Die Formel 1 boomt und kann sich vor Anfragen zu möglichen Grand Prix kaum noch retten. F1-Chef Stefano Domenicali meinte zu Saisonbeginn, dass man angesichts der Nachfrage 30 Rennen veranstalten könnte. Als Ziel gab die F1 zuletzt meist eine Marke von 25 Rennen für eine Saison aus.

Aus diesen Expansionsplanungen ergeben sich zwei Hauptprobleme: 1. Wer bekommt die begehrten Plätze im Rennkalender? 2. Wie kommen die Mitarbeiter im Formel-1-Paddock mit der zusätzlichen Belastung und dem gewaltigen logistischen Aufwand klar? Die Teamchefs der Formel 1 erwarten sich in beiderlei Hinsicht eine ausgewogene Lösung von den F1-Oberen.

"Wir haben das Luxusproblem, mehr Länder zu haben, die einen Grand Prix wollen, als wir in den Kalender packen können. Wir haben alle großes Vertrauen in Stefano, um den bestmöglichen Kalender für Fans, Teams, nachhaltige Logistik und wirtschaftliche Aspekte zu erstellen", zählte McLaren-Boss Zak Brown die wichtigsten Punkte auf. Auch Williams-Teamchef Jost Capito setzt auf Domenicali: "Wir haben auch Vertrauen in Stefano. Er ist lange genug in der Formel 1, um den Wert der Traditionsrennen zu kennen und er wird einen ausbalancierten Kalender präsentieren."

Besonders die Frage nach der Zukunft der Traditionsrennen, wie das auf der Kippe stehende Rennen in Spa, betrachten viele Fans mit Sorge. Für Franz Tost, Teamchef von AlphaTauri, zählt jedoch nur eines: "Kein Geld, kein Spiel, es ist so einfach. Wenn sie Geld haben, dann gehen wir dorthin. Und wenn sie kein Geld haben, dann nicht." Alpine-Boss Otmar Szafnauer hingegen lässt den Fan in sich sprechen: "Ich persönlich liebe es, nach Spa zu kommen, wegen der Strecke. Ich hoffe das Rennen wird bleiben."

Formel 1-Kalender: Rotationsprinzip als Rettung der Klassiker?

"Eine Strecke wie Spa hat Tradition. Die Fahrer lieben sie. Die Teams lieben sie nicht ganz so sehr wegen des Wetters, aber sie sollte einen Platz im Kalender haben und in Zukunft sollten wir uns um die richtige Balance aus neuen und Traditionsstrecken bemühen", fordert Capito ein. Ein Teil dieser Balance könnte auch durch Rotation geschaffen werden. Aston-Martin-Chef Mike Krack meint: "Wenn das eine oder andere Rennen nicht jedes Jahr im Kalender ist, dann ist das kein Drama. Deutschland hat vor einigen Jahren rotiert und das war meiner Meinung nach in Ordnung."

Beim Deutschland Grand Prix wurde das Rotationsprinzip bereits einige Jahre lang angewandt, Foto: LAT Images
Beim Deutschland Grand Prix wurde das Rotationsprinzip bereits einige Jahre lang angewandt, Foto: LAT Images

Auch Zak Brown kann sich dies vorstellen: "An einem Punkt werden wir uns sicher aufgrund der großen Nachfrage das Rotationsprinzip ansehen müssen, es gibt großartige Strecken in großartigen Ländern und diese sollten wir wertschätzen. Wir alle lieben die historischen Strecken, also hoffentlich können wir in Zukunft mit einem flexiblen Kalender alle (neue und Traditionskurse, Anm. d. Red.) unter einen Hut bringen."

Triple-Header tödlich: Regionalisierung des Rennkalenders soll helfen

Während das Rotationsprinzip die Traditionsstrecken retten soll, hat sich die F1 auch beim Schutz der Mitarbeiter vor einer Überbelastung ein neues Ziel gesetzt: Eine Regionalisierung des Rennkalenders. Vor allem weite Reisewege und die Triple-Header sind den Teamchefs ein Dorn im Auge. Mike Krack ist deswegen für die neue Initiative: "Den Kalender zu regionalisieren ist der richtige Weg. Die Triple-Header sind tödlich für das Personal. Wenn wir diese beiden Dinge anpacken, dann ist es in Ordnung, zwischen 22 und 24 Rennen zu haben."

Auch für Otmar Szafnauer sind diese beiden Punkte von entscheidender Natur: "Wenn ich mir ansehe, wie die Rennen verteilt sind, wann wir starten und wann wir aufhören, dann sind die Triple-Header eine große Schwierigkeit. Vielleicht sollten wir nicht zu anderen Kontinenten fliegen, um Rennen abzuhalten, sondern in der selben Zeitzone verbleiben, um allen das Leben leichter zu machen."

Jost Capito ist aus diesem Grund Befürworter der Regionalisierung: "Bei Double- und Triple-Headern muss man sich ansehen, wo sie stattfinden. Wenn sie eng beieinander liegen, ist die Situation völlig anders als bei unterschiedlichen Zeitzonen. Bei letzterem, ist es sehr hart für das Team. Bei derselben Zeitzone und geringen Distanzen ist es gut machbar."

Zak Brown sieht diese Unterschiede ebenfalls als den entscheidenden Faktor an: "Es hängt davon ab, wo wir in der Welt sind, da die Teams alle in Europa stationiert sind. Wenn du aufeinanderfolgende Rennen hast, bei denen du dazwischen nach Hause kannst, ist das etwas anderes als bei Rennen in Asien. Stefano hat uns gesagt, dass er an diesen Dingen arbeitet, und das würde uns sehr helfen."

Fußball-WM zwingt Formel 1 zu engem Kalender 2022

Die Teamchefs sind sich einig: Die Anpassung des Rennkalenders, um die Strapazen für die Teams zu lindern, ist wichtiger als die Frage nach der genauen Anzahl der Rennen. Alfa-Romeo-Boss Frederic Vasseur bringt außerdem einen weiteren Punkt ein, warum die Situation 2022 vielleicht ernster aussieht, als sie ist: "Es ist dieses Jahr anders, weil die Fußballweltmeisterschaft am Ende des Jahres ist und wir deswegen etwas früher aufhören. Zwei Rennen in Folge und dann eine Woche Pause, das ist ein gutes System. Die Teams kommen damit zurecht. Wenn wir die Saison Anfang Dezember und nicht Mitte November beenden würden, dann könnten wir auch die Triple-Header vermeiden."

Dass es in der Kalenderfrage der Königklasse aber nicht unbedingt um das Wohlbefinden der Mitarbeiter der Teams oder um Tradition geht, betonte Franz Tost: "Rennfahren ist unser Geschäft. Also je mehr Rennen wir haben, desto besser, denn dann haben wir mehr Einkommen. Ich freue mich also auf 24 Rennen." Stefano Domenicali wird also wirtschaftliche Interessen und die Wünsche der Teams sowie der Fans abwägen müssen.