rennen." Auch das Duell mit Verstappen gefiel dem Chef: "Es war für Mick auch gut mit Max zu kämpfen, um zu lernen."

Die Haas-Box bejubelte die ersten Punkte von Schumacher euphorisch, Foto: LAT Images
Die Haas-Box bejubelte die ersten Punkte von Schumacher euphorisch, Foto: LAT Images

Für weitere Punkte spricht Steiner aber auch eine Mahnung an die Öffentlichkeit aus: "Wir müssen sehen, dass jetzt nicht gleich Druck entsteht, weil er es einmal geschafft hat. Dass es nicht jedes Rennen selbstverständlich ist [Punkte zu holen, Anm. d. Red.] und Druck von außen kommt, wenn es nicht funktioniert. Es wird nicht jedes Rennen passieren, dass wir Punkte machen. Das ist das Mittelfeld. Da ist es sehr eng dieses Jahr. Er muss mit derselben Einstellung wie in Kanada und wie hier ins Rennen gehen. Dann funktioniert es auch."